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Kommunikation und Sprache Schulz von Thun: Die 4 Seiten einer Nachricht

Von: Maria Geipel

Stand: 08.04.2020

Symbol | Bild: Angela Smets/BR

Ein Mann schaut auf seinen Teller, hält den Kopf schräg und fragt: "Was ist das Grüne in der Soße?" Seine Frau, die zu diesem Zeitpunkt, aus dem Fenster gesehen hat, entgegnet: "Mein Gott, wenn es dir hier nicht schmeckt, kannst du ja woanders essen gehen." (In Anlehnung an Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden. Störungen und Klärungen. Reinbek 2004. S. 62.)

1: Wir betrachten zunächst die Aspekte der Nachricht aufseiten des Senders und rekonstruieren, was er mitteilen könnte.

  • Sachinhalt: Es ist wahr, dass etwas Grünes in der Soße ist.
  • Selbstkundgabe: Ich weiß nicht, was das Grüne ist. Ich bin unwissend/interessiert.
  • Beziehungshinweis: Ich habe Vertrauen in dich, dass du es weißt.
  • Appell: Sag mir, was es ist.

Es ist zu erkennen, dass die Nachricht verschiedene Aspekte umfasst. Wie reagiert wird, ergibt sich aus der Fokussierung auf einen oder mehrere Aspekte.

2: Wir betrachten, wie der Empfänger die Botschaft versteht. Hierzu behalten wir seine Reaktion im Hinterkopf.

  • Sachinhalt: Ja, es ist tatsächlich etwas Grünes in der Soße.
  • Selbstkundgabe: Ihm schmeckt es nicht.
  • Beziehungshinweis: Er hält mich für eine schlechte Köchin. Ich stelle ihn nicht zufrieden.
  • Appell: Ich soll das Grüne weglassen, etwas anderes kochen. Ich soll meine Kochfähigkeiten verbessern.

3: Wir identifizieren, welches Ohr primär aktiv ist.

Die Frau hört vor allem auf dem Beziehungsohr.

4: Wir erklären so die Reaktion der Frau.

Sie bezieht die Aussage auf sich und ihre Kochkünste, die sie durch die Nachricht des Mannes abgewertet sieht. Mit ihrer Reaktion signalisiert sie, dass sie verletzt ist und sich angegriffen fühlt. Sie deutet die Nachricht negativ, obwohl sie von dem Mann vermutlich gar nicht so intendiert war. Da die Frau aus dem Fenster sieht, kann sie die nonverbalen Verhaltensweisen nicht in ihre Deutung einbeziehen.

Der Mann hat nun die Möglichkeit, etwas zu erwidern und mithilfe einer erneuten Nachricht die Interpretation der Frau zu bekräftigen oder die Situation zu entschärfen, indem er das Missverständnis aufklärt und seine Unwissenheit betont.

Um die Diskrepanz zwischen Sender und Empfänger feststellen zu können, müssen die vier Seiten einer Nachricht auf der Seite des Senders und auf der Seite des Empfängers nachvollzogen werden. Indem wir die beiden Analyseergebnisse gegenüberstellen, lässt sich der Knackpunkt ermitteln und die Reaktion der Frau erklären. Das Abarbeiten der einzelnen Aspekte bietet eine Hilfestellung, um Deutungen und Erklärungen vornehmen zu können, ohne sich dabei in einem Aspekt zu verlieren.

Durch die Formulierung der unterschiedlichen Botschaften können wir uns in den Sender und in den Empfänger hineinversetzen und uns die Kommunikationssituation vorstellen.