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Jetzt red i Bürgersendungen in Zeiten von Corona

Normalerweise lebt "jetzt red i" vom Motto "bürgernah, live und vor Ort". Wie läuft das in Zeiten von Corona? Ohne Publikum im Saal, ohne eine reisende Redaktion? Die Macher haben sich einiges einfallen lassen und freuen sich über große Zuschauerbeteiligung.

Stand: 09.04.2020

Das Studio der Sendung am 1. April 2020 | Bild: BR / Julius Kolb

Bürger, Politiker und Experten können auch weiterhin live im BR Fernsehen diskutieren. Dieser Markenkern von "jetzt red i" bleibt während der Corona-Pandemie bestehen. Allerdings sind die Rednerinnen und Redner aus ganz Bayern nun per Video zugeschaltet. Das Moderatoren-Team und die Podiumsgäste sitzen im gewohnten "jetzt red i"-Set und antworten direkt auf die Fragen - allerdings aus dem Studio 1 im Funkhaus. Bereits zweimal ging "jetzt red i" so im "Corona-Modus" erfolgreich auf Sendung.

Herausforderung für Redaktion und Produktion

Christian Stückl in der Maske

Am 18. März waren unter anderem Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) und Virologe Alexander Kekulé zu Gast, am 1. April Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Theaterregisseur Christian Stückl. "Vor allem jetzt ist es wichtig, Bürgerfragen zu beantworten - viele von ihnen haben ganz konkrete Anliegen", sagt Moderator Tilmann Schöberl. "Und das funktioniert auch per Video sehr gut."

Zwar gibt es dabei in der Kommunikation eine kleine Verzögerung, er kann nicht wie gewohnt schnell nachhaken. Doch abgesehen davon hat sich an der Dynamik der Sendung nichts geändert. Alle zugeschalteten Bürger können sich theoretisch jederzeit in der Sendung zu Wort melden.

Hubert Aiwanger im Gespräch mit einer Spargelbäuerin

"Die Dramaturgie der Sendung wird nicht komplett dem Zufall überlassen, sondern journalistisch vorbereitet", erklärt Redaktionsleiterin Margot Waltenberger-Walte. Konkret heißt das, schon im Vorfeld nach geeigneten Rednern zu suchen, das Themenfeld abzustecken. Videobotschaften werden schon in den Tagen vor der Sendung gesammelt und die Live-Zuschaltungen vorab festgelegt. Im Verlauf der Diskussion ist dann aber Spontanität gefragt - damit die Spargelbäuerin im richtigen Moment auf Hubert Aiwangers Vorschlag - Kurzarbeiter sollten doch jetzt bei der Ernte helfen - antworten kann.

Hervorragende Zusammenarbeit mit den Regionalstudios

"Ohne die Zusammenarbeit mit den Regionalkorrespondenten wäre das nicht möglich", betont Redaktionsleiterin Waltenberger-Walte. "Die Strategie des BR hin zu mehr Regionalisierung geht hier voll auf." Denn bei den Zuschaltungen verlässt sich "jetzt red i" nicht nur auf Skype und WLAN der Zuschauer zuhause, sondern schickt die Kollegen aus den Regionalstudios direkt zu Menschen, die bereits im Vorfeld Interesse am Mitdiskutieren geäußert haben. Sei es die Spargelbäuerin direkt vom Feld oder das Friseur-Ehepaar aus seinem Salon. Manche werden auch über die Studios zugeschaltet.

Vorsichtsmaßnahmen bei einer Live-Sendung einhalten

Das Studio der Sendung am 18. März

"Technisch ist alles möglich", sagt Produktionsleiter Stefan Schäfer. "Kompliziert ist aber die Einhaltung der Schutzmaßnahmen bei einer Live-Produktion. Wir müssen für die Sicherheit aller Menschen am Set sorgen." Das heißt nicht nur, größtmöglichen Abstand voneinander zu halten, um die Corona-Ansteckungsgefahr zu minimieren. Sondern auch, dass das Personal im Übertragungswagen reduziert wurde. Trotzdem lässt sich Nähe an der ein oder anderen Stelle nicht ganz vermeiden - "bestimmte Knöpfe müssen eben nebeneinander gedrückt werden". Die einzelnen Arbeitsplätze sind daher mit Wänden aus Plexiglas oder durch Schiebetüren voneinander getrennt. Begleitpersonen der Gäste dürfen nicht mit ins Studio, die Redaktion arbeitet zum Teil auch während der Sendung aus dem Homeoffice.

"Wir sind eine eingespielte Truppe, deshalb läuft das meiste trotzdem sehr gut", meinen sowohl Produktionsleiter Schäfer als auch Redaktionsleiterin Waltenberger-Walte. Was sich außerdem geändert hat: Die Bühne bleibt derzeit dauerhaft im Studio 1 im Funkhaus aufgebaut. Denn auch die nächsten Sendungen sollen hier stattfinden.

Hohe Zuschauerbeteiligung

Moderatorin Franziska Eder und Moderator Tillmann Schöberl

Doch nicht nur per Video kann man in der Sendung mitdiskutieren. Besonders viele Fragen erreichen die Redaktion über E-Mail und Kommentare in den Sozialen Medien. Moderatorin Franziska Eder fasst diese immer wieder zusammen und leitet sie an die Podiumsgäste weiter. Zusätzlich zum erfolgreichen BR24-Facebook-Livestream ist vor allem der enorme Zulauf an E-Mails zu erwähnen.

Über 300 Mails kamen allein bei der ersten Corona-Sendung rein. Sie werden alle gelesen und wenn möglich beantwortet. Denn der Ton ist sachlich und konstruktiv. "Die Leute schreiben persönlich und sehr ausführlich", erzählt Redaktionsleiterin Waltenberger-Walte. "Das soll nicht ins Leere laufen." Vielleicht wollen sich einige der Absender ja im nächsten "jetzt red i" per Video zu Wort melden. "Wir lernen von Sendung zu Sendung dazu", sagt sie. Und Moderator Tilmann Schöberl sieht auch Chancen für die Zeit nach Corona: "Jetzt zeigt sich: Wenn es dringend ist, kann man die Leute auch per Video reinnehmen. Das könnte auch bei anderen Themen interessant sein."


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