12

Wirtschafts-Nobelpreis 2021 Card, Angrist & Imbens erhalten Wirtschaftsnobelpreis

Die in den USA forschenden Ökonomen David Card, Joshua D. Angrist und Guido W. Imbens erhalten den Wirtschaftsnobelpreis. Welchen Einfluss ihre Arbeit auf unseren Alltag hat und warum auch andere Wissenschaften von ihrer Forschung profitieren können.

Stand: 11.10.2021 | Archiv

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht in diesem Jahr an die Forscher David Card, Joshua Angrist und Guido Imbens (v.l.n.r.).  | Bild: dpa / Niklas Elmehed

Der diesjährige Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften geht in diesem Jahr zur Hälfte an den kanadischen Armuts- und Arbeitsmarktforscher David Card, der an der University of California in Berkeley arbeitet und zur anderen Hälfte an den Amerikaner Joshua D. Angrist vom MIT in Cambridge und den Niederländer Guido W. Imbens von der Stanford University.

Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk hat der Münchner Volkswirt und Kenner der Lindauer Nobelpreisträgertagung Karl Schmidt erklärt, warum die Arbeiten dieser Wissenschaftler besonders spannend sind.

"Arbeitmarkt- und Armutsforschung geht uns alle an"

"Der Arbeitsmarkt ist einer der wichtigsten Märkte in der Volkswirtschaft überhaupt. Er betrifft alle Erwerbstätigen und damit sehr viele Menschen. Außerdem ist es ein Markt, in den die Regierung besonders oft eingreift", so Klaus Schmidt, Volkswirt an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

David Card hat sich zum Beispiel mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen der Mindestlohn hat. Für unseren Alltag ist diese Forschung also auch deshalb interessant, weil sich daraus politische Maßnahmen ableiten lassen.

Zur Begründung heißt es aus Stockholm, David Card habe den Preis für "seine empirischen Beiträge zur Arbeitsökonomie" erhalten. Die beiden anderen Ökonomen würden "für ihre methodischen Beiträge zur Analyse von Kausalzusammenhängen" ausgezeichnet. Sie haben aber etwas gemeinsam: Alle drei Forscher haben neue Erkenntnisse über den Arbeitsmarkt geliefert und gezeigt, welche Schlüsse wir über Ursache und Wirkung aus Experimenten ziehen können. Doch auch andere Disziplinen können etwas von den diesjährigen Preisträgern lernen.

Zunehmender Einfluss der USA: Kritik am Wirtschaftsnobelpreis

Auffallend ist, dass alle drei Wirtschaftswissenschaftler in den USA forschen. Genau deshalb steht die Auszeichnung teilweise in der Kritik. Denn auch in der Vergangenheit haben ihn sehr viele US-Amerikaner gewonnen - und damit auch politischen Einfluss. Kritiker machen dafür Absprachen von US-Eliteuniversitäten verantwortlich, die sich im Voraus auf einen oder mehrere Kandidaten verständigen und diese dann gemeinsam bewerben. Meist gehören sie zu einer der beiden großen Denkschulen: Es geht ihnen entweder um mehr oder weniger staatlichen Eingriff in den Markt.

Kein echter Nobelpreis

Der Preis für Wirtschaftswissenschaften nimmt unter den Nobelpreisen eine Sonderstellung ein: Er wurde erst 1969 zum ersten Mal verliehen. 2009 erhielt erstmals eine Frau diesen Preis. Und bei den männlichen Preisträgern überwiegen deutlich Ökonomen, die an US-Universitäten oder in den Vereinigten Staaten gearbeitet haben. Der Wirtschafts-Nobelpreis ist streng genommen kein echter Nobelpreis, denn er geht nicht auf Alfred Nobels Testament zurück, sondern wurde erst nachträglich von der Schwedischen Reichsbank gestiftet - "in Gedenken an Alfred Nobel". Der Anlass war der 300. Geburtstag der Bank.

Preisträger am Rande und im Anhang

Dem Chemiker und Industriellen Alfred Nobel selbst sollen die Wirtschaftswissenschaften jedoch nie ganz geheuer und deshalb niemals preiswürdig gewesen sein. Jedoch werden die Preisträger wie bei den Nobelpreisen für Physik und Chemie von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften nominiert und auch im Rahmen der gesamten Preisverleihung überreicht. Doch ihre Namen tauchen im Verzeichnis der Nobelpreisträger nur in einem Anhang auf und werden statt auf die Flächen der Nobel-Medaille auf deren Rand eingraviert.

Wirtschafts-Preisträger der vergangenen Jahre

  • 2021: David Card (USA) für seine empirischen Beiträge zur Arbeitsökonomie sowie Joshua D. Angrist und Guido W. Imbens (beide USA) für ihre methodischen Beiträge zur Analyse von Kausalzusammenhängen.
  • 2020: Paul R. Milgrom und Robert B. Wilson (beide USA) für ihre Forschung zur Autionstheorie.
  • 2019: Abhijit Banerjee, Esther Duflo und Michael Kremer (alle USA) für ihre experimentellen Theorien in der Entwicklungsökonomie
  • 2018: William D. Nordhaus und Paul M. Romer (beide USA) für ihre Theorien zum Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Umweltfolgen sowie technischen Innovationen
  • 2017: Richard H. Thaler (USA) für die Begründung der Verhaltensökonomie
  • 2016: Oliver Hart (Großbritannien) und Bengt Holmström (Finnland) für ihre Forschungsarbeiten zur Vertragstheorie im Wirtschaftsleben
  • 2015:Angus Deaton (Schottland) für seine bahnbrechenden Arbeiten über Konsum, Armut, Ungleichheit und Gesundheit
  • 2014: Jean Tirole (Frankreich) für seine Arbeiten zu den Themen Marktmacht und Regulierung, vom "Zähmen mächtiger Firmen"
  • 2013: Eugene F. Fama, Lars Peter Hansen und Robert J. Shiller (alle USA) für ihre empirischen Analysen von Aktienkursen
  • 2012: Die Spieltheoretiker Alvin E. Roth (USA) und Lloyd S. Shapley (USA) für ihre grundlegenden Erkennisse, wie verschiedene wirtschaftliche Akteure optimal für alle zusammenkommen.
  • 2011: Thomas Sargent und Christopher Sims für ihre empirische Untersuchung von Ursache und Wirkung in der Makroökonomie
  • 2010: P. Diamond, D. Mortensen, C. Pissarides: für ihre Such-Theorie für Märkte wie den Arbeitsmarkt
  • 2009: Elinor Ostrom, Oliver Eaton Williamson, USA: für ihre Studien über eine konfliktfreie Organisation der Märkte
  • 2008: Paul Krugman, USA: für seine Studien als Handelstheoretiker
  • 2007: Leonid Hurwicz, Eric Maskin, Rober Myerson, alle USA: für die Entwicklung der Theorie des Mechanism Design
  • 2006: Edmund Phelps, USA: für die Erforschung des Zusammenhangs von Preisentwicklung und Arbeitsmarkt
  • 2005: Robert Aumann, Israel und USA, Thomas Schelling, USA: für die Weiterentwicklung der Spieltheorie auf Konfliktsituationen
  • 2004: Finn Kydland, Norwegen, Edward Prescott, USA: für ihren Beitrag zur dynamischen Makroökonomie
  • 2003: Robert Engle, USA, Clive Granger, Großbritannien: für Methoden zur Analyse ökonomischer Zeitreihen
  • 2002: Daniel Kahneman, USA und Israel, Vernon Smith, USA: für die Einführung psychologischer Herangehensweisen in die Wirtschaftswissenschaft
  • 2001: George Akerlof, Michal Spence, Joseph Stiglitz, alle USA: für ihre Analyse von Märkten asymmetrischer Information

12