Wahl


10

Markus Ferber Der CS-EU-ler

Markus Ferber gehört einer seltenen Gattung an. Der CSU-Überzeugungstäter trägt auch ein EU-Gen in sich. Und ist damit Gegenpol zur oft europaskeptischen Parteilinie. Zum zweiten Mal ist Ferber jetzt Spitzenkandidat der CSU für die Europawahl.

Von: Markus Deutschenbaur

Stand: 20.05.2014 | Archiv

Ein nachdenklicher Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben und CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl 2014, Markus Ferber, 2013 auf dem Bezirksparteitag der CSU Schwaben in Mindelheim  | Bild: picture-alliance/dpa

Er wolle verhindern, dass die CSU zur „Anti-Europa-Partei“ wird, sagte Ferber schon im Europawahlkampf 2009. Jetzt scheint das dringlicher denn je. Denn CSU-Vize und Europa-Skeptiker Peter Gauweiler bedient im Auftrag von CSU-Chef Horst Seehofer aktuell die vielen EU-Nörgler in der Partei und ihrer Anhängerschar. Ferber fällt der moderative, pro-europäische Part zu - was ein wenig an das Hollywood-Klischee "guter Cop, böser Cop" erinnert.

Ein pro-europäischer Typus

Beispiel Armutszuwanderung: Mit der Debatte hatte sich die CSU Ende vergangenen Jahres zum x-ten Mal dem Verdacht der Europa-Feindlichkeit und des Rechtspopulismus ausgesetzt. Ferber jedoch verneinte jeglichen anti-europäischen Zungenschlag. Nur weil man in der Zuwanderungsdebatte einen offensichtlichen Missstand kritisiere, sei man noch lange kein Anti-Europäer. Dass der Pragmatiker auf der anderen Seite auch durchaus rabiat sein kann, zeigte er 2010 mit seiner krachenden Forderung nach Intelligenztests für Immigranten.

Bilder einer Karriere

Die Kommission auf dem Kieker

Im Wahlkampf 2014 hat der verheiratete Familienvater aus Bobingen bei Augsburg die Europäische Kommission im Visier. Nach seiner Diagnose ist sie mit 28 Kommissaren viel zu aufgeblasen, Schlagworte: Überregulierung durch Brüssel und Detailverliebtheit der Kommission. Dagegen will er kämpfen, wie er sagt. Klingt nach einer diffizilen Doppelstrategie, die Ferber im Europawahlkampf fahren muss: ein generelles "Ja" zu Europa – ein partielles "Nein" zur EU in ihrer jetzigen Gestalt.

"Wenn die Kommissare Zeit haben, sich um Olivenölkännchen oder Staubsauger zu kümmern, dann haben wir wohl ein paar zu viel davon."

Markus Ferber

Wiederholt Stress mit dem Chef

Geht es darum, die Zahl der Kommissare samt Verwaltungs-Rattenschwanz zu reduzieren, ging Ferber zuletzt auch mit Ministerpräsident Seehofer d'accord - längst kein Normalzustand. In der Hochphase der Eurokrise hatte es mehrfach richtig gekracht zwischen Ferber in seiner Rolle als Spitzenmann der CSU-Europagruppe und seinem Chef. Dem war die Linie seiner Europapolitiker einfach zu Brüssel-freundlich.

Die Kernpunkte des CSU-Wahlprogramms

  • die Forderung nach mehr Bürgernähe in der EU
  • eine deutlichere Verkleinerung der EU-Kommission
  • der vorläufige Stopp bei der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten
  • kein Beitritt der Türkei 
  • die Ablehnung von Euro-Bonds
  • Volksentscheide zu wichtigen EU-Fragen

Auf gemeinsamem Kurs? Markus Ferber überreicht Ministerpräsident Horst Seehofer ein Steuerrad.

In der jüngeren Vergangenheit hatte alles auf Harmonie hingedeutet. Auf dem Bezirksparteitag Ende 2013 in Mindelheim umgarnte Seehofer Ferber als „ungeheuer wichtig“ für die CSU. Ferber revanchierte sich und überreichte Seehofer medienwirksam ein Schiffs-Steuerrad, denn Seehofer habe die CSU nach aufwühlenden Jahren wieder in ruhigere Gewässer gelenkt.

Tempi passati also? Als der Wind noch rauher bließ, hatte Seehofer Ferber auch schon mal mit einem Taliban verglichen, nur weil dieser einen gegenüber der eigenen Partei kritischen Beitrag zur Europapolitik als Videoclip im Internet hochgeladen hatte. Aktuell soll er seinen Spitzenkandidaten wegen dessen Kritik am Auftreten von Außenminister Steinmeier (SPD) in der Ukraine-Krise (Ferber: "Außer Spesen nichts gewesen") gerüffelt haben.

Schwäbische Ellbogenmentalität

Keine Freunde fürs Leben: Georg Schmid und Markus Ferber

Gegen derlei Attacken kann sich Ferber wehren. Parteiintern wird dem Bezirksvorsitzenden der schwäbischen CSU - Werdegang: Junge Union, CSU, Stadtrat, Kreistag, Europa -, oft zugeschrieben, ein Machtmensch zu sein. Im Vorfeld des Europawahlkampfs 2009 setzte er sich gegen die von Seehofer bevorzugte Strauß-Tochter Monika Hohlmeier durch und ergatterte erstmals die EU-Spitzenkandidatur in der CSU. Schon bei der Wahl zum Schwaben-Chef 2005 hatte er in einer Kampfabstimmung den vom damaligen CSU-Chef Edmund Stoiber protegierten Innenstaatssekretär und späteren CSU-Fraktionschef Georg Schmid ausgestochen. Innige Freunde wurden die beiden Schwaben danach nicht mehr.

Immer wieder Kandidat fürs Kabinett

Im Zuge der Verwandtenaffäre im Bayerischen Landtag vergangenes Jahr wurde die schwäbische CSU unter Ferber enorm gebeutelt, Hauptdarsteller: wieder ein gewisser Georg Schmid. Schließlich mussten mit Schmid und dem Haushaltsexperten Georg Winter gleich zwei prominente CSU-Politiker ihre Posten räumen. Und die Schwaben wurden ob ihres schwindenden Einflusses in München nervös. Er werde nicht nach München umziehen, sondern auch 2014 wieder fürs Europäische Parlament kandidieren, stellte Ferber in der „Augsburger Allgemeinen“ postwendend klar.

Als potenzieller Kandidat für den bayerischen Kabinettstisch war er schon zuvor mehrfach im Gespräch gewesen. Daraus wurde bisher nichts, genauso wenig wie aus einer Landtags-Kandidatur - vielleicht ja auch wegen des langjährigen Wirkens von "Intimus" Schmid im Maximilianeum in München.

Ein politisches Talent

Ferbers Aufgabenstellung

Als Wahlziel gab Seehofer Ferber mit auf den Weg: "Ich möchte, dass wir trotz veränderter Bedingungen die Zahl unserer Abgeordneten halten." Die CSU stellt derzeit acht Abgeordnete im Europäischen Parlament. Die Gesamtzahl der deutschen Abgeordneten sinkt aber ab 2014 geringfügig.

„Einmal Europa – immer Europa“, gab Ferber dann auch schon mal fast kleinlaut zu Protokoll. Ob dieser Schwur sich in ein Lippenbekenntnis wandelt, wenn doch noch der Ruf aus München ertönt, bleibt abzuwarten. Kategorisch ausgeschlossen ist ein Umzug nämlich keinesfalls. Dem studierten Elektroingenieur haftet weiterhin das Prädikat „politisches Talent“ an.

Bis dahin bleibt Ferber „nur“ im EU-Parlament eine große Nummer. Dort gilt der 49-Jährige, der 1994 als 29-Jähriger erstmals den Sprung nach Brüssel und Straßburg schaffte, als gut vernetzter Strippenzieher. Bayern dagegen muss noch warten.

Silber für Ferber

Im Sommer vergangenen Jahres wurde Ferber mit dem „Mérite Européen“ in Silber für sein Europa-Engagement ausgezeichnet. Peter M. Schmidhuber, bayerischer Staatsminister a.D., Ex-EU-Kommissar und Vizepräsident der Fondation du Mérite Européen würdigte ihn als eine der Persönlichkeiten, „die sich aus tiefster Überzeugung seit Jahrzehnten für die Vereinigung der europäischen Völker in Freiheit, Frieden und Brüderlichkeit einsetzen". Ob es für Ferber, den CSUler mit dem EU-Gen, für sein anstehendes 20-jähriges Dienstjubiläum im EU-Parlament eine weitere Medaille gibt, ist indes nicht bekannt.


10

Kommentieren

K.H. Koch, Donnerstag, 15.Mai 2014, 23:41 Uhr

1. Kritik an Steinmeier

S. g. Hr. Ferber,
als langjähriger CSU-Wähler haben Sie sich offenbar aus populistischen Gründen disqualifiziert über die Bemühungen von Außenminister Steinmeier geäußert.
"Außer Schaum nichts gewesen" sind Ihre Äußerungen und auch Tätigkeiten im EU-Parlament gewesen.
mfg
K.H. Koch