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Chronobiologie Seid ihr schon munter oder immer noch müde?

Jeder von tickt anders - dafür sorgt die innere Uhr. Sie lässt sich nicht verstellen, steuert lebenswichtige Vorgänge und regelt den Organismus. Die Chronobiologie beschäftigt sich mit eurer inneren Uhr.

Stand: 20.12.2022

Seid ihr eher ein Morgenmuffel oder ein Sonnenaufgangsanbeter? In Jedem von euch tickt eine innere Uhr, die genau das festlegt.

Ob ihr gerne beim ersten Sonnenstrahl aus dem Bett springt oder eure produktivste Zeit in das Feierabendtief eurer Mitmenschen fällt, könnt ihr euch nicht selbst aussuchen: Euer Chronotyp ist größtenteils genetisch festgelegt. Die meisten Menschen liegen irgendwo zwischen den zwei Extremen. Leider nimmt der Takt unseres Alltags aber selten Rücksicht auf unseren Chronotyp - mit schädlichen Folgen für eure Gesundheit.

Seid ihr eine Lerche oder eine Eule?

Diese Haubenlerche ist glockenhellwach - genau wie es die Menschen schon am frühen Morgen sind, deren Chronotyp dem einer Lerche entspricht.

Lerchen sind Morgenmenschen. Sie stehen früher auf, werden allerdings auch früher müde. Ihnen kommt der in Deutschland oft frühe Schul- und Arbeitszeitbeginn entgegen. Dafür machen sie dann am Abend früher schlapp - das sind dann die Menschen, die abends gerne früher nach Hause gehen, weil sie schon müde sind.

Menschen mit dem Chronotyp "Eule" haben am frühen Morgen eher diesen Gesichtsausdruck, wenn der Wecker sie aus ihrem Schlaf reißt.

Eulen hingegen sind oft Nachtschwärmer - man könnte auch sagen, sie kommen abends einfach nicht in die Federn, weil sie noch nicht müde sind. Das Ganze hat natürlich eine Kehrseite: Eulen sind zwar abends munter, haben aber Probleme mit dem frühmorgendlichen Aufstehen. Das hat nichts mit Faulheit zu tun, sondern mit ihrer inneren Uhr, die den Eulen sagt, dass die frühen Morgenstunden noch Schlafenszeit sind.

Tauben sind ein Chronotyp, der die allermeisten Menschen beschreibt.

Und schließlich wären da noch die Tauben. Das sind weder die Morgenanbeter noch die Nachtschwärmer, sondern die, die irgendwo dazwischen liegen - und das sind immerhin siebzig bis achtzig Prozent von euch.

Der Chronotyp ist genetisch festgelegt

Nachtschwärmende Eulentypen assoziiert man vielleicht mit Faulheit, weil sie am Morgen noch im Bett liegen (wollen), während ihre lerchenartigen Mitmenschen bereits das Tagewerk verrichten. Aber das ist nicht richtig: Auch Eulen schlafen durchschnittlich sieben bis neun Stunden Schlaf pro Tag - genau wie die Lerchen. Sie haben nur einen anderen Rhythmus. Wann ihr müde seid und schlafen möchtet, hängt von eurem Chronotyp ab.

Laut seiner inneren Uhr ist es nicht kurz vor Schulbeginn, sondern eigentlich noch mitten in der Nacht.

Dieser Chronotyp ist übrigens genetisch festgelegt. Das heißt: Grundsätzlich könnt ihr daran nichts ändern. Allerdings verschiebt er sich im Laufe eures Lebens ein wenig. Kinder sind meistens Lerchen und werden als pubertierende Teenager eher zu Eulentypen. Ältere Menschen hingegen werden öfters wieder zu Lerchen. Da Jugendliche eher Eulentypen sind, sind viele Forschende der Meinung, dass der deutsche Schulbeginn um acht Uhr besonders kontraproduktiv und leistungshemmend ist - denn für eine Eule hat Morgenstund' eben ganz bestimmt kein Gold im Mund.

Der Chronotyp in der Gesellschaft folgt einer glockenförmigen Verteilung. Soll heißen: Es gibt nur wenige extreme Lerchen und nur wenige extreme Eulen. Die allermeisten Menschen liegen irgendwie dazwischen, mit einer Tendenz zum einen oder zum anderen. Wenn ihr rausfinden wollt, wann eure idealen Schlafenszeiten sind, könnt ihr einen Selbstversuch starten.

Der soziale Takt gibt den Ton an

Mögliche gesundheitliche Folgen, wenn ihr gegen eure innere Uhr lebt:

  • Schlafstörungen
  • geschwächtes Immunsystem
  • verringerte Konzentrations- und Merkfähigkeit
  • eingeschränkte Reaktionsgeschwindigkeit
  • höheres Verletzungsrisiko
  • Adipositas
  • Diabetes Mellitus
  • Herz-/Kreislaufkrankheiten
  • Krebs
  • Alzheimer

Studien zur Chronobiologie zeigen, dass der Konflikt zwischen biologischer Uhr und gesellschaftlicher Zeit zu einer chronischen Form von sozialem Jetlag führen kann. Der Begriff "sozialer Jetlag" beschreibt die Diskrepanz zwischen eurer eigenen inneren Uhr sowie den Uhrzeiten, die euch von eurem Arbeitsplatz oder der Schule vorgegeben werden.

Schätzungen zufolge beträgt der soziale Jetlag bei siebzig Prozent aller Schüler, Studierenden und der arbeitenden Bevölkerung mindestens eine Stunde - und bei manchen sogar bis zu zwei Stunden.

Schlafmangel: Stichwort Montagsblues

Zu wenig geschlafen - oder musste hier eine Eule zu früh zur Arbeit gehen? Euer Chronotyp ist übrigens genetisch festgelegt.

Montagsblues - so wird das Stimmungstief am Wochenanfang bezeichnet, unter dem jeder sechste Deutsche leidet. Die Betroffenen sind schlecht gelaunt, lustlos und unkonzentriert. Ursache hierfür ist der veränderte Schlafrhythmus, das Rütteln an der inneren Uhr: Am Wochenende ändern viele Menschen, besonders die Eulentypen, ihre Schlafgewohnheiten. Sie bleiben nachts länger wach und liegen morgens länger in den Federn. Die Folge: Klingelt Montagmorgens der Wecker, ist der Körper immer noch im Wochenendmodus. Er hat sich an die neuen Ruhezeiten gewöhnt und fordert deswegen Schlaf zu anderen Zeiten.

Schlaf-Wach-Rhythmus: Chronobiologie

  • Die Chronobiologie untersucht die biologischen Rhythmen, denen der Mensch unterliegt. Taktgeber ist die innere Uhr.
  • Unsere innere Uhr ist genetisch bedingt. Ihre Hauptschaltzentrale sitzt im Gehirn und steuert die einzelnen Zelluhren.
  • Die innere Uhr steuert beispielsweise die Ausschüttung des Hormons Melatonin, sie steuert die Körpertemperatur, den Blutdruck, den Stoffwechsel. Sie lässt physiologische und biochemische Prozesse in Zyklen ablaufen.
  • Der wichtigste Zeitgeber ist das Licht. Über Rezeptoren auf unserer Netzhaut wird die Information über die Helligkeit an unser Gehirn weitergegeben.
  • Die innere Uhr synchronisiert sich laufend mit der Umwelt und folgt dem Sonnenaufgang.

Arbeit statt Schlaf: Warum dürft ihr nicht schlafen, wann ihr wollt?

Mit der Industrialisierung im frühen 19. Jahrhundert schossen Manufakturen und Fabriken wie Pilze aus dem Boden. Der Mensch wurde am Potential seiner Arbeitsleistung gemessen. Es zählte ausschließlich Leistung: Es gab eine Allgemeine Arbeitspflicht, ebenso eine Schulpflicht für Kinder und Jugendliche. Um 1840 hatte die Arbeitswoche in Deutschland 83 Stunden. Viel Zeit zum Schlafen blieb da nicht. Außerdem galt derjenige, der viel schlief, als faul.

Schlaf hat ein Imageproblem

Mittlerweile hat sich unsere Arbeitswoche deutlich runtergependelt - im Idealfall auf 38 Stunden. Doch der Schlaf hat nach wie vor ein Imageproblem. Unsere Leistungsgesellschaft ackert in Schichtdiensten zu jeder Tages- und Nachtzeit. Auf den Biorhythmus und die innere Uhr wird gepfiffen. Und gegen Müdigkeit gibt es Wachmacher: Kaffee, Tee und Energy Drinks. So sind 24-Stunden-Bereitschaftsdienste bei Krankenhaus-Ärzten keine Seltenheit. Es gibt Frühschichten, Spätschichten, Nachtschichten.

Bei Babys und Kleinkindern ist es erfreulich, wenn sie viel schlafen. Bei Erwachsenen wird zu viel Schlaf zu einem echten Imageproblem.

Aber auch das Freizeitverhalten läuft manchmal nicht mit dem chronobiologischen Rhythmus synchron: Mit Aufputschern kann die Nacht zum Tag gemacht werden. Um dann wieder runterzukommen und endlich zu schlafen gibt es Schlafhilfen, beispielsweise das Hormon Melatonin. All das sind Versuche, die innere Uhr auszutricksen - aber genau das ist unmöglich und tatsächlich nicht gut für die Gesundheit.

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