Wahl


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Servus, Landtag Abgang der Alphatiere

Rekordverdächtige 48 der 187 Abgeordneten haben sich nicht mehr zur Wahl gestellt - darunter ein Ex-Ministerpräsident und sein Herausforderer, ehemalige Minister und eine halb vergessene "CSU-Rebellin".

Stand: 17.09.2013 | Archiv

Er hat es ernst gemeint mit seiner Verjüngungskur: Seit 2006 ist kein Minister im Kabinett von Horst Seehofer älter als 60 Jahre. Nach der Wahl schaut auch die CSU-Fraktion ausschauen, als wäre sie in einen Jungbrunnen gefallen. Gleich 30 Abgeordnete traten nicht mehr zur Wahl an - gut ein Drittel der Fraktion. Zu den Aussteigern zählten Parteiprominente wie Seehofers Vorgänger Günther Beckstein und die Ex-Minister Josef Miller und Eberhard Sinner, sowie Ex-Fraktionschef Georg Schmid, aber auch Namen, die außerhalb ihres Stimmkreises kaum jemand kennt.

Bei einigen war der Grund für ihren Rückzug offensichtlich. Der Passauer Konrad Kobler hat im Februar seinen 70. Geburtstag gefeiert, der kaum jüngere Otto Zeitler (Schwandorf) sitzt seit 1978 im Landtag. Zur Erinnerung: Damals lieferten sich Helmut Schmidt und Franz Josef Strauß legendäre Rededuelle. Einige Abgeordnete gehen in den Ruhestand - wie der Neu-Ulmer Peter Schmid und Walter Nadler aus Bayreuth. Eduard Nöth aus Forchheim stolperte über die Beschäftigungsaffäre.

Georg Schmid, der wegen der Beschäftigung seiner Ehefrau als Fraktionschef der CSU zurücktreten musste, verzichtete im Nachgang auch auf eine erneute Kandidatur für den Landtag. Raus aus dem Spiel ist nach dem 15. September auch Fraktionschefin Christa Stewens. Die Ex-Sozialministerin - 2006 das populärste Opfer von Seehofers U60-Politik - hatte zuletzt als Nachfolgerin Georg Schmids in ihrer Fraktion die Bereinigung der Verwandschaftsaffäre vorangetrieben.

SPD: Maget geht und acht Genossen gehen mit

Unter den 18 übrigen Aussteigern stellt die SPD mit neun Abgeordneten das größte Kontingent und die bekanntesten Gesichter. Zusammen mit dem früheren Spitzenkandidaten Franz Maget gingen noch zwei weitere Münchner - Adelheid Rupp und Ludwig Wörner, der "Mann mit dem Schnurrbart". Als letzter Arbeiter im Parlament fuhr der gelernte Busfahrer 2008 hinter Maget das zweitbeste SPD-Ergebnis ein.

Nicht mehr dabei ist auch der Wirtschaftsexperte Thomas Beyer. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Der 49-Jährige ist nicht SPD-Bürgermeister der Hansestadt Wismar geworden - das ist sein Namensvetter. Der Bayer Beyer wird Professor in Nürnberg, und Professoren an staatlichen Hochschulen dürfen laut Abgeordnetengesetz nicht im Landtag sitzen.

6 aus 48: Sie sind nicht mehr im Spiel

G. Beckstein

Seit fast vierzig Jahren sitzt Günther Beckstein im Landtag. Nun zieht sich der ehemalige bayerische Ministerpräsident zurück. Im Herbst tritt er nicht mehr bei der Landtagswahl an.

C. Stewens

19 Jahre im Landtag, von 2001 bis 2008 Ministerin - und seit dem 26. April 2013 Vorsitzende der Landtagsfraktion. Christa Stewens ließ sich zum Abschluss ihrer Karriere im Landtag noch einmal in die Pflicht nehmen, als die CSU einen Nachfolger für Georg Schmid brauchte.

F. Maget

Auch für Franz Maget heißt es Abschiednehmen. "Die Entscheidung war nicht ganz einfach", kommentiert Franz Maget seinen Rückzug. Er habe sich dafür entschieden, zum richtigen Zeitpunkt aufzuhören. Maget ist der einzige bayerische Sozialdemokrat, der 2008 direkt in den Landtag gewählt wurde. Bereits 1990 konnte er ein Direktmandat erobern. Jetzt schreibt der 59-Jährige ein Buch über seine zwei schwierigen Jahrzehnte im Führungsteam der Bayern-SPD.

C. Stahl

1998 zog sie zum ersten Mal ins Parlament ein - die grüne Fränkin (oder fränkische Grüne) wollte die Belange ihrer Heimat im Maximilianeum vertreten. Zwei Jahre lang führte Christine Stahl die Fraktion, jetzt ist sie Vizepräsidentin des Landtags. Zu ihrem Abgang sagt die 55-Jährige: "Eine weitere Legislatur würde dazu führen, daß ich hier im Großraum Nürnberg eine ganze Generation aussitze, denn bei den kleineren Parteien gibt es natürlich nicht so viel Sitze zu holen. Zwar gibt es das Rotationsprinzip nicht mehr, doch es hat etwas für sich, einer Kollegin mit einer neuen Sicht auf die Dinge den Weg zu öffnen."

G. Pauli

Dreimal wurde sie als CSU-Kandidatin zur Fürther Landrätin gewählt. Ende 2006 machte Gabriele Pauli Schlagzeilen, als sie sich offen gegen CSU-Chef und Ministerpräsident Stoiber auflehnte. Pauli verließ die CSU, schloss sich den Freien Wählern an und zog ins Parlament ein. Ihr Versuch, mit einer eigenen Partei zu reüssieren scheiterte. Zuletzt war Pauli fraktionslose Abgeordnete.

M. Sackmann

23 Jahre lang vertrat Markus Sackmann den Wahlkreis Cham im Parlament, nun zieht er sich zurück. Dabei galt der 52-Jährige als Anwärter auf einen Ministerposten - bis er im vergangenen Jahr an Krebs erkrankte."Die Gesundheit geht vor", begründete der Staatssekretär im Sozialministerium seinen Entschluss.

Grüne: Vier Frauen und ein OB-Kandidat

Bei den Grünen verabschiedeten sich mit Christine Stahl, Renate Ackermann, Simone Tolle und Maria Scharfenberg vier Frauen, die alle noch weit diesseits des Rentenalters stehen. Reiner Erben, der seit dem 15. Mai für den verstorbenen Adi Sprinkart im Landtag sitzt, zieht für seine Partei in den für manche Überraschung guten Augsburger OB-Wahlkampf.

FDP: Eine Mitgliedschaft mit Verfallsdatum

Auch wenn es die FDP wieder in den Landtag geschafft hätte: Die drei Abgeordneten Annette Bulfon, Brigitte Meyer und Thomas Dechant sind in der aktuellen Legislaturperiode auch so nicht mehr mit von der Partie. Eher unüblich war Dechants Ankündigung, er wolle zum 30. September auch die Partei verlassen. Vor ihm haben schon zwei andere Abgeordnete der Landtagsfraktion den Rücken gekehrt.

Freie Wähler in alter Besetzung - eine Ex-Rebellin auf Stand By

Ex-FDP-Mann Otto Bertermann stand jetzt auf der Liste der Freien Wähler. Die wiederum gaben bekannt, ohne personelle Verluste wieder anzutreten - was insofern stimmte, als Gabriele Paulis Intermezzo bei den Freien Wählern längst wieder beendet ist. Die fraktionslose Ex-CSU-, Ex-FW- und Ex-FU-Politikerin schied aus dem Landtag aus.


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