Ein Windpark in einem Wald in Frankreich
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Manche befürchten, ganze Wälder würden für die Windkraft gerodet. Wie viel Wald wird tatsächlich für die Windkraft abgeholzt?

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#Faktenfuchs: Weniger Waldrodung für Windräder als behauptet

#Faktenfuchs: Weniger Waldrodung für Windräder als behauptet

Zwei Prozent der Bundesfläche will die Ampelkoalition für Windenergie ausweisen. Manche befürchten nun, ganze Wälder würden gerodet. Das stimmt nicht, recherchiert der #Faktenfuchs. Doch wieviel Wald wird wirklich für die Windkraft abgeholzt?

Dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden sollen, darüber sind sich die meisten Parteien und laut Umfragen auch Bürger einig. Vor der eigenen Ortsgrenze möchten viele aber kein Windrad stehen haben, und auch nicht im benachbarten Wald.

Seit die neue Bundesregierung ihren Koalitionsvertrag vorgestellt hat, diskutieren User im Netz wieder vermehrt über Windräder - insbesondere darüber, wie viel Wald dafür gerodet werden muss. Im Koalitionsvertrag heißt es: "Für die Windenergie an Land sollen zwei Prozent der Landesflächen ausgewiesen werden."

Im Netz wird nun behauptet, es würden ganze Wälder für Windräder abgeholzt. "Wer Klimaschutz sagt, muss Bäume pflanzen und nicht für Windräder ganze Wälder roden!", schreibt zum Beispiel einer. Für Windräder und für den Klimaschutz zu roden sei "schizophren", heißt es an anderer Stelle. Ein dritter behauptet, es würden "Urwälder gerodet".

Der #Faktenfuchs klärt, wie viel Bäume für ein Windrad im Wald abgeholzt werden, wie viel Wald bisher schon für Windräder gerodet wurde - und wie viel Wald voraussichtlich für das Zwei-Prozent-Ziel der Bundesregierung abgeholzt werden muss. Und zuletzt: Widersprechen sich Klimaschutz und Bäume abholzen nicht eigentlich?

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User behaupten, ganze Wälder würden für Windräder abgeholzt. Das stimmt nicht - auch wenn tatsächlich Bäume für Windräder abgeholzt werden.

Wie viele Bäume werden für ein Windrad im Wald abgeholzt?

Wenn ein Windrad im Wald gebaut werden soll, müssen Bäume gerodet werden. Anders als teilweise behauptet, werden aber keine ganzen Wälder für Windparks abgeholzt. Es braucht pro Anlage dauerhaft eine Freifläche von durchschnittlich 0,46 Hektar - weniger als ein Fußballfeld (häufigste Größe eines Fußballfelds: etwas über 0,7 Hektar). Das zeigen Daten von Landesforstbehörden, Windparkbetreibern und Projektenwicklern, die die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) gesammelt hat. In Bayern liegt der Durchschnitt niedriger: Hier nimmt eine Windkraftanlage bisher durchschnittlich 0,35 Hektar Wald dauerhaft in Anspruch.

Diese Fläche braucht es für das Fundament des Windrads, den Platz für einen Kran für Wartungen und Reparaturen und falls nötig für Zuwege. Für die Bewegung des Rotors muss kein Platz freigehalten werden, weil die modernen Windräder mittlerweile so hoch sind, dass sie sich oberhalb des Waldes drehen.

Meistens wird diese Fläche von durchschnittlich 0,46 Hektar gerodet. Manchmal können aber auch Kahlflächen genutzt werden, die durch einen Sturm, Dürre oder Schädlingsbefall entstanden sind. Gerade im Nutzwald könne man auch auf das Wegenetz zurückgreifen, dass es schon durch die Forstwirtschaft gibt, sagt Paul Lehmann, Juniorprofessor für Umwelt- und Energieökonomik an der Universität Leipzig in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.

Aber oft müssten Wege zum Beispiel in Kurven verbreitert werden, damit die Schwerlaster durchfahren können. Die Fläche, die für eine Windkraftanlage gerodet wird, muss normalerweise woanders ausgeglichen werden. Heißt: An anderer Stelle gibt es eine Erstaufforstung mit neuen Bäumen in mindestens derselben Größe.

Die Genehmigung, die Rodungsfläche von Bäumen freizuhalten, ist zeitlich begrenzt darauf, wie lange die Windanlage in Betrieb ist - in der Regel 20 bis 25 Jahre. "Diese Rodung findet nicht auf Dauer statt", sagt Michael Suda, Professor für Wald- und Umweltpolitik an der TU München. Man könne davon ausgehen, dass eine forstwirtschaftliche Nutzung nach Ende des Pachtvertrags wieder stattfindet.

Dazu kommt eine Fläche von durchschnittlich 0,4 Hektar pro Windkraftanlage (in Bayern durchschnittlich 0,32 Hektar), die für die Bauphase vorübergehend gerodet wird und danach aufgeforstet werden muss (siehe beispielhaft Grafik 1).

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Wenn eine Windkraftanlage im Wald gebaut wird, müssen durchschnittlich 0,86 Hektar dafür gerodet werden - gut die Hälfte davon dauerhaft.

Wie viel einzelne Bäume pro Windrad abgeholzt werden, wird nicht erhoben - und Schätzungen sind sehr ungenau. Laut Gudula Lermer, Vorsitzende des Deutschen Forstvereins, und Michael Suda von der TUM stehen auf einem Hektar Nadelwald 100 bis 200 Bäume, bei altem Laubbaum-Bestand sind es 50 bis 100 Bäume. Von jungen, frisch gepflanzten Bäumen stehen oft mehrere Tausend auf einem Hektar. Wie viel Bäume pro Windrad gerodet werden müssen, kann also sehr unterschiedlich sein.

Die Menge an Bäumen, die für eine Windanlage abgeholzt werden muss, falle laut Lermer nicht weiter ins Gewicht. Sie spricht von einem "sehr geringen Eingriff in den Wald" - es sei beispielsweise nicht mehr, als für manche Holzlagerplätze benötigt werde. Der Flächenverbrauch für Wanderparkplätze oder andere Infrastruktur sei höher, sagt sie.

Auch Forstwissenschaftler Michael Suda sagt, die "kleinen Patches" von weniger als einem halben Hektar hätten einen geringen Einfluss auf den Wald - auch wenn es sich bei einem Windpark um beispielsweise 15 solcher Flächen in einem Wald handelt. Als Voraussetzung sieht er, dass die Flächen anderswo ausgeglichen und aufgeforstet werden. Henrik te Heesen, Professor für Erneuerbare Energien am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier, spricht ebenfalls von nur "punktuellen" Eingriffen in den Wald.

Laut Volker Quaschnig, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, gliedere sich die Windkraft im Forst in die normale Nutzung ein, wo sowieso schon größere Eingriffe stattfänden. "Die Illusion, dass Windräder in jahrhundertelang gewachsenen Naturwald gebaut werden, stimmt nicht", sagt er. Windräder stehen normalerweise in Nutzwald, in Naturschutzgebieten sind sie nicht erlaubt.

Wie viel Wald wurde für Windräder gerodet?

Laut der FA Wind standen Ende 2020 knapp 2.100 Windenergieanlagen im Wald in Deutschland.

Diese Windräder brauchen laut Bundesverband Windenergie knapp 960 Hektar Fläche dauerhaft - berechnet aus dem durchschnittlichen Flächenverbrauch von 0,46 Hektar pro Windrad. Der Großteil davon wurde gerodet. Zusätzlich wurden gut 830 Hektar Wald vorübergehend gerodet und wurden beziehungsweise werden wieder aufgeforstet.

Insgesamt sind in Deutschland laut Bundeswaldinventur 11,4 Millionen Hektar bewaldet, etwa ein Drittel der Bundesfläche. Anteilig wurde bisher also unter 0,01 Prozent des Waldes in Deutschland dauerhaft für Windräder gerodet - und woanders wieder aufgeforstet.

Der Großteil der Windräder in Deutschland steht im sogenannten Offenland, also zum Beispiel auf Feldern oder Wiese. Laut dem Jahresbericht von WindGuard standen Ende 2020 bundesweit insgesamt 29.608 Anlagen an Land - die Windräder im Wald machen aktuell also etwa sieben Prozent davon aus. Auf See sind es übrigens wesentlich weniger: Laut WindGuard standen Ende 2020 1.501 Windräder Offshore.

Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass die Zahlen dieser verschiedenen Erhebungen voneinander und auch von der Realität abweichen können, weil die Datengrundlage nicht komplett verlässlich ist. Ein Grund ist laut Marie-Luise Plappert vom Fachgebiet Erneuerbare Energien des Umweltbundesamts: Der Rückbau von Windrädern werde nicht zu 100 Prozent erfasst. Eigentlich seien Eigentümer verpflichtet zu melden, wenn sie ein Windrad wieder abbauen. Weil es aber keine Konsequenzen gibt, wenn man das nicht meldet, sind möglicherweise etwas weniger Windräder aktiv als erfasst.

Zwei Prozent der Bundesfläche für Windenergie: Was bedeutet das?

Die zwei Prozent der Bundesfläche, die die neue Regierung laut Koalitionsvertrag für Windenergie ausweisen will, bedeuten nicht, dass diese Fläche komplett mit Windrädern zugepflastert werde, sagt zum Beispiel Volker Quaschnig.

Eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz schreibt auf Anfrage des #Faktenfuchs, dass die durch eine Planungsbehörde ausgewiesenen Flächen nicht vollständig durch die Windenergienutzung verbraucht würden, sondern dass der überwiegende Anteil der Flächen weiterhin zum Beispiel für die Land- und Forstwirtschaft zur Verfügung stehe.

In diese geplanten zwei Prozent der Bundesfläche sollen nämlich auch die Abstandsflächen einfließen, die Windräder zum Beispiel zueinander brauchen. Stehen Anlagen zu eng zusammen, können die Anlagen in zweiter Reihe nicht mehr die volle Leistung erbringen. Welche Abstände dabei nötig seien, sei abhängig von der Größe der Anlage und dem Umfang des Rotors, sagt ein Sprecher des Bundesverbands Windenergie. Auf diesen Abstandsflächen können zum Beispiel Bäume problemlos stehen bleiben.

Die je nach Bundesland unterschiedlichen Abstandsregelungen zu Siedlungen - wie in Bayern zum Beispiel die umstrittene 10H-Regel - wurden bei der Kalkulation der Fläche laut Wirtschafts- und Klimaschutzministerium aber nicht berücksichtigt. Die 10H-Regel besagt, dass ein Windrad den zehnfachen Abstand seiner Höhe zu Siedlungen haben soll.

Wesentlich weniger Fläche genutzt als ausgewiesen

Bei dem Flächenziel von zwei Prozent für Windenergie geht es außerdem erst einmal nur darum, dass diese Fläche ausgewiesen werden soll. "Eine Flächenausweisung ist aber kein Selbstläufer und sagt noch nicht, wie viele Anlagen dort tatsächlich gebaut werden", sagt Marie-Luise Plappert vom Umweltbundesamt. Aktuell sind laut der Behörde 0,8 Prozent der Bundesfläche rechtskräftig für Windenergie ausgewiesen - das heißt aber nicht, dass auch wirklich auf dieser gesamten Fläche Windräder stehen. 2017 waren von der damals ausgewiesenen Fläche zum Beispiel gut 42 Prozent frei.

Wegen Höhen- und Abstandsbeschränkungen reduziere sich die geeignete Fläche schon mal von 0,8 auf etwa 0,5 Prozent, sagt Plappert. Davon würden nochmal 20 bis 30 Prozent wegen Artenschutz, Abständen zu Militäranlagen und Luftfahrt wegfallen oder weil die Eigentümer nicht zustimmen. Das Einverständnis ist nämlich noch nicht abgefragt, wenn eine Fläche ausgewiesen wird. Außerdem ist dann noch offen, wie gut die Bedingungen an einem Standort sind und ob sich dafür ein Investor findet.

Deswegen ist laut Paul Lehmann von der Uni Leipzig auch fraglich, ob das Flächenziel von zwei Prozent der Bundesregierung ausreichen wird. "Wenn wir tatsächlich Windenergieanlagen auf zwei Prozent der Fläche wollten, um unseren Energiebedarf zu decken, müssten wir eigentlich viel mehr Fläche ausweisen." Einige Forscher sagen deswegen, es sei sinnvoller, statt Flächen Energiemengen-Ziele festzulegen, die man mit Windkraft erreichen will. Aber laut den Experten ist die Fläche eben das, was für die Politik planbar ist. "Was die Bundesländer steuern können, ist, Fläche bereitzustellen", sagt Lehmann.

Wie viele Windräder sollen im Wald gebaut werden?

Wie viele Windräder tatsächlich auf der Fläche gebaut werden können und wie viele davon im Wald stehen werden, ist noch unklar. Aktuell ist weder bekannt, ob die Bundesregierung ihr Flächenziel überhaupt erreicht und wie viel davon nutzbar ist, noch wie viele Windräder auf die Fläche passen werden.

Die Zahl der Windräder, die für die Stromziele der neuen Bundesregierung aus erneuerbaren Energien erforderlich sei, hänge von vielen Faktoren ab, insbesondere der Anlagentechnik, schreibt eine Sprecherin des Wirtschafts- und Klimaschutz-Ministeriums dem #Faktenfuchs. Im Koalitionsvertrag steht, man richte sich auf einen höheren Strombedarf von 680 bis 750 Terawattstunden brutto im Jahr 2030 aus, der zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen soll. Wie viel Leistung dafür aus der Windkraft kommen soll, wird nicht genauer benannt.

Laut dem Bundesverband Windenergie lassen sich - wenn es keine weiteren Einschränkungen bei der Fläche gäbe - auf zwei Prozent der Bundesfläche bis 2050 200 Gigawatt Leistung installieren, wofür etwa 30.000 zusätzliche Anlagen erforderlich seien. Dafür müsste jedes der insgesamt rund 60.000 Windräder durchschnittlich eine Leistung von über drei Megawatt haben.

Die aktuell aktiven Anlagen in Deutschland haben laut dem Bundesverband Windenergie bisher nur eine Leistung von durchschnittlich je 1,8 Megawatt. Moderne, sehr große Anlagen liegen bereits über fünf Megawatt. Würde man also nur noch solche leistungsstarken Windräder bauen und alte ersetzen, steigt die durchschnittliche Leistung. Dabei muss man aber beachten: "Nicht an jedem Standort, wo heute eine kleine Anlage steht, kann diese durch eine große Anlage ersetzt werden", sagt te Heesen.

Je nach Stromverbrauch zwischen 7.000 und 35.000 neue Windräder nötig

Bei der Frage, wie viele Windräder es künftig braucht, gehen die Schätzungen von Experten weit auseinander - je nachdem, von welchem Strombedarf man in Zukunft ausgeht, wieviel Leistung man aus welcher Energiequelle bekommen will und mit welchen Windrädern man plant.

Von einem niedrigeren Strombedarf als die Bundesregierung geht zum Beispiel eine Studie der Agora Energiewende aus. Bei 620 Terawattstunden Stromverbrauch veranschlagen sie 130 Gigawatt Leistung durch Windkraft an Land. Dafür bräuchte es 37.000 Windräder insgesamt bei einer Leistung von 3,5 Megawatt je Anlage. In einer neueren Untersuchung rechnet Agora, es bräuchte 145 Gigawatt Leistung durch Windkraft an Land - heißt es bräuchte mehr als 41.000 Windräder.

Eine Studie der Akademien der Wissenschaften geht dagegen von einem wesentlich höheren Strombedarf aus als es im Koalitionsvertrag steht, nämlich von 1.000 Terawattstunden bis 2050. Dafür bräuchte es insgesamt 65.000 Windkraftanlagen - also doppelt so viele wie derzeit.

Wie viel Wald müsste mit dem 2-Prozent-Ziel für Windräder abgeholzt werden?

Für viele ist sicher die entscheidende Frage, wo diese zwei Prozent der Landesflächen voraussichtlich liegen sollen, die die Bundesregierung für Windkraft ausweisen will. Dass im Koalitionsvertrag von Landesflächen und nicht von der Bundesfläche die Rede ist, legt nahe, dass man eine möglichst gerechte Aufteilung unter den Bundesländern anstrebt. Aber um die Details hat man sich im Koalitionsvertrag laut Experten noch gedrückt. Vom Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz heißt es auf Anfrage, dazu könne man aktuell keine Details nennen. Der Koalitionsvertrag müsse jetzt Schritt für Schritt erörtert werden. Die Entscheidung, welche Flächen genau für Windenergie ausgewiesen werden, liege außerdem bei den Kommunen.

Experten sind sich uneinig darüber, wie die Fläche am besten aufgeteilt werden soll: Geht man danach, wo die Windbedingungen am besten sind - was dazu führt, dass in Bundesländern im Norden und in den Mittelgebirgen weiterhin wesentlich mehr Anlagen entstehen würden als in Bundesländern im Süden? Sollten jene Bundesländer mehr Strom liefern, die mehr verbrauchen? Oder verteilt man gleichmäßig auf die Länder - heißt: jedes Bundesland müsste zwei Prozent ausweisen, was zum Beispiel bei den Stadtstaaten schwierig sein dürfte? Oder schaut man, welche Standorte aus Sicht des Naturschutz am besten verträglich sind?

Beim Flächenrechner von Agora und bei der Forschungsgruppe der Uni Leipzig kann man übrigens selbst ausprobieren, welche Kriterien einem wie wichtig sind und welche Flächen damit für Windkraft geeignet wären.

Keine belastbaren Zahlen zur Flächenaufteilung und nötigen Waldrodung

"Wenn man alles gleichzeitig möchte, bleibt nicht viel übrig", sagt Paul Lehmann, der sich in seiner Forschungsgruppe aktuell genau mit diesen Abwägungen beschäftigt. Studien, die das Potential für Windkraft in Deutschland analysieren, gewichten die genannten Faktoren sehr unterschiedlich. Marie-Luise Plappert vom Umweltbundesamt hält keine Potentialstudie für komplett belastbar - auch weil die Qualität der Daten aus den Bundesländern zum Naturschutz oder zu Siedlungen sehr unterschiedlich ist.

Es gebe zwar harte Tabu-Kriterien, wo man keine Windräder bauen kann: zum Beispiel in Siedlungsflächen oder Naturschutzgebieten und Nationalparks. "Das geht technisch oder rechtlich nicht", sagt Lehmann. Hier stimmen die meisten Studien überein. Unterschiede gibt es bei den "weichen Tabuzonen", wie zum Beispiel dem Abstand zu Siedlungen oder welche Naturflächen die Studien ausklammern.

Studie: 3,6 Prozent der Bundesfläche geeignet bei Berücksichtigung von Natur- und Landschaftsschutz

Zum Thema Wald ist besonders eine Studie des Bundesamts für Naturschutz vom Juni 2021 aufschlussreich, die Flächen umfassend ökologisch bewertet. Danach kommen 3,6 Prozent der Bundesfläche für Windenergienutzung in Frage - Teile davon auch im Wald. Ausgeschlossen hat das Amt aber zum Beispiel Misch- und Laubwälder, die als ökologisch wertvoller gelten als Kiefern- oder Fichtenforste. "Der Wald, der hier übrig bleibt, sind Nadelwälder, die nicht in Schutzgebieten liegen und in der Regel auch Monokulturen sind", sagt Paul Lehmann von der Universität Leipzig.

Die Potentiale sind laut der Studie vom Bundesamt für Naturschutz sehr unterschiedlich verteilt: Von 10,7 Prozent der Landesfläche in Sachsen-Anhalt und 6,3 Prozent in Brandenburg bis zu 0,1 Prozent in den Stadtstaaten und 0,2 Prozent im Saarland. In Bayern kommen danach 1,5 Prozent der Flächen in Frage. Ein bundesweit einheitliches Flächenziel von zwei Prozent je Bundesland werde aufgrund der unterschiedlichen räumlichen Bedingungen nicht gleichermaßen natur- und landschaftsverträglich zu erreichen sein, folgern die Urheber der Studie.

Grafik: Flächenpotentiale für Windräder

Experte: Hälfte des Potentials in Bayern im Wald

Andere Untersuchungen gehen von einem Flächenpotential von bis zu sieben Prozent in Bayern aus, zumindest ohne 10H-Regel. Der Umwelt- und Energieökonomik-Experte Paul Lehmann hält es zumindest für realistisch, in Bayern zwei Prozent der Fläche für Windkraft auszuweisen. Etwa die Hälfte des Potentials liege in Bayern im Wald.

Aber ist es realistisch, dass deswegen auch die Hälfte der Windräder im Wald stehen wird? Nach wie vor sind Waldstandorte unattraktiver, sagt Henrik te Heesen von der Hochschule Trier. Wenn die Wirtschaftlichkeit entscheide, gehe man lieber in die Freifläche, sagt Volker Quaschnig von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Seit gut zehn Jahren ist es zwar technisch möglich, Windräder in den Wald zu bauen, weil die Anlagen nun so groß sind, dass sie oberhalb der Baumgrenze rotieren können. Ein Problem sei aber trotzdem noch, dass Wälder die Windgeschwindigkeit reduzierten, sagt te Heesen. Bei gleicher Höhe und gleicher Bauart produziere eine Anlage im Wald weniger Strom als eine auf freier Fläche. Der Vorteil am Wald ist laut Volker Quaschnig wiederum, dass man große Abstände zu Siedlungen einhalten kann.

Geht es auch ohne Wald?

Bisher gehen die Bundesländer mit dem Thema Windräder im Wald sehr unterschiedlich um. Einige wie Rheinland-Pfalz weisen Flächen für neue Windenergieanlagen im Wald aus, andere schließen Standorte im Wald komplett aus - etwa Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.

Mit Blick auf alle Bundesländer werde man in einigen Gebieten nicht um die Waldnutzung herumkommen, sagt Volker Quaschnig. "Definitiv werden wir den Wald brauchen für die Windkraftanlagen." Auch te Heesen sagt: "Ein kleiner Teil wird bei diesen Zielen auch in den Wäldern gebaut werden müssen."

Das werde aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein. In Bundesländern mit verhältnismäßig viel Wald wie Rheinland-Pfalz oder Hessen hätte man große Schwierigkeiten, zwei Prozent auszuweisen ohne in den Wald zu gehen, sagt Lehmann (siehe Grafik). Bei Bundesländern mit sehr wenig Wald, wie zum Beispiel Schleswig-Holstein, könne man den Wald ausschließen und hätte immer noch genug Optionen.

In Bayern gibt es laut Experten durchaus Möglichkeiten, den Wald für Windkraft zu nutzen. Laut Bundeswaldinventur waren knapp 37 Prozent der Fläche von Bayern bewaldet. In absoluter Fläche hat Bayern so viel Wald wie kein anderes Bundesland - er macht fast 23 Prozent des deutschen Waldes aus.

Mit der bayerischen 10H-Regel klappt es auf keinen Fall, den Wald für Windräder komplett auszuschließen, da sind sich die Experten einig. Denn wenn der Abstand zu Siedlungen so groß sein muss, landet man oft im Wald.

Grafik: Waldanteile in den Bundesländern

Bäume abholzen für den Klimaschutz: Ist das ein Widerspruch?

Immer wieder bemerken User im Netz auch, es sei ein Widerspruch, Bäume für den Klimaschutz abzuholzen. Alle Experten, mit denen der #Faktenfuchs gesprochen hat, sehen hier keinen unbedingten Widerspruch - solange Schutzgebiete verschont bleiben, an anderer Stelle aufgeforstet wird und das gerodete Holz genutzt werde, was ebenfalls gut fürs Klima sei. Henrik te Heesen von der Hochschule Trier gibt lediglich zu bedenken, dass der Nutzen fürs Klima von Wald und Windrädern schwer gegeneinander aufzurechnen sei, weil der Wald auch als Biotop eine andere Wertigkeit habe.

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Die Behauptung, dass der Wald mehr CO2 aufnehme als ein Windrad einsparen könne, stimmt nicht.

Was sich aber konkret gegenrechnen lässt, ist eine CO2-Bilanz. Eine häufige Behauptung ist: Der Wald nehme mehr CO2 auf, als ein Windrad einsparen könne. Das stimmt nicht, wie auch schon Correctiv gecheckt hat.

Auch Quaschnig sagt: "Die Bilanz ist hier ganz klar positiv." Laut Umweltbundesamt liegt die Einsparung von CO2 durch Windenergieanlagen um einen Faktor von mehr als 1.000 höher als die durch die dafür notwendige Rodung von Wald verlorene CO2 -Aufnahme.

Fazit

Dass für die Windkraft "ganze Wälder" - wie häufig behauptet - gerodet werden sollen, wird laut Experten nicht passieren. Windräder im Wald brauchen Rodungsinseln für den Sockel und Wartungsarbeiten, rundherum können die Bäume stehen bleiben. Pro Windrad im Wald braucht es in Deutschland durchschnittlich 0,46 Hektar Freifläche. Die knapp 2.100 Windenergieanlagen, die bisher im Wald stehen, brauchen etwa 960 Hektar, auf denen dauerhaft keine Bäume stehen können. Anteilig wurde bisher weniger als 0,01 Prozent des Waldes in Deutschland dauerhaft für Windräder gerodet.

Wie viel Waldfläche für Windräder ausgewiesen werden müsste, um das 2-Prozent-Ziel der Bundesregierung zu erreichen, ist unklar. Studien kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, wie viel Potential es in Deutschland für Windkraftanlagen gibt - je nachdem wie streng Faktoren wie Abstand zu Siedlungen, Ausschluss von Wald oder Artenschutz betrachtet werden. Außerdem gelten in den Bundesländern unterschiedliche Regeln und die Entscheidung, welche Flächen konkret ausgewiesen werden, liegt vor Ort bei den Kommunen.

Was man sagen kann: Freiflächen eignen sich zwar normalerweise besser für Windkraft, aber mit neuen größeren Windrädern kann sich auch Windkraft im Wald lohnen. Laut den Experten, mit denen der #Faktenfuchs gesprochen hat, würde man für die Ausbauziele der Bundesregierung nicht darum herumkommen, weitere Windräder in den Wald zu bauen. Allerdings kann das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein. In Ländern mit sehr wenig Wald könnte man den Wald ausschließen - in Ländern mit eher viel Wald, zu denen auch Bayern zählt, wäre das schwierig.

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