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Kolumne Gute Gründe für den Rundfunkbeitrag

ARD-Generalsekretärin Dr. Susanne Pfab gibt in einer neuen Kolumne Antworten auf Fragen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zum Auftakt geht es um die Frage, warum es einen solidarischen Rundfunkbeitrag in unserer Gesellschaft gibt.

Von: Dr. Susanne Pfab, ARD-Generalsekretärin

Stand: 05.03.2018

Dr. Susanne Pfab, ARD-Generalsekretärin | Bild: Thorsten Eichhorst

Weil nur durch den Beitrag von jedem ein Gut für alle entstehen kann. Es ist ein Grundprinzip unserer Gemeinschaft: Überall dort, wo es die Kraft und die Ressourcen des Einzelnen übersteigt, wichtige Grundlagen des eigenen und des gemeinschaftlichen Wohlergehens alleine zu organisieren, sorgen wir gemeinsam für verlässliche Strukturen. Dies gilt für Bibliotheken, Schwimmbäder, Kitas, aber auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dazu da ist, sicherzustellen, dass alle Menschen freien Zugang zu Angeboten aus Information, Bildung, Wissen, Unterhaltung und Kultur haben - auch die Menschen, die sich eine finanzielle Beteiligung nicht leisten können und daher vom Beitrag befreit sind.

Dass wir nicht über Steuern finanziert werden - wie andere Einrichtungen des Gemeinwohls -, hat seinen Grund: Unsere Aufgabe, also die freie und unabhängige Meinungsbildung, wird als unverzichtbar und besonders sensibel angesehen für das Funktionieren der Demokratie. Daher ist es so wichtig, dass unsere Mittel nicht vom Staat zugeteilt, sondern von der Gesellschaft solidarisch erbracht werden.

Hohe journalistische Standards

Solidarisch ist hier auch inhaltlich gemeint. Mir muss etwas nicht gefallen, um es für wertvoll zu halten. Es liegt in meinem ureigenen Interesse, dass alle in meinem Umfeld sich in­formieren, bilden, unterhalten, eine Meinung bilden können - wenn sie wollen. Und dass ich weiß, dass dies auf der Grundlage von Angeboten möglich ist, die sich an hohen journalistischen Standards orientieren, vertrauenswürdig sind und unsere Kultur und unseren Alltag spiegeln. Mich zumindest beruhigt es sehr zu wissen, dass sich meine Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht auf Twitter, Facebook & Co. verlassen (müssen), um ihre (Wahl-) Entscheidungen zu treffen. Tatsächlich bringen die Menschen in Deutschland laut dem diesjährigen Edelman Trust Barometer Sozialen Medien besonders wenig Vertrauen entgegen und fühlen sich im Vergleich zu anderen Ländern besser in der Lage, zwischen Fake News und vertrauenswürdigen Nachrichten zu unterscheiden.

Wechselwirkung Medien und Gesellschaft

Dies liegt möglicherweise (auch) am öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland. Jedenfalls haben diverse Studien (EBU, Reuters Report) hier positive Korrelationen festgestellt: Das Vertrauen in einer Gesellschaft ist höher in Ländern mit starkem öffentlich-rechtlichem Rundfunk - das Vertrauen ineinander, in die Medien und die Institutionen insgesamt. Das heißt, es profitieren nicht nur die Nutzer, sondern auch die Nichtnutzer.

Für jeden Geschmack etwas

Und schließlich: Wer "Tatort“, Talks oder Volksmusik nicht mag, findet etwas anderes, von Dokus, Reportagen über Sport, Quiz bis hin zu Film und Serie - im Radio, im Fernsehen und Online. Wir bringen Brennpunkte, Berichte aus dem Bundestag oder Liveschalten von welt­weiten Krisengebieten. Die lineare Tagesschau ist  für über zehn Millionen Zuschauer jeden Abend sogar offensichtlich ein "Muss“. Unser Publikum findet Hintergrundwissen, Spezialistentum und Kurioses genauso wie Unterhaltung, aktuelle Ereignisse und Informationen. Damit erreichen wir im Radio täglich mehr als jeden Zweiten (53 %) und im Fernsehen fast jeden Zweiten (46 %) in Deutschland (ab 14 Jahre). Darunter sind vermutlich sogar viele (gerade im Netz), die meinen, sie nutzen die ARD nicht.

"Public Value" und "Economic Value"

Und: Wir schaffen für die Gemeinschaft über das Programm hinaus Public Value - durch Klangkörper, Filmförderung, Kultur-Events, Schülerangebote, Medienkompetenzvermittlung und technische Innovationen. Last but not least: Die ARD hat auch einen hohen volks­wirtschaftlichen Wert. Laut der Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts WifOR belief sich die Summe der Wertschöpfungseffekte der ARD in 2015 auf rund 7,7 Mrd. Euro. Dies vor allem deshalb, weil wir zu 97% Güter und Dienstleistungen im Inland nachfragen und somit flächendeckend die deutsche Wirtschaft stimulieren (die Kreativwirtschaft mit 1,9 Milliarden Euro). Dass wir maßgeblich selbst produzieren bzw. bei der deutschen Kreativwirtschaft in Auftrag geben (und nicht etwa in Hollywood einkaufen: nur 7,7% des Ersten sind Lizenzware), hat also neben dem inhaltlichen Public Value eines unverwechselbaren Programms auch noch einen nachhaltigen Economic Value - für alle und dank aller, die Beitrag zahlen, unabhängig davon, ob sie unser Angebot nutzen oder nicht.


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