Zu viel Sitzen Darauf solltet ihr beim Arbeiten, Lernen, Fernsehen achten

Von: Yvonne Maier, Sylvaine von Liebe

Stand: 23.01.2023 15:57 Uhr

Wir sitzen am Frühstückstisch, im Bus und dann auch noch am Schreibtisch und auf der Couch. Und seit der Corona-Pandemie sitzen wir noch viel mehr. Zu viel Sitzen macht jedoch krank. Wie ihr schon mit kleinen Bewegungen viel erreicht.

Sitzen kann krqank machen - das belegen zahlreiche Untersuchungen. Bewegungsmangel erhöht das Risiko für zahlreiche Erkrankungen, wie Diabetes oder Übergewicht. (im Bild: Frau sitzt am Schreibtisch und stützt sich den Kopf auf.) | Bild: colourbox.com

Mehr Junge als Alte: Die Vielsitzer in Deutschland

Menschen im Homeoffice sitzen oft ohne unterbrechung, so der DKV-Report 2021. Im Bild: Junge Frau im Homeoffice. | Bild: picture-alliance/dpa/PantherMedia

Jung, gebildet, im Homeroffice - das sind laut Studien diejenigen Menschen in Deutschland, die am meisten sitzen.

Laut einer Untersuchung der DKV sitzen wir achteinhalb Stunden am Tag und damit eine Stunde länger als noch 2018. Wir bewegen uns weniger, weil wir viel im Sitzen arbeiten und viel fernsehen. Das ist besonders auffällig bei jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren. Von ihnen gaben 74 Prozent im DKV-Report an, täglich acht Stunden und mehr zu sitzen. Bei den über 66-Jährigen waren es nur 38 Prozent, die auf eine so hohe Sitzzeit pro Tag kommen. Auch eine andere Studie kam zu dem Ergebnis, dass besonders junge Menschen viel sitzen, am meisten diejenigen aus der höheren Bildungsgruppe. Außerdem gönnen sich Menschen, die im Homeoffice arbeiten, laut DKV-Report kaum Pausen, um sich zu bewegen. Obwohl 82 Prozent angaben, genug Zeit für Sitzunterbrechungen bei der Arbeit zu haben.

Video: So gefährlich ist Bewegungsmangel

Krankheiten und früherer Tod: Was langes Sitzen gefährlich macht

Ein Paar vor dem Fernseher. Wer seine Zeit vor dem Fernseher reduziert, kann seine Lebenserwartung erhöhen, ergab schon eine Studie aus dem Jahr 2012. | Bild: picture-alliance/dpa/Daniel Reinhardt

Wer weniger als drei Stunden am Tag sitzt, erhöht seine Lebenserwartung im Schnitt um bis zu zwei Jahre.

Langes Sitzen ist ein Problem, weil es das Risiko für zahlreiche Krankheiten erhöht. Zum Beispiel können Rückenschmerzen, Diabetes Typ-2, Adipositas, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Krebs auf langes Sitzen zurückgeführt werden. Das Gefährliche an Bewegungsmangel ist, dass er unseren Stoffwechsel verändert.

Auch das Gehirn leidet unter langem Sitzen: Der Hippocampus, eine Gehirnregion, die für Lernen und Erinnern verantwortlich ist, ist schlechter vernetzt. Für ältere Menschen, die körperlich nicht aktiv sein können, könnten kognitiv anspruchsvollere Aktivitäten laut Agnieszka Zofia Burzynska, Neurowissenschaftlerin an der Colorado State University, USA, eine Alternative sein. Ihr Fazit aus einer ihrer Studien: Körperlich so fit wie möglich bleiben und die sitzende Zeit mit geistig anregenden Tätigkeiten verbringen - also darauf achten, dass die Zeit im Sitzen nicht nur damit verbracht wird, "auf den Fernseher zu starren", wie die US-Forscher in einer Veröffentlichung zu einer ihrer Studien betonte.

Langes Sitzen kann auch unsere Lebenserwartung verkürzen. So hat eine bereits im Jahr 2012 veröffentlichte Studie ergeben, dass weniger als drei Stunden am Tag Sitzen, die Lebenserwartung im Durchschnitt um bis zu zwei Jahre erhöht.

Weniger sitzen im Job: Tipps, wie es euch gelingen kann

Tipps fürs Arbeiten am Arbeitsplatz:

  • Behaltet nur die Arbeitsmittel direkt am Arbeitsplatz, die ihr ständig braucht. Alles andere lagert ihr am besten so, dass ihr aufstehen müsst, um es zu holen.
  • Stellt zum Beispiel den Drucker, Kopierer, Scanner oder Mülleimer nicht griffbereit in der Nähe auf, sondern in einen anderen Raum, sodass ihr ein paar Schritte gehen müsst, um ihn zu erreichen.
  • Wenn ihr obere Schränke im Büro habt, nutzt sie auch! Das Strecken in die Höhe sorgt nicht nur für Bewegung, es dehnt auch eure Rücken-, Arm- und Beinmuskulatur.
  • Besucht eure Kollegin/euren Kollegen aus der Firma auch mal persönlich anstatt sie/ihn immer nur per E-Mail oder Telefon zu kontaktieren.
  • Steht so oft auf, wie möglich. Das heißt: Auch mal im Stehen telefonieren oder Meetings abhalten. Stehtische helfen da nur bedingt, weil sich Stillstehen und Stillsitzen nicht grundlegend unterscheiden.

Tipps für den Weg ins Büro:

  • Benutzt die Treppe statt den Aufzug. Das hält euch ebenso fit wie zum Beispiel Radfahren oder Schwimmen.
  • Fahrt am besten mit dem Rad zur Arbeit. Wenn ihr mit dem Auto fahren müsst, parkt nicht ganz in der Nähe, sodass ihr noch ein paar Schritte zu eurem Arbeitsplatz gehen müsst. Gleiches gilt beim Busfahren: Am besten eine Haltestelle vorher aussteigen und das letzte Stück zu Fuß laufen.
  • Verabredet euch mit euren Kolleginnen und Kollegen etwa vor internen Meetings zu kleinen Bewegungspausen. Das macht Spaß und regt den Kreislauf an.
  • Im Arbeitsalltag hat es schon einen positiven Effekt, jede halbe Stunde aufzustehen und fünf Minuten herumzulaufen. Das senkt den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel, es wirkt sich positiv auf die Stimmung aus und verringert die Müdigkeit.

Gehen, Treppensteigen, Aufstehen: Warum es nicht immer das Fitness-Studio sein muss

Um möglichst lange gesund und fit zu bleiben, müsst ihr euch nicht stundenlang beim Workout im Fitness-Studio schinden. Schon kleinste körperliche Bewegungen, sogenannte Mikroaktivitäten - wie zum Beispiel einfaches Gehen, Treppensteigen oder auch nur das Aufstehen von einem Stuhl - haben einen positiven Effekt auf die Gesundheit. Entscheidend ist, dass ihr sie täglich und mehrmals macht. Für die gesundheitsfördernde Wirkung der alltäglichen Bewegungen ist ausschlaggebend, dass sie den Stoffwechsel über die Ruhesituation hinaus aktivieren. Zu diesem Ergebnis kommen australische Forscher.

Laut einer 2022 veröffentlichten Studie genügen täglich ausgeübte Mikroaktivitäten wie Treppensteigen, um länger gesund zu bleiben. Im Bild: Frau steigt eine Treppe hoch. | Bild: picture-alliance/dpa Themendienst/Robert Guenther

Einfach fit: Schon mehrmals täglich durchgeführte alltägliche Bewegungen wie Treppensteigen haben einen gesundheitsfördernden Effekt.

Für Senioren müssen es auch nicht die berühmten 10.000 Schritte am Tag sein, um gesund zu bleiben. Bei einer Studie zeigte sich, dass für die im Durchschnitt etwas über 63 Jahre alten Studienteilnehmer schon 6.000 bis 9.000 Schritte täglich ausreichten, um ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 38 Prozent zu senken. Die Wirkung der ersten 6.000 Schritte war am größten.

Experte: Täglich vier bis fünf Minuten körperliche Aktivität senken Sterblichkeit

"Wir haben herausgefunden, dass vier bis fünf Minuten körperlicher Aktivität pro Tag die Sterblichkeit und auch das Risiko an Krebs zu erkranken um 30 Prozent senken. Zudem senkt körperliche Aktivität das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen um die Hälfte. Dabei muss man nicht einmal Sport treiben, es reichen alltägliche Bewegungen."

Emmanuel Stamatakis, Professor für 'Physical Activity, Lifestyle and Population Health' am Charles Perkins Centre der University of Sydney