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Stiftung Zuhören-Projekt Ohren auf für unsere Kinder!

Die Corona-Pandemie ist Neuland für uns alle. Sie bringt viele phasenweise an ihre Grenzen. Was macht diese Dauer-Ausnahme-Zeit mit unseren Kindern und Jugendlichen? Welche Möglichkeiten haben sie überhaupt, mit dieser speziellen Situation umzugehen, auch Stress und Ängste der Eltern zu verarbeiten? Das will das Projekt "Offene Ohren" der Stiftung Zuhören klären. Dabei geht es vor allem darum, die Bedürfnisse der Kinder zu ergründen. Geschäftsführerin Birgit Echtler erläutert das Projekt.

Von: Theresa Vey, Medienkompetenzprojekte

Stand: 15.07.2020 | Archiv

lachendes Kind mit Kopfhörer | Bild: Stiftung Zuhören/privat

Theresa Vey (Medienkompetenzprojekte): Frau Echtler, wie ist die Idee zur Gesprächsreihe entstanden? 

Birgit Echtler: Wir waren überzeugt, dass die Pandemie etwas mit Kindern und Jugendlichen macht, was sich einschneidend auf ihre Entwicklung auswirken kann. Gerade auf Kinder, die es aus verschiedenen Gründen sowieso schon nicht ganz leicht im Leben haben. Als Stiftung leisten wir einen Beitrag, um hier Benachteiligungen entgegenzuwirken, wie beispielsweise mit dem Programm "Lilo Lausch – Zuhören verbindet!", das sprachliche Kompetenzen und interkulturelles Lernen stärkt. Auch wir befanden uns ab Mitte März aber in der misslichen Lage, dass nicht absehbar war, wann wir unsere Hauptzielgruppen, Kitas und Schulen, mit unseren Angeboten wieder erreichen würden. Also haben wir einen Weg gesucht, mit ihnen in Verbindung zu bleiben, was uns durch die Interviewreihe gelungen ist.

Jetzt sind die Lockerungen ja weitestgehend in Kraft. Warum lohnt es sich trotzdem, die Interviews anzuhören?

Birgit Echtler, Geschäftsführerin Stiftung Zuhören

Wir wollen Kindern und Familien Gehör verschaffen. Die Bedürfnisse von Kindern spielten in der öffentlichen Diskussion lange kaum eine Rolle. Was macht es mit Kindern, wenn sich ihr Alltag von einem auf den anderen Tag radikal verändert, wenn Betreuungsstrukturen wegbrechen und Familien auf sich alleine gestellt sind? Wenn Kinder mit Ängsten der Erwachsenen sowie einer ganzen Gesellschaft konfrontiert sind? Die Informationen hierzu sowie die Hinweise darauf, womit zu rechnen ist und wie man Kinder unterstützen kann – im pädagogischen Kontext aber auch ganz allgemein - bleiben aktuell.

Wie sind Sie auf die Gesprächspartnerinnen und -partner aufmerksam geworden?

Viele kennen wir aus unserer Arbeit. Wir haben die Reihe zudem dazu genutzt, mit Menschen in Kontakt zu treten, deren Expertise wir schon lange in unsere Projekte einfließen lassen wollten. Uns war es wichtig, die Krise von verschiedenen Blickwinkeln einordnen und bewerten zu lassen. Ganz besonders freut uns, dass wir auch mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch gekommen sind und sie selbst zu Wort kommen.

Wie haben Sie die Interviews mit den Kindern und Jugendlichen empfunden?  

Alle betonen, wie wichtig das Zuhören sei und auch in der Zeit nach dem Lockdown sein werde. Man müsse den Kindern nun Sicherheit und eine Perspektive geben. Für die Stiftung Zuhören ist das Zuhören immer wichtig! Es steht an erster Stelle einer guten Kommunikation und eines guten Miteinanders, es bedeutet, dass wir uns einander zuwenden.

Ich war sehr beeindruckt, wie gerade die Kinder und Jugendlichen ihre Situation im Lockdown reflektieren. Sie können nicht nur ihre eigenen Bedürfnisse sehr gut benennen, sondern sind sich auch sehr klar darüber, was ihre Mitmenschen empfinden und brauchen.

"Uns war es sehr früh sehr wichtig - also zu einem Zeitpunkt, als alle noch über das Oktoberfest oder die Bundesliga diskutierten - genau hinzuschauen, was der Shut-Down mit Kindern und Jugendlichen macht.
Ich empfand es als große Herausforderung, per Video-Interview genug Nähe herzustellen, damit meine Expert*innen aus sich herauskommen. Es waren richtig gute Gespräche - wer hätte denn gedacht, dass Kinder angeben, dass ihnen die Geräusche aus der Schule fehlen?"

Projekt-Initiatorin Claudia Stamm, Stiftung Zuhören

Inwieweit wird das Projekt "Offene Ohren" weitergeführt?

Nach den ersten Gesprächen haben wir eine Broschüre mit Praxistipps für Kitas und Schulen zusammengestellt (www.zuhoeren.de). Diese unterstützen Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher dabei, wieder gut in Kontakt mit den Kindern zu kommen und sich als Gemeinschaft zusammenzufinden. Da wir nicht wissen, ob und wie lange die Corona-Krise andauert, und was noch auf uns zukommt, möchten wir die Gespräche gerne fortführen und vertiefen.

Ihr Highlight? 

Ganz klar: die drei Interviews mit den Kindern und Jugendlichen. Die Aufgabe der Stiftung ist es, Menschen fürs Zuhören zu begeistern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Kitas und Schulen. Dabei ist unser Ansatz "Hören lernen" durchs "Hören machen". Das bedeutet im Kern: Hörspiele anzuhören, zu kreativen Anschlusshandlungen anzuregen und dazu zu befähigen, selbst kleine Hörgeschichten zu produzieren. Jeder direkte Austausch mit Kindern und Jugendlichen liefert uns neue Ideen für unsere Projekte.

Stiftung Zuhören

Zuhören kann als Basiskompetenz von uns allen erlernt werden und sollte allen Kindern im gesamtpädagogischen Zusammenhang zur Verfügung stehen, damit sie ihre Entwicklungs- und Bildungschancen bestmöglich entfalten können. Seit 2002 hält die Stiftung Zuhören eine Vielzahl von medienpädagogischen Angeboten und medienpraktischen Projekten zur Zuhör- und Medienbildung vor, wie beispielsweise die Hörclubs. Bundesweit werden über die Angebote der Stiftung jährlich über 60.000 Kinder und ihre Betreuerinnen und Betreuer direkt erreicht. Neben dem Material zur Zuhör- und Medienbildung sowie dem Fortbildungsangebot setzt die Stiftung Zuhören Impulse für die wissenschaftliche Zuhörforschung, informiert regelmäßig über qualitativ hochwertige Hörspiele und öffentliche Hörspielangebote und bietet eine Plattform für Diskussion und Austausch.

Hinter der gemeinnützigen, operativ tätigen Stiftung stehen ARD- und Landesmedienanstalten sowie Sennheiser. Sie fördert in allen Bereichen der Gesellschaft aktiv die Freude am Zuhören, den respektvollen Umgang miteinander sowie den selbstbestimmten und kompetenten Umgang mit Medien und Kommunikationstechnologien. Ihre Projekte befähigen Kinder, Jugendliche und Erwachsene zur Dialogfähigkeit und gesellschaftspolitischen Einflussnahme und Teilhabe. Die Stiftung finanziert ihre Projekte aus Erlösen und Drittmittelzuwendungen externer Partner, vor allem Spenden. Die Stifterhäuser sind nicht an der Finanzierung der Projekte beteiligt.


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