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ARD Radio Tatort Krimi im Funkhaus

16 Radio Tatorte sind in den letzten 10 Jahren im Hörspielstudio im Studiobau des BR entstanden. Innerhalb von zwei Wochen wird dort aus einem Stapel Papier ein einstündiges Krimi-Hörspiel. Ein Blick hinter die Kulissen bei der Produktion des aktuellen Falles, der erstmals am 10. Oktober auf Bayern 2 gesendet wird und in der gleichen Woche auch auf den Krimisendeplätzen der anderen ARD-Anstalten läuft.

Von: Stefanie Ramb, Hörspiel/Dokumentation/Medienkunst

Stand: 02.10.2018

Wowo Habdank - Schauspieler im ARD-Radio-Tatort | Bild: BR/Stefanie Ramb

"Ois in Ordnung. An'd Hauptuntersuchung denkens', gell?" Rudi Egger und Senta Pollinger sind auf Streife in Bruck am Inn unterwegs. Kurz nachdem die Autofahrerin, die gerade von ihnen kontrolliert worden war, weitergefahren ist, rauscht ein Moped vorbei. Und damit nimmt ein Krimi um Diebstahl, verworrene Machenschaften im Baugewerbe und eine Reise in ein italienisches Erdbebengebiet ihren Anfang.

Polizeiinspektion in Bruck am Inn

Rudi und Senta sind seit 2008 ein Team bei der Polizeiinspektion der fiktiven bayerischen Kleinstadt Bruck am Inn, und obwohl sich ihre Suche nach Kleinkriminellen, Heiratsschwindlern und Geldhinterziehern bis ins Gebirge, nach Italien und tief in den Forst von Bruck erstreckt, bleiben sie dabei doch immer auf den gleichen circa 200 Quadratmetern beziehungsweise (für akustische Belange viel relevanter als die reine Fläche) 1200 Kubikmetern: dem Hörspielstudio im Studiobau des BR-Funkhauses.

10 Tage Zeit

Am ersten Tag der zweiwöchigen Produktionszeit treffen sich die vier Mitglieder des Tatort-Produktionsteams im Studio: Tontechnikerin, Toningenieur, der Regisseur Ulrich Lampen und ich als Assistentin.

Intensive Arbeit

Wir wissen, dass die nächsten zwei Wochen anstrengend werden. Knappe vier Tage lang werden sich Schauspieler die Klinke der Studiotür in die Hand geben, danach haben wir noch sechs Tage Zeit, um aus 33 trocken aufgenommenen Szenen einen lebendigen Krimi zu machen.

Starke Figuren

Brigitte Hobmeier, Michael A. Grimm, Florian Karlheim und Sebastian Edtbauer (v.l.) bei der Arbeit

Bis wir das fertige Manuskript im Studio zum Leben erwecken, haben Autor Robert Hültner, Dramaturgin Katarina Agathos, Regisseur Ulrich Lampen und Komponist zeitblom (Anm. der Redaktion: Künstlername von Georg Zeitblom) bereits einige Monate Arbeit hinter sich. Da der bayerische Radio Tatort ähnlich einer Serie konzipiert ist, ist ein Teil des Personals in jeder Folge gleich. Manche Schauspieler sind schon seit Anfang an dabei, Brigitte Hobmeier als die forsche Polizistin Senta Pollinger und Florian Karlheim als ihr zurückhaltender Kollege Rudi Egger beispielsweise. Beide haben im Lauf der 16 Radio Tatorte einige Höhenflüge und Krisen durchgemacht, sie ergänzen sich in ihrer manchmal nicht ganz konventionellen Ermittlungstaktik und sind einfach super Typen, mit denen man lachen und traurig sein kann.

Abbild des bayerischen Lebens

Auch die Schauspieler Martin Umbach (links) und Michael A. Grimm gehören zum Ensemble des Radio Tatorts.

Bei der Entwicklung eines neuen Tatorts geht es nicht darum, einen möglichst kriminellen Fall zu erfinden, sondern mehr um das Abbilden gesellschaftlicher Zustände in der bayerischen Provinz. In Bruck am Inn gibt es wie in jedem bayrischen Städtchen Klatsch am Kiosk, Sandler im Wald, lustige Vögel auf der Straße und intrigante Betrüger im Industriegebiet. Sie alle stehen für bayerisches Leben mit seinen abgründigen und humorvollen Seiten.

Bekannte Gesichter und Stimmen

Wir besetzen so gut wie alle Rollen mit professionellen Schauspielern, die in München und Umgebung ansässig sind und hier an den Theatern oder als freie Künstler ihren Beruf ausüben. Sie kennen sich untereinander, treffen sich aber im Alltag nicht ständig, und deswegen gibt es im Hörspielstudio regelmäßig ein großes Hallo. Radio Tatort produzieren ist ein bisschen wie ein Klassentreffen. Diese entspannte Stimmung tut der Produktion gut, denn schließlich wollen wir ein unterhaltsames Stück produzieren.

Die stolze Hörerin Frau Arzt (Mitte) mit den Schauspielern Florian Karlheim und Brigitte Hobmeier

Bei dieser Tatort-Produktion haben wir einen besonderen Gast: Bei einem Gewinnspiel hat Frau Arzt eine kleine Sprechrolle und einen Tag im Studio gewonnen. Nach den Aufnahmen führe ich sie durch die Studioräume und beantworte ihre Fragen zu akustischen Möglichkeiten, dem Sinn und Zwecke der vielen Stühle, Tische, Waschbecken, Treppen und kleinen Requisiten wie Bandsalat (Laubrascheln) oder die Kieskiste, die im Studio zu finden ist. Dass 10 Tage Produktionszeit gerade so ausreichen um 53 Sendeminuten Krimi zu produzieren, erstaunt sie erst sehr. Aus der Frage "Was macht ihr denn mit der ganzen Zeit?" wird nach kurzer Erklärung ein "Jetzt ist mir um einiges klarer, was mit meinen Rundfunkgebühren passiert." Ich würde sagen: Diesen Auftrag haben wir erfüllt.

Chor gesucht!

Der BR-Mitarbeiter-Chor von Bruck am Inn in Aktion im Hörspiel-Studio

Frau Arzt sollte nicht der einzige Gast im Studio bleiben: In der neuen Tatort-Folge muss Polizist Rudi Egger nach Italien und wie es sich für eine ordentliche Dorfgemeinschaft gehört, werden er und sein Team gebührend verabschiedet. Da darf auch das Ständchen des Chors von Bruck am Inn nicht fehlen. Wir sind zu viert im Radio Tatort-Produktionsteam und ergäben einen ziemlich dürftigen Chor, und so suchen wir in der Hörspiel-Redaktion sowie in der BR-Mitarbeiterschaft nach singwilligen Chormitglieder.

"Liedertafel Bruck am Inn"

Unsere Tontechnikerin Daniela Röder ist glücklicherweise selbst Chorsängerin und wird kurzerhand zur Leiterin der "Liedertafel Bruck am Inn" auserkoren. Am Ende der ersten Produktionswoche heißen wir zwanzig BR-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Hörspielstudio willkommen und sind begeistert davon, welch tolles musikalisches Ergebnis nach einer halben Stunde unsere Materialsammlung bereichert.

Szenen zum Leben erwecken

Im Lauf der Jahre hat sich auf der Tatort-Festplatte ein großes Archiv an von uns selbst produzierten Geräuschen und Atmo-Bausteinen angesammelt – so können wir bei Locations, die in jedem Tatort eine Rolle spielen (zum Beispiel die Inspektion oder der Marktplatz von Bruck am Inn) auf vorgebaute Räume zurückgreifen. Die aufgenommenen Stimmen werden mit Geräusch- und Musikspuren unterlegt und dadurch in eine Szenerie eingebettet.

Toningenieur Winfried Messmer nimmt das Tankgeräusch kurzerhand an der BR-Tankstelle auf.

Viele Situationen müssen aber auch neu gestaltet werden. Eine Szene der aktuellen Tatort-Folge ist an einer Tankstelle verortet. Auf den Spuren der ProTools-Session liegen neben den geschnittenen Sprachaufnahmen Archivfiles mit vorbeifahrenden Autos und laufenden Motoren. Ein entscheidendes Geräusch fehlt aber noch: der Zapfhahn. Es soll gurgeln und klackern, und da wir nach dem Motto "wir machen selbst, was mit geringem Aufwand herzustellen ist" arbeiten, beschließen wir, "schnell" das Geräusch an der BR-Tankstelle aufzunehmen.

Sendungstipp

Wer sich vom hervorragenden Klang der BR-Tankstelle und den Gesangskünsten unseres spontanen Chors selbst überzeugen will: Am 10. Oktober, um 21.00 Uhr, wird auf Bayern 2 der aktuelle Radio Tatort "Rudi muss raus" das erste Mal im BR gesendet.
Das Hörspiel ist natürlich auch im BR-Hörspielpool abrufbar.


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