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Weltbevölkerung 8 Milliarden Menschen und ein Ende des Wachstums in Sicht

Die Marke von 8 Milliarden Menschen ist geknackt. Und es werden jede Sekunde mehr. Doch das Wachstum der Weltbevölkerung verlangsamt sich. Wir erklären, warum.

Stand: 11.07.2023 13:39 Uhr

Auf dem Globus wird es immer enger: Im November 2022 hat die Weltbevölkerung die Marke von acht Milliarden Menschen überschritten. Da es unmöglich ist, stets einen genauen Überblick über Geburten und Todesfälle auf der ganzen Welt zu haben, hat die UN den Stichtag auf den 15. November 2022 festgelegt.  

Ob das weltweite Bevölkerungswachstum sich irgendwann verlangsamt oder gar zum Halten kommt, dazu gibt es unterschiedliche Befunde: In den 2080er-Jahren könnten es nach Prognosen der Vereinten Nationen (UN) etwa 10,4 Milliarden Menschen auf der Erde sein. Die internationale Initiative Earth4All geht hingegen davon aus, dass die Weltbevölkerung bereits um 2040 einen Höchststand von 8,5 Milliarden Menschen erreichen und bis zum Ende des Jahrhunderts wieder auf etwa 6 Milliarden zurückgehen wird.

Unterschiedliche Szenarien für weltweites Bevölkerungswachstum

Die Forschenden der Initiative Earth4All zeichnen 2023 zwei mögliche Szenarien für die Zukunft. Im ersten entwickelt sich die Welt wirtschaftlich ähnlich weiter wie in den letzten 50 Jahren. Dann wird die Bevölkerung bis 2050 langsamer wachsen, etwa im Jahr 2046 ihr Maximum von etwa 8,6 Milliarden erreichen und bis 2100 auf 7,3 Milliarden Menschen schrumpfen. Im zweiten Szenario könnte der Höchststand sogar schon 2040 erreicht sein, wenn es unter anderem größere Investitionen zur Bekämpfung von Armut gäbe.

Bereits im Juli 2020 erschien eine Studie im Fachmagazin The Lancet, die zu einem weitaus geringeren Bevölkerungswachstum in ihren Prognosen kam als die Vereinten Nationen (UN): Statt der von der UN erwarteten knapp elf Milliarden Menschen im Jahr 2100 würden es laut Berechnung der Wissenschaftler von der Washington-Universität in Seattle nach einem Höchststand im Jahr 2064 bis 2100 "nur" noch 8,8 Milliarden Menschen sein.

Weltbevölkerung: Wachstumsrate sinkt

Tatsächlich wächst die Zahl der Menschen auf der Welt aktuell langsamer als in den vergangenen 70 Jahren. Erstmals seit 1950 sei die Wachstumsrate der Weltbevölkerung 2020 auf unter ein Prozent pro Jahr gesunken, so der letzte UN-Bericht Mitte 2022. Aktuell liege sie nur noch bei 0,8 Prozent. Damit hat sich das Wachstum in den letzten 50 Jahren mehr als halbiert. Wegen der Corona-Pandemie war die Lebenserwartung im Jahr 2021 auf 71 Jahre gesunken - 2019 habe sie noch bei 72,9 Jahre gelegen. Inzwischen steigt die Zahl wieder an.

In einigen Ländern schrumpft die Bevölkerung bereits

Sinkende Geburtenraten führen zu einem schwächeren Bevölkerungswachstum. Bei etwa zwei Kindern pro Frau wäre die sogenannte "Erhaltungsrate" erreicht. Sinkt die Geburtenrate unter diesen Wert, wird die Weltbevölkerung langsam wieder abnehmen. Zwar werden viele Länder mit einem hohen Geburtenüberschuss noch weiter wachsen. Doch bereits im Zeitraum von 2015 bis 2020 ging die Bevölkerung laut dem Bericht "Globale Bevölkerungsentwicklung" des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung in 30 von 235 Ländern und Territorien zurück. Die Zahl der Länder mit niedriger Geburtenrate nimmt immer mehr zu, so das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB). 2023 leben demnach etwa 5,4 Milliarden Menschen in Ländern mit einer Geburtenrate unter 2,1.

57 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Städten

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt derzeit in städtischen Siedlungen. 1950 lag dieser Wert noch bei etwa 30 Prozent. Bis 2050 werden wahrscheinlich zwei Drittel der Menschen weltweit in Städten leben - weil mehr Leute vom Land in die Städte abwandern und dort noch mehr Kinder geboren werden, aber auch, weil ländliche Siedlungen zu Städten anwachsen werden.

Wann erreicht die Weltbevölkerung ihr Maximum?

Noch sorgt die in vielen Ländern junge Altersstruktur der Bevölkerung dafür, dass die Geburten die Sterbefälle weltweit noch übersteigen. Dass dieser Geburtenüberschuss noch für mehrere Jahrzehnte, bis mindestens zur zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts, anhalten wird, darin sind sich alle Studien einig. In welchem Jahr und mit wie vielen Menschen die Weltbevölkerung ihr Maximum erreichen wird, ist deshalb schwer vorhersagbar.

Weltbevölkerung wächst jedes Jahr um etwa 66 Millionen

Verlauf der Bevölkerungszahlen seit 1800

Grundsätzlich ist der rapide Anstieg der Weltbevölkerung ein Phänomen der jüngeren Zeit. Vor 8.000 Jahren, zum Ende der letzten Eiszeit, lebten nach Schätzungen des unabhängigen Population Reference Bureaus auf unserem Planeten nur rund fünf Millionen Menschen. Vor 2.000 Jahren waren es rund 300 Millionen. Rasant wurde der Anstieg erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts, nachdem die erste Milliarde erreicht war. Zwei Milliarden Menschen gab es im Jahr 1927, drei Milliarden 33 Jahre später im Jahr 1960. Bis zur vierten Milliarde dauerte es dann nur noch 14 Jahre (1974). 1987, nur 13 Jahre später, wurde die fünfte, 1999 die sechste Milliardengrenze überschritten. Am 31. Oktober 2011 wurde der siebenmilliardste Mensch geboren.

Frauen stärken: 4 Milliarden Menschen sind weiblich

Anlässlich des Tages der Weltbevölkerung 2023 mahnte die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Die Hälfte der Weltbevölkerung sei weiblich, ein Viertel unter Ihnen leide immer noch unter Fremdbestimmung und Gewalt. In der Corona-Pandemie habe es zuletzt deutliche Rückschritte gegeben. Angela Bähr, stellvertretende Geschäftsführerin der DSW, plädiert deshalb für Sexualaufklärung, Bildung und eine stärkere politische Teilhabe von Frauen weltweit. Es seien zentrale Faktoren für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung und Armutsbekämpfung.

Größter Teil der Weltbevölkerung lebt in Asien

Der größte Teil der Weltbevölkerung ist mit 59,4 Prozent in Asien zu Hause. Die übrigen Menschen der Welt verteilen sich zu 17,8 Prozent auf Afrika, zu 9,3 Prozent auf Europa, zu 8,2 Prozent auf Lateinamerika, zu 4,7 Prozent auf Nordamerika und zu 0,6 Prozent auf Australien/Ozeanien (Stand 2022). Als bevölkerungsreichstes Land hat im Frühjahr 2023 Indien China überholt.

Covid-19 und die Weltbevölkerung

Noch lässt sich nicht wirklich absehen, wie sich die Corona-Pandemie langfristig auf die weltweite Bevölkerungsdynamik auswirkt. Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) aus dem Jahr 2021 zeichnen sich jedoch bereits erste Folgen ab: Vor allem in ärmeren Ländern stieg die Zahl der Mädchen, die die Schule vorzeitig abbrechen mussten. Das könnte die zukünftigen Geburtenziffern in diesen Ländern beeinflussen, weil sich der Bildungsgrad von Frauen nachweislich auf ihre durchschnittliche Kinderzahl auswirkt. Die Covid-19-Pandemie erschwerte vielerorts jedoch nicht nur den Zugang zu Bildung, sondern auch zu Verhütungsmitteln. "Aufklärungskampagnen und eine bessere Versorgung mit modernen Verhütungsmitteln sind jetzt wichtiger denn je - vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Covid-19 darf die Erfolge der letzten Jahre nicht ausbremsen", warnte Jan Kreutzberg, Geschäftsführer der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW).

Laut einer UN-Studie von 2021 ist die Zahl der Geburten in Europa und den USA - zumindest vorübergehend - aufgrund von Corona zurückgegangen: Die Daten aus 19 europäischen Ländern und den USA zeigen seit Oktober 2020 "starke Geburtenrückgänge" gegenüber den Vorjahresmonaten. In Deutschland kamen laut Statistischem Bundesamt (Destatis) von Januar bis November 2022 rund 675 600 Kinder zur Welt. Dies waren um 6,4 Prozent weniger Geburten als im Vergleichszeitraum im Durchschnitt der Jahre 2019 bis 2021. Gründe dafür könnten zum einen die späte Impfempfehlung für Schwangere sein, die die Ständige Impfkommission (Stiko) erst im September 2021 aussprach. Zum anderen die generelle Belastungen von Familien mit kleinen Kindern während der Corona-Pandemie, die die Entscheidung für ein weiteres Kind negativ beeinflusst haben könnte, so Destatis. "Die meisten Menschen möchten in unsicheren Zeiten lieber weniger Kinder haben - und die Frage ist, ob sie die Mittel dazu haben", sagt Rachel Snow, Populationsexpertin des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA). Diese Voraussetzung sei in Europa sicherlich gegeben. In Bangladesch, Malawi und Mexiko zum Beispiel hätten die Forscher die gegenläufige Entwicklung ausgemacht.

Geburtenrate: weltweit weniger Kinder

Frauen bekommen heute im weltweiten Durchschnitt weniger Kinder als früher: Nach Angabe der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) liegt die Fertilitätsrate weltweit bei durchschnittlich 2,3 Kindern pro Frau. Damit hat sich die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau seit den 1960er-Jahren mehr als halbiert. Damals bekam im Durchschnitt jede Frau noch fünf Kinder. Das niedrigste Geburtenniveau weisen Europa (1,5 Kinder pro Frau) und Nordamerika (1,6 Kinder pro Frau) auf. Laut einer Studie, an der das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und die Uni Stockholm beteiligt waren, ist die Geburtenziffer 2022 auf 1,3 bis 1,4 Kinder pro Frau gesunken. Von 2015 bis 2021 lag sie noch zwischen 1,5 und 1,6.

Geburtenniveau in Afrika am höchsten

In Afrika ist die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau mit 4,3 am höchsten - doch auch hier lag sie Mitte der 1960er-Jahre noch bei 6,7. Besonders hoch ist das Fertilitätsniveau in den sogenannten Subsahara-Ländern in Afrika: Spitzenreiter sind Niger (6,7 Kinder pro Frau), Somalia (6,3) und die Demokratische Republik Kwongo (6,2). Außerhalb Afrikas erreichen das höchste Geburtenniveau Samoa (4,7), Afghanistan (4,6) und die Salomoninseln (4) (Zahlen von 2022).

Geburtenniveau in China und Südkorea am niedrigsten

Die Länder, in denen gerade die wenigsten Kinder geboren werden, sind derzeit Südkorea und China mit einer Rate von jeweils 0,8. In Europa kommen die wenigsten Kinder in San Marino und Andorra (jeweils 1,0) zur Welt.

"Die Fruchtbarkeitsziffern sinken, wenn Mädchen Zugang zu Bildung erhalten und Frauen wirtschaftlich gestärkt werden und Zugang zu einer besseren Gesundheitsversorgung haben."

Per Espen Stoknes, Leiter des Earth4All-Projekts

Zahl der Kinder abhängig vom Bildungsgrad der Frau

Wie hoch die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau ist, hängt Studien zufolge vor allem mit dem Bildungsstand der weiblichen Bevölkerung im fortpflanzungsfähigen Alter zusammen. "Bildung geht mit mehr Chancen und Möglichkeiten einher und erlaubt ein selbstbestimmteres Leben", heißt es im Bericht "Globale Bevölkerungsentwicklung" von 2021. In vielen Ländern haben Frauen keine oder nur sehr geringe Mitspracherechte bei der Familienplanung. Kinderreichtum wird oft noch immer als Absicherung fürs Alter gesehen. Viele Frauen heiraten sehr jung und werden dann Mutter. Und vielen Millionen Frauen fehlen schlicht bezahlbare Verhütungsmittel, es mangelt an Aufklärung und einer guten Gesundheitsversorgung.

Weniger Nachwuchs: Mehr Aufmerksamkeit pro Kind

11. Juli: Weltbevölkerungstag

Am 11. Juli 1987 gab es fünf Milliarden Menschen auf der Erde. Das nahmen die Vereinten Nationen zum Anlass, den Internationalen Weltbevölkerungstag einzuführen. Nicht aus Freude, sondern um das weitere Wachstum möglichst zu bremsen.

Für John Wilmoth, Direktor der Uno-Bevölkerungsabteilung, stecken in der globalen Entwicklung des langsameren Bevölkerungswachstums - trotz aller regionalen Unterschiede - viele Chancen vor allem für Entwicklungsländer. Dies gelte neben der Bekämpfung von Armut und Hunger vor allem für das Thema Bildung: Weniger Nachwuchs erhöhe die Aufmerksamkeit pro Kind.

"Wenn die durchschnittliche Familiengröße sinkt, wird es sowohl Familien als auch Gesellschaften möglich, mehr in jedes Kind zu investieren, die Qualität der Bildung zu verbessern und das Humankapital der Bevölkerung zu entwickeln."

John Wilmoth, Direktor der Uno-Bevölkerungsabteilung

Quellen und Sendungen zu Bevölkerungswachstum und -Entwicklung:


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