Porträt des CSU-Politikers
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Der bayerische Kunstminister Markus Blume

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"Protest der Schande": Bayerns Uni-Minister warnt Studierende

Unis dürften keine "rechtsfreien Räume" sein, so Bayerns Wissenschaftsminister Blume mit Blick auf Protestcamps angesichts des Gaza-Kriegs. "Relevantes Fehlverhalten" von Studierenden müsse geahndet werden. "Die Exmatrikulation ist Ultima Ratio."

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In einem Streitgespräch für die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" (Ausgabe Nr. 22 vom 16. Mai) mit der Berliner Rassismus- und Migrations-Forscherin Manuela Bojadžijev sorgt sich der bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume, um das Klima an den Hochschulen. Grund dafür: Die derzeitigen Proteste angesichts des Gaza-Kriegs: "Ich kann nur sagen: Wehret den Anfängen. Jüdische Studierende müssen sich hier sicher fühlen können. Deutschland muss bei Antisemitismus und Israelfeindlichkeit eine Null-Toleranz-Stategie fahren", so der CSU-Politiker. Er wolle keine Verhältnisse wie an US-amerikanischen Universitäten.

"Kritik ist immer erlaubt, Hass nie"

Hochschulen dürften keine "rechtsfreien Räume" sein, "relevantes Fehlverhalten" müsse "konsequent verfolgt, geahndet und unterbunden" werden: "Die Exmatrikulation ist da die Ultima Ratio, die letzte Eskalationsstufe." Allerdings fügte der Minister auf Nachfrage an, er hoffe, dass diese Strafe "nicht zur Anwendung kommen müsse, weil vorher mildere Sanktionen" greifen könnten: "Aber wenn nicht, dann darf man sie nicht ausschließen."

Die Protestcamps in den USA nannte Blume "zutiefst antisemitisch, israelfeindlich". Er wolle alles dafür tun, dass die Universitäten nicht zu "Keimzellen für getarnten Antisemitismus" würden. Der Minister findet den Protest, speziell an der Humboldt-Universität in Berlin, "unerträglich". Er sprach von einem "Protest der Schande" und bezeichnete ein Solidaritätsschreiben von Dozenten [externer Link] "höchst irritierend". Da werde "einseitig Partei ergriffen": "Kritik ist immer erlaubt, Hass dagegen nie. Auch viele Israelis kritisieren ihre Regierung. Das gehört zu einer Demokratie dazu. Eine Grenze ist aber überschritten, wenn das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird", so Blume.

Streit um "Statement" von Uni-Dozenten

Blume bezieht sich dabei auf ein umstrittenes "Statement", das nach der Besetzung der Freien Universität Berlin durch etwa 150 israelkritische Aktivisten veröffentlicht und inzwischen von über 1.000 Uni-Dozenten unterzeichnet wurde. In dem hatte es geheißen, angesichts der "Verschärfung der humanitären Krise in Gaza" solle die "Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden" nachvollziehbar sein: "Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt. Die Versammlungs- und Meinungsfreiheit sind grundlegende demokratische Rechte, die auch und gerade an Universitäten zu schützen sind."

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte sich "fassungslos" gezeigt und das Schreiben mit den Worten kommentiert: "Dieses Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten macht fassungslos. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost." Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte gesagt, den Aktivisten gehe es weniger um das Leid der Menschen in Gaza, sie seien mehr vom "Hass auf Israel und die Juden" motiviert: "Gerade von Hochschuldozenten hätte ich erwartet, dass dies zumindest klar benannt wird, wenn sich schon für diese Form des Protestes eingesetzt wird."

Hochschulen pochen bei Uni-Protesten auf Autonomie

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) verteidigte derweil am Dienstag Proteste an Hochschulen grundsätzlich, auch im Kontext des Nahost-Konflikts. Die HRK verwies bei einer Mitgliederversammlung in Fulda veröffentlichten Entschließung in dem Zusammenhang auf die Autonomie der Hochschulen und forderte Rückhalt aus der Politik. Man habe sich "ausführlich zu den jüngsten Protesten zum Nahost-Konflikt an Hochschulen und den öffentlichen Reaktionen aus Politik und Medien ausgetauscht", teilte die HRK mit. 

Hochschulen seien Orte des kritischen Diskurses, des Dialogs und der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung, hieß es in der Entschließung. "Teil dieses Prozesses können auch Proteste, Demonstrationen und Provokationen sein, sofern sie das Ziel der sachlichen Information, der Analyse und der Verständigung über Argumente verfolgen oder erlaubte Formen von Meinungsäußerung darstellen." Die Hochschulleitungen erwarteten von Bundes- und Landespolitik Vertrauen und Rückhalt. 

Blume: "Nicht Toleranz, sondern Konsequenz"

Blume betonte, er habe nicht "beobachtet", dass bei den Protesten der "interkulturelle oder interreligiöse Dialog" erwünscht sei: "Da ging es häufig allein um das Verbreiten von Ideologie und leider auch von Hetze. Hier brauchen wir nicht Toleranz, sondern Konsequenz."

Ihn hätten in den letzten Wochen Appelle erreicht, die Universitäten sollten Austauschprogramme mit Israel beenden und Kontakte abbrechen: "Das ist eine klare und ideologisch motivierte Kampfansage an Israel. So etwas können wir nicht dulden." Deshalb habe die Kultusministerkonferenz einen "Aktionsplan" verabschiedet: "Wir müssen Stoppschilder aufstellen, wo immer Grenzüberschreitungen stattfinden."

Kultusminister wollen "Effektives Case-Management"

In dem Aktionsplan vom 12. Oktober vergangenen Jahres [externer Link], der ganz unter dem unmittelbaren Eindruck des Terroranschlags der Hamas auf Israel am 7. Oktober stand, heißt es teilweise wortgleich mit Blumes jetzigen Interview-Äußerungen: "Hochschulen sind keine rechtsfreien Räume. Relevantes Fehlverhalten muss konsequent verfolgt, geahndet und unterbunden werden (effektives Case-Management). Der Campus darf kein Ort für Veranstaltungen und Gruppierungen sein, die antisemitische oder israelfeindliche Positionen zum Inhalt haben."

Die bayerische Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger (Grüne) kritisierte Markus Blume: "Law and Order Forderungen sind schnell gestellt, helfen aber überhaupt nicht weiter." Natürlich müsse "konsequent gegen die antisemitische Hetzte vorgegangen" werden, der Minister wolle aber "nur darüber hinwegtäuschen", dass es in Bayern zu wenig Angebote der Politischen Bildung gebe: "Wir müssen sichergehen, dass jeder Mensch, der eine Hochschule besucht hat, ein Verständnis davon besitzt, was Antisemitismus ist. Es sollten hier für alle Studiengänge Angebote geschaffen werden."

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