Widerstandsaktion vor 80 Jahren Gedenktafel in Ismaning eingeweiht
Kurz vor Kriegsende, in der Nacht vom 27. auf den 28. April 1945, rief die "Freiheitsaktion Bayern" (FAB) Bürgerinnen und Bürger zum Widerstand auf. Über die Sendeanlagen Freimann und Ismaning verkündete sie den Sturz des NS-Staates und forderte die Bevölkerung zum Aufstand auf. Anlässlich des 80. Jahrestages der Aktion hat der Bayerische Rundfunk am 28. April 2025 eine Gedenktafel auf dem Sendegelände Ismaning eingeweiht, um die historische Bedeutung des Ortes zu würdigen.

An der Einweihungsfeier nahmen unter anderem die dritte Bürgermeisterin, Luise Stangl als Vertreterin der Gemeinde Ismaning, sowie Susanne Schweitzer, Vorsitzende des "Ismaning bleibt bunt" e.V. teil.
Darüber hinaus begrüßte die Intendantin Dr. Katja Wildermuth weitere Mitglieder des Bayerischen Rundfunks und des Rundfunkrates sowie Nachfahren der Opfer des Widerstandes aus Altötting und Burghausen.
Nach der Begrüßung durch BR-Intendantin Dr. Katja Wildermuth und die Dritte Bürgermeisterin von Ismaning Luise Stangl wurde die Gedenktafel durch Prof. Dr. Dr. Birgit Spanner-Ulmer (Produktions- und Technikdirektorin des BR) sowie Andreas Bönte (stellv. Programmdirektor Kultur des BR) enthüllt.
"Achtung, Achtung! Sie hören den Sender der Freiheits-Aktion Bayern."
Folgender Text ist auf der Erinnerungstafel in Ismaning zu lesen: "Diese Tafel erinnert an die Freiheitsaktion Bayern (FAB). Die Widerstandsgruppe FAB rief am 28. April 1945 vom Sender Ismaning aus zum Widerstand gegen das NS-Regime auf. Den Kern der Bewegung bildeten 440 Soldaten aus verschiedenen militärischen Einheiten. Die FAB wollte mit einer Übergangsregierung und einem Waffenstillstand Bayern kampflos an die Alliierten übergeben. Ihrem Aufruf im Radio folgten etwa 1.000 Menschen in rund 80 unabhängigen Widerstandsaktionen im südbayerischen Raum. Diese reichten vom Hissen weißer Fahlen bis hin zur Verhaftung von NS-Funktionären. Durch eskalierte Auseinandersetzungen und Vergeltungsmaßnahmen fanden 58 Menschen den Tod."
Anschließend ordnete die Historikerin Dr. Veronika Diem den Verlauf und die Ziele des Aufstands in einem kurzen Interview mit Andreas Bönte ein. Im Gespräch wurde die Bedeutung und Relevanz der Freiheitsaktion Bayern für die Gegenwart deutlich.
"Unsere Gedenktafel wird fortan täglich und beharrlich an die Freiheitsaktion Bayern und die hunderten mutigen Menschen erinnern, die ihrem Aufruf folgten. Sie ist zugleich ein mahnendes Zeichen und eine Aufforderung an uns alle, sich stets bewusst zu machen, welche Strahlkraft und welches Potential in unseren Rundfunksendern steckt – und wie wichtig es mehr denn je ist, dass wir uns auch künftig stark machen für Freiheit, für Menschenwürde und für unsere Demokratie."
Dr. Katja Wildermuth, Intendantin des BR
Der Verein "Ismaning bleibt bunt", der sich für Vielfalt, Demokratie und Toleranz einsetzt, hatte den Anstoß für die Gedenktafel gegeben. Daraufhin hatte Andreas Bönte, dem die Bedeutung der Geschehnisse in der NS-Zeit für die gesamte Sendergeschichte bereits bekannt war, die Einweihung einer Gedenktafel vor Ort stark befürwortet. Warum Erinnerungskultur in dieser Form bedeutsam ist und welches Zeichen die damalige Aktion noch heute setzt, hat Andreas Bönte im Folgenden kurz erläutert:
Was ist 1945, vor genau 80 Jahren, bei der Freiheitsaktion Bayern auf dem Sendegelände in Ismaning passiert?
Andreas Bönte: Von der Sendeanlange in Ismaning rief die "Freiheitsaktion Bayern" in der Nacht vom 27. auf den 28. April 1945 die Bevölkerung zum Widerstand gegen das NS-Regime auf. Ziel war es, durch einen Waffenstillstand mit den Alliierten weiteres Blutvergießen und die sinnlose Zerstörung der bayerischen Heimat zu verhindern. Dem Aufruf und Aufstandsversuch, dem es allerdings nicht gelang, die NS-Machthaber abzusetzen, folgten rund 79 Gruppen mit insgesamt etwa 990 Personen im Rahmen unterschiedlicher Aktionen im gesamten südbayerischen Raum. Dabei verloren 58 Menschen ihr Leben.
Warum gedenken wir den Widerständlern der Freiheitsaktion Bayern jetzt?
Der Ismaninger Verein "Ismaning ist bunt e.V." ist proaktiv auf den BR zugekommen und da ist es uns natürlich wichtig, die eigene Geschichte zu reflektieren und aktiv aufzuarbeiten.
Aber auch davor hat schon eine intensive Beschäftigung mit der Sendergeschichte stattgefunden. Die Erinnerung daran gab es zum Beispiel bereits in Form eines kleinen "Sendermuseums" mit historischen Fotografien und einer Nachstellung des damaligen Sendeturms am Standort Ismaning. Mit dieser neuen Gedenktafel halten wir die Erinnerung an die mutigen Widerständler der "Freiheitsaktion Bayern" dauerhaft fest –als sichtbaren Hinweis auf eben diese Historie, die in Zeiten wie unseren immer wichtiger wird.
Andreas Selle (Leiter der Abteilung Verbreitungstechnologien) gibt eine Führung durch die Museumsräume in Ismaning.
Die Tafel dient uns allen aber auch als Mahnmal unserer eigenen Sendergeschichte. Denn kurz nach der Machtergreifung, im März 1933,wurde die ehemals "Bayerischer Rundfunk GmbH" durch Joseph Göbbels als Propagandainstrument der Nationalsozialisten missbraucht. Es folgte die Gleichschaltung als „Reichssender München“ und der deutsche Rundfunk verlor somit seine Unabhängigkeit. Aufgrund dieser verheerenden Ereignisse wurde nach der NS-Zeit überhaupt der „Öffentlich-rechtliche Rundfunk“ gegründet, frei von staatlichem Einfluss. Wir sind also ein unverzichtbarer Teil der Demokratie und müssen an diese Zeit – eine Zeit der Unfreiheit – immer wieder aktiv erinnern.
Herr Bönte, Sie verabschieden sich sehr bald vom BR, wie kaum ein Zweiter standen Sie für das Thema Erinnerungskultur ein. Wie geht es damit im BR weiter?
Andreas Bönte (Stellv. Kulturdirektor, BR) und Anorte Linsmayer (Leitung Hauptabteilung Entwicklung und Public Value).
Das Thema geht natürlich nicht verloren, sondern wird auf viele engagierte Köpfe verteilt – unter anderem wird Anorte Linsmayer, Leitung der Hauptabteilung Entwicklung & Public Value, die jährliche Sendung "Gespräche gegen das Vergessen", die wir mit unserem Kooperationspartner, dem Münchner Volkstheater, und vielen engagierten Schulen aus München und Umgebung schon seit vielen Jahren umsetzen, übernehmen. Die nächste Veranstaltung findet am 29. Januar 2026 statt. Außerdem wird sich zukünftig eine Arbeitsgruppe im BR damit beschäftigen, wie das Thema "Erinnerungsarbeit" in den verschiedenen Ausspielwegen des BR umgesetzt werden kann.
Weitere Informationen über die Widerstandsgruppe "Freiheitsaktion Bayern" finden Sie online auf der Internetseite #BR24Zeitreise: Die Freiheitsaktion Bayern | BR24. Die entsprechende Seite wird auch über einen QR-Code direkt an der Gedenktafel abrufbar sein.