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Hörerbeschwerden Faschingsgaudi 1925

Am 30. März 1924 war der Sendestart der „Deutschen Stunde in Bayern. Die Bayerische Radio-Zeitung druckte nicht nur das Wochenprogramm ab, sondern begleitete das neue Medium Radio mit Artikeln rund um Programm, Personal, Technik oder Hörerbelange.

Von: Historisches Archiv

Stand: 13.10.2023

Original-Artikel zum Faschingsgaudi aus der Bayerischen Radio-Zeitung | Bild: BR / Historisches Archiv

Faschingsgaudi

Am Faschingsdienstag 1925 machte sich die Bayerische Radio-Zeitung über die Bandbreite möglicher Hörerreaktionen lustig. Schon damals war den Programmmachern wohl klar, dass der Auftrag der "drahtlosen Unterhaltung und Belehrung" nicht ganz so einfach auszuführen war.  In der Februarausgabe war zu lesen:

"Am Faschingsdienstag sind unsere Büros zur Entgegennahme von Beschwerden über das Programm der Sendestelle geöffnet. Vor dem Eintritt muß sich der Beschwerdeführer einer Leibesvisitation auf etwa mitgeführte Pistolen, Messer von mehr als 1 Meter Länge, Handgranaten, Maschinengewehre und Minenwerfer unterziehen.

Beim Eintritt hat jeder Besucher eine Beschwerdekarte zu 4 M. zu lösen. Wird die Beschwerde als gerechtfertigt anerkannt, dann erhält der Beschwerdeführer den letzten Monats-Postbeitrag  von 2 M. zurückvergütet, die anderen 2 M. werden zur Verbesserung des Programmes einbehalten. Wird die Beschwerde als ungerechtfertigt abgewiesen, dann zahlt der Beschwerdeführer noch 1 M. Buße zur Anschaffung von Rundfunkgeräten für zufriedene Hörer.

Für folgende Arten von Beschwerden sind gesonderte Büros eingerichtet:

  • Beschwerden über zuviel klassische ( = traurige) Musik.
  • Beschwerden über zuviel seichte ( = lustige) Musik – Shimmy, Foxtrott, Straußwalzer usw.
  • Beschwerden über zu langes Senden am Abend.
  • Beschwerden über zu kurzes Senden.
  • Beschwerden über den Ansager.
  • Beschwerden über die „preußische“ Ansagerin. (In München)
  • Beschwerden über alle beide.
  • Beschwerden über zu lange Pausen.
  • Beschwerden über Störung des Auslandempfangs durch zu kurze Pausen.
  • Beschwerden über zu wenig Humor.
  • Beschwerden wegen Kränkung bestimmter Berufe, Altersklassen, Geschlechter, Konfessionen usw. durch humoristische Vorträge und Witze.
  • Beschwerden über den „Süddeutschen Rundfunk“, weil die Hamburger oder Wiener ihr Programm nicht so rechtzeitig senden, daß es in die Zeitung aufgenommen werden kann.
  • Beschwerden über Senderstörungen, weil der Detektor nicht funktioniert.
  • Beschwerden überhaupt, besonders über die unglaublichen Zustände bei der Sendegesellschaft, weil sie noch kein Ballett aus dem Staatstheater auf den Rundfunk übertragen und noch keinen Zahnarzt angestellt hat, der Zähne schmerzlos durch den Rundfunk zieht.Etwaige Ansammlungen vor unseren Geschäftsräumen verhindert die Feuerwehr, die in Stärke vom mehreren hundert Mann mit einer Schlauchlänge von 2 Kilometer ausrückt und bei Bedarf mit sehr dicken Wellenlängen senden wird!  Ahoi."

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