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Feuerball am Himmel Das Rätsel von Tunguska

30. Juni 1908: Eine riesige Feuerkugel rast über Sibirien hinweg. Eine Druckwelle wirft Menschen zu Boden, entwurzelt Millionen Bäume, Tiere verbrennen. Die Ursache des Tunguska-Ereignisses ist ungeklärt. War es ein Asteroid?

Stand: 27.06.2022 | Archiv

Am 30. Juni 1908 gegen 7.00 Uhr morgens wurden die Menschen in Zentralasien und Sibirien Zeugen einer Furcht einflößenden Erscheinung: Eine Feuerkugel rast knallend und knatternd über den wolkenlosen Morgenhimmel. Hunderte von Kilometern zieht sie ihre Bahn.

Asteoroidentag am 30. Juni

Jedes Jahr am 30. Juni wird der Internationale Astoidentag (Asteroid Day) begangen. Er erinnert an das Tunguska-Ereignis und soll über Asteroiden sowie über deren Risiken und mögliche Abwehrmaßnahmen informieren.

Das Tunguska-Ereignis: Hirtenhunde und Rentiere verbrennen

Vom Tunguska-Ereignis umgeknickte Bäume

Über Wanawara, einer kleinen Handelsstation am Fluss "Steinige Tunguska", dreht die Kugel nach Norden. Plötzlich spaltet ein greller Blitz den Himmel. Es wird gleißend hell, Feuersäulen steigen auf und eine Hitzewelle rollt über die Taiga. In einem Gebiet so groß wie das Saarland werden 80 Millionen Bäume entwurzelt. Menschen werden durch die Luft geschleudert, in den Wäldern verbrennen Hirtenhunde und Rentiere. Noch hunderte Kilometer entfernt ist das Tunguska-Ereignis zu hören, sein Lichtschein zu sehen und seine Erschütterung spüren.

Das Tunguska-Rätsel: wie eine Atombome

Explosion der Atombombe von Hiroshima

Auch mehr als ein Jahrhundert nach dem sogenannten Tunguska-Ereignis ist unklar, was damals wirklich geschehen ist. Es ist nicht nur ein Ereignis, sondern vor allem ein Rätsel. Denn gesichert weiß man nur, dass sich eine gewaltige Explosion ereignete. Computersimulationen der Wirkung gehen von der tausendfachen Sprengkraft der Hiroshima-Bombe aus.

Theorie Nummer 1: ein Asteroid

Hier geht ein Asteroid über dem Sudan nieder. So ähnlich sah der Himmel möglicherweise 1908 über Sibirien aus.

Es gibt unterschiedliche Theorien, die zu erklären versuchen, was diese gewaltige Explosion auslöste. Die am meisten verbreitete lautet, dass damals ein Asteroid in etwa acht Kilometern Höhe auseinanderbrach. Der Steinbrocken mit einem Durchmesser von rund 60 Metern zerbrach, als er auf dichtere Luftschichten traf, und seine Trümmer verdampften. Einen Einschlag gab es offenbar nicht, denn es ist kein Meteoritenkrater entstanden.

Doch es gibt Zweifel, dass damals so viel Gestein einfach spurlos verschwinden konnte, ohne auffindbare Meteoriten auf der Erde zu hinterlassen. Zwar ist auch der Asteroid, der den Nördlinger Rieskrater schlug, vollständig verdampft, aber eben ohne zuvor auseinanderzubrechen. Eine weitere Theorie könnte zumindest den fehlenden Einschlagkrater erklären. Demnach hätte ein Eisen-Asteroid die Erdatmosphäre gestreift und anschließend seinen Weg durch das Sonnensystem fortgesetzt.

Theorie Nummer 2: ein explodierter Eisbrocken

Dieser stolz präsentierte Steinbrocken gehört angeblich zum Asterioden, der das Tungaska-Ereignis auslöste.

Wissenschaftler der Cornell-Universität im US-Bundesstaat New York haben eine andere Theorie entwickelt. Demnach war der Auslöser des Tunguska-Ereignisses ein Komet, der in großer Höhe zerbrach und dann verdampfte. Sie belegen ihre Theorie mit Beobachtungen der NASA-Raumfähren, die inzwischen im Museum stehen. Bei ihrem Start schleuderten die Space Shuttles rund 300 Tonnen Wasserdampf in die obersten Schichten der Atmosphäre. Diese Wasserpartikel bildeten in rund 80 bis 120 Kilometern Höhe Wolken. Noch Tage nach dem Start einer Raumfähre waren diese sogenannten nachtleuchtenden Wolken zu sehen.

Laut Augenzeugenberichten standen solche Wolken auch nach dem Tunguska-Ereignis am Himmel. Selbst in Europa waren sie zu sehen. Die US-Wissenschaftler glauben daher: 1908 zerbrach in etwa 100 Kilometer Höhe ein Komet. Denn nur der vereiste Kern eines Kometen hätte genug Wasserdampf für nachtleuchtende Wolken abgeben können.

War das Tunguska-Ereignis am 17. oder 30. Juni 1908?

Manchmal liest man, das Tunguska-Ereignis habe am 17. Juni 1908 stattgefunden - gerechnet nach dem julianischen Kalender. Das entspricht nach gregorianischer Rechnung dem 30. Juni 1908.

Tunguska-Ereignis: Viel Raum für Spekulationen

Ringe eines Baumes, der das Tunguska-Ereignis unmittelbar miterlebte. Nach 1908 sind Anomalien im Wachstum zu erkennen.

Während der wissenschaftliche Konsens davon ausgeht, dass das Tunguska-Ereignis auf eine Art von Himmelskörper zurückzuführen ist, gilt: Hundertprozentig wissen werden wir es nie. Eine andere Theorie weist weit in die erdgeschichtliche Vergangenheit. Auf dem Areal, über dem die Feuerkugel explodierte, ereignete sich vor 250 Millionen Jahren der wahrscheinlich größte Vulkanausbruch der Erdgeschichte. Die Explosion von Tunguska war möglicherweise nur ein vergleichsweise kleiner Nachzügler der damaligen Eruption.

Dieser Vulkanausbruch stellt die Wissenschaftler aber noch vor ein generelles Problem: Die Erde besteht dort aus Basalten, die die identische Zusammensetzung wie viele Meteoriten und Asteroiden haben. Daher lässt sich nur schwer feststellen, ob Gestein von der Erde stammt oder aus dem Weltraum. Es gibt also noch viel Raum darüber zu spekulieren, was damals im Jahre 1908 wirklich passiert ist.

Sendungen über Tunguska & Asteroiden:


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