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IZI Tagung 2018 Gemeinsam gegen Hass und "autoritäre Versuchungen"

In Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung sind auch Kinder und Jugendliche mit Extremismus und Rassismus konfrontiert. Ihnen fehlen jedoch oftmals das Wissen und die Kompetenz, um Vorurteile, rassistische Stereotype und extremistische Inhalte zu hinterfragen. Andererseits können Angebote der Medien aber der Abwertung von Menschen entgegenwirken und Toleranz befördern. Auf der Tagung des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) am 28. November 2018 diskutierten MedienmacherInnen und PädagogInnen Chancen und Problembereiche.

Von: Dr. Maya Götz und Heike vom Orde

Stand: 03.12.2018

Plakat zur Jahrestagung des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen 2018 | Bild: IZI

Warum sind Hass, Rassismus und Extremismus gerade jetzt so gesellschaftlich relevante Themen?

Studien weisen seit Jahren negative Vorurteile und Abwertungen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft auf einem hohen Niveau nach. WissenschaftlerInnen sprechen von einem Phänomen der "Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit", denn es handelt sich bei rassistischen, existischen, homophoben, antisemitischen und anderen Vorurteilen um verschiedene Facetten einer zugrundeliegenden "Ideologie der Ungleichwertigkeit".

Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer bezeichnet die letzten 20 Jahre als "entsicherte Jahrzehnte", in denen sich Kontrollverlustängste in kollektiven Schuldzuweisungen gegen Minderheiten entladen. In Zeiten extremer Polarisierung (wie sie etwa im Diskurs über Geflüchtete virulent wird) und "autoritärer Versuchungen" ist das eine gefährliche Ausgangslage, der sich MedienmacherInnen (verantwortungs-)bewusst stellen müssen.

Alltagsrassismus findet auch massenmedial vermittelt statt

Moderator der IZI-Tagung ist Tobias Krell alias "Checker Tobi"

Dr. Claudia Riesmeyer (LMU München) erläuterte in ihrer Präsentation die Mechanismen der Stereotypisierung in den Massenmedien, die wiederum die Selbst- und Fremdwahrnehmung der ZuschauerInnen prägt. Besonders in den fiktionalen Medien beziehen sich Stereotype oftmals auf die äußere Erscheinung, Charaktereigenschaften und Berufs- und Rollenbilder. Diese Pauschalisierungen bedienen Klischees und können zu Vorurteilen führen. Dabei können die Medien auch als Ort der Erklärung und Einordnung dienen, insbesondere dann, wenn sie negativen Stereotypen positive und diverse Bilder entgegensetzen.

Ist das auch ein Thema in Bezug auf Kinder und Jugendliche?

Aus der Forschung ist bekannt, dass die Grundlagen unseres Weltbilds in der Grundschulzeit gelegt werden. Vorurteile, die bis zum Ende der mittleren Kindheit erworben wurden, bleiben häufig konstant und werden unter ungünstigen Bedingungen danach weiter ausgebaut. Kontakt zu anderen Gruppen ist dabei der zentrale Schlüssel für ein offenes Weltbild.  Dieser kann in der direkten Begegnung oder auch über Medien vermittelt stattfinden. Eine aktuelle, auf der Veranstaltung präsentierte Studie des IZI konnte zeigen, dass gerade im Bereich des Wissens über Minderheiten und Religionen viele Kinder zwar Begriffe kennen, diese aber nicht mit Inhalten füllen können. Ähnlich sieht es mit ihren Kenntnissen über den Zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus aus. Damit sind sie potenziell vulnerabel für unangemessene und nicht prosoziale Deutungen.

Vortrag von Prof. Carsten Reinemann (LMU München)

Wie Prof. Carsten Reinemann (LMU München) in seinem Vortrag ausführte, laufen Jugendliche besonders in den sozialen Medien Gefahr mit extremistischen Botschaften, die oftmals als solche nur schwer zu dechiffrieren sind und die zur Manipulation und Rekrutierung dienen sollen, konfrontiert zu werden. Aktuelle Jugendmedienstudien belegen, dass die Jugendlichen sich hier oftmals allein gelassen fühlen, weil sie sich nicht als medienkompetent genug empfinden.

Was können Medienverantwortliche gegen Hass und Vorurteile tun?

Medien können gezielt genutzt werden, um Vorurteile aufzubrechen, indem durch Geschichten medial vermittelter Kontakt zu stigmatisierten Gruppen hergestellt wird. Insbesondere Kindern muss Grundwissen über Minderheiten vermittelt werden, damit sie manipulativen extremistischen Botschaften Fakten und positive Bilder entgegensetzen können. Die auf der Veranstaltung vorgestellten Sendungen " Checker Tobi: Der Judentum-Check" (BR) oder "RESPEKT“ (ARD-alpha) sind hier nachweislich besonders wertvoll, da sie sowohl Hintergrundwissen als auch auf unterhaltsame Weise Empathie und Toleranz vermitteln.

Schlussrunde der IZI-Tagung

Generell ist Medienkompetenz, also die Fähigkeit kritisch und souverän mit Medien umzugehen, eine essentielle Voraussetzung dafür, dass Hassbotschaften bei Heranwachsenden keine Chance haben. Beispielhaft für eine gelungene medienpädagogische Prävention ist hier die neue, vom IZI mitentwickelte und wissenschaftlich evaluierte Medieneinheit "Extremismus im Netz erkennen“ von "so geht Medien“ zu nennen, die auf der Tagung präsentiert wurde. Sie befähigt Jugendliche, extremistische Strategien in sozialen Netzwerken zu erkennen und einzuordnen. Die Förderung von Medienkompetenz ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, der sich öffentlich-rechtliche MedienmacherInnen stellen müssen.


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