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Klo und Toilettenpapier Die Karriere des stillen Örtchens

Jeder benutzt es und doch redet keiner gerne darüber: das Klo. Doch so still wie es um das Örtchen geworden ist, war es nicht immer. Zu manchen Zeiten war der öffentliche Toilettengang sogar ein gesellschaftliches Ereignis. Die Geschichte von Klo und Toilettenpapier verrät einiges über die Menschheit.

Stand: 14.08.2023 | Archiv

Wenn Archäologen im Staub nach Überresten vergangener Kulturen suchen, stoßen sie nicht immer auf wertvolle Schmuckstücke oder ausgefeilte Waffen, manchmal finden sie auch nur ein Klo. Immerhin wissen wir dank der Forscher, dass unser Klosett Vorfahren hat, die schon tausende Jahre alt sind. Funde aus Schottland belegen, dass es auf der britischen Insel schon vor 5.000 Jahren Klos gegeben haben muss. Die Sumerer im heutigen Irak sollen sogar schon über Toilettenräume mit Wasserspülung verfügt haben. Und auch bei den alten Indern, Ägyptern und Kretern soll es beim Toilettengang sauber zugegangen sein.

Römer bauten Klos mit Stil

Die Hochkultur des Klos herrschte in der Antike im alten Rom. Während es in einem durchschnittlichen römischen Zuhause eher schlicht zuging - die Toilette bestand aus einem Fass, in das die Hausbewohner den Inhalt ihrer Nachttöpfe kippten - besaßen die Reichen sogar schon richtige Privatklos. Die meisten Menschen benutzten allerdings die öffentlichen Latrinen, in denen es durchaus gesellig zuging. Die Hygiene-Einrichtungen ohne Trennwände und Privatsphäre boten Platz für 50 bis 60 Personen, da kam man leicht ins Gespräch. Vor allem die römischen Prachtlatrinen mit Mosaiken, Fußbodenheizung, verzierten Säulen und Marmorsitzen luden zum Verweilen und Plauschen ein. Nebenbei verrichtete man seine Notdurft, die im besten Fall in einen Wassergraben und von dort direkt in die Cloaca Maxima, den großen Abwasserkanal, floss.

Kleine Geschichte des Klopapiers

Auch in Sachen Toiletten-Hygiene änderten sich im Laufe der Zeit die Standards. Zunächst nahmen die Römer die Finger, aber bald schon einen Stock zu Hilfe, an dem ein kleines Schwämmchen befestigt wurde. Im Mittelalter wurden zum Säubern gerne Leinwandfetzen, Stroh oder Laub benutzt. Die Schwester des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. griff zu Schafswolle. Zeitungen wurden erst später zum Abwischen benutzt. Das erste kommerziell vertriebene Toilettenpapier kam Ende des 19. Jahrhunderts auf. In den 1920er-Jahren wurde ein Markenartikel daraus. Das Papier wurde heller und bekam eine garantierte Blattzahl.

Keimschleuder Latrine

Für weniger Krankheiten sorgten die römischen Latrinen nicht - im Gegenteil, meint der Anthropologe Piers Mitchell von der Universität Cambridge im Januar 2016: Mitchell hat die in antiken Gemeinschaftsklos gefundenen Versteinerungen untersucht. Er fand Überreste von Läusen, Flöhen, Zecken und Darmparasiten wie zum Beispiel dem Fischbandwurm. Mitchell vermutet, dass das Wasser in vielen öffentlichen Latrinen nur selten ausgetauscht wurde und sich eine dicke Schlammschicht bildete. Damit die Latrinen nicht überquollen, mussten sie ausgehoben werden. Der Dreck landete auf den Feldern, die Parasiten auf der Ernte und damit wieder auf den Märkten. Über die Keimschleuder Klo verbreiteten sich Krankheitserreger im ganzen Römischen Reich.

"Im Vergleich zum Mittelalter war das Römische Reich jedoch ein Hort der Hygiene."

Karl-Wilhelm Weber, Historiker, Universität Wuppertal

Klokultur ging im Mittelalter flöten

Mittelalterliches Schlafgemach der Salzburger Festung Hohensalzburg mit privater Toilette

Mit dem Zerfall des Römischen Reiches war aber auch die gehobenere Klokultur dahin. Im Mittelalter hatten die Menschen Besseres zu tun, als sich um ihre Hygiene zu kümmern. Das Volk machte wieder in den Nachttopf, den es ungestraft auf der Gasse entleerte. Wer nachts spazieren ging, heuerte sich einen Begleiter an, der voraus ging und lautstark vor stinkenden Häufchen warnte. Immerhin verordnete man um 1500 in München, dass jeder seinen Mist noch am gleichen Tag von der Straße zu entfernen habe. Öffentliche Toiletten waren rar gesät, nur in London, Basel und Frankfurt am Main soll es ein paar gegeben haben. Privatklos waren noch seltener. Die Stadt Nürnberg rügte sogar den Maler Albrecht Dürer, weil er heimlich eine Toilette in seine Küche eingebaut hatte. Als berühmter Bürger der Stadt erließ man ihm aber großzügig die Geldstrafe für die bauliche Ordnungswidrigkeit.

Kleines Klo-ABC

Toilette

"Toilette" nannten die Franzosen den Vorgang des Ankleidens, Schminkens und Frisierens. Weil die Damen bei Hofe für ihre Toilette spezielle Ankleidezimmer besaßen und dort auf Leibstühlen auch ihre Notdurft verrichteten, bürgerte sich der Begriff für das heutige Klosett ein.

Klosett

"Klosett" nannte man einst ein kleines, geheimes Zimmer.

WC

WC steht für "water closet", das Wasserklosett.

Lokus

"Lokus" kommt aus dem Latein, "locus necessitatis" bedeutet "Ort der Notdurft".

00

"00"-Schilder sind im 19. Jahrhundert entstanden. Zu der Zeit hatten viele Hotels nur Etagenklos in der Nähe des Aufzugs oder des Treppenhauses. Weil dort auch die Nummerierung der Zimmer begann, trugen die Klos die Zimmernummer Null oder "00".

Mobiles Klo unterm Umhang

An mittelalterlichen (Burg-)anlagen wie Schloss Leitzkau finden sich gemauerte oder hölzerne Vorsprünge, die als Toilette dienten.

Wer nicht, wie Dürer, zu Hause aufs Klo gehen konnte, wich gerne auf menschliche "Dixi-Klos" aus. Im schottischen Edinburgh, aber auch in Frankfurt am Main sollen Ende des 18. Jahrhunderts Männer und Frauen mit langen Umhängen Passanten angeboten haben, für ihr Geschäft unter ihren Mantel zu schlüpfen. Dort hielten die "mobilen Abtrittsanbieter" in der Regel einen Eimer für die Kundschaft parat. Auch die Burgbewohner verhielten sich bei ihrem Geschäft einigermaßen diskret. Sie zogen sich in eine Toilettennische an der Burgmauer zurück, durch die die Kacke in den Burggraben fiel.

Stinkender Schlosspark

Auch in der Neuzeit verbesserte sich die Klokultur nicht wirklich. Nicht nur das einfache Volk setzte sich aufs Feld oder in den Stall, um seine Notdurft zu verrichten, auch der Adel hatte kaum dazugelernt. Am Hof von Louis XIV. in Versailles gab es zwar 2.000 Zimmer, aber nur ein eingebautes Klo. Stattdessen benutzte man Kackstühle, auf denen der König sogar ungeniert bei Empfängen zu sitzen pflegte. Bei pompösen Festen mit vielen Tausend Besuchern erleichterten die Gäste sich im Schlosspark. Plastikbeutel, wie sie heute in fast jedem öffentlichen Park für Hunde zur Verfügung stehen, waren damals leider noch nicht erfunden.

Britischer Dichter erfand modernes Klo

Toilette von Wilhelm I. wird vermessen

Erst später erinnerte man sich wieder an die praktische Erfindung von Sir John Harington. Der britische Dichter hatte 1596 das Wasserklosett erfunden, war bei seinen Landsleuten allerdings auf Unverständnis gestoßen. Und das, obwohl er ein Buch mit der genauen Bauanleitung seiner Erfindung geschrieben hatte. Erst fast 200 Jahre später, 1775, meldete der englische Erfinder Alexander Cummings das Patent für die Ausführung eines Wasserklosetts an. Cummings haben wir nicht nur die Wasserspülung, sondern auch das doppelt gekrümmte Abflussrohr, das Siphon, zu verdanken. Damit war auch das Geruchsproblem gelöst. Es sollte allerdings noch bis in die 1860er-Jahre dauern, bis man in Manchester Häuser mit solchen Toiletten baute.

Von Flach- und Tiefspülern

An Cummings Modell hat sich wenig geändert. Heute kennen wir in Europa und den USA vor allem drei Klosett-Arten: den Flachspüler, den Tiefspüler und das Absaugeklosett. Beim Flachspüler bleibt das Häufchen gut sichtbar liegen und wird erst mit der Spülung gegen die Vorderseite der Schüssel gedrückt und dann ins Siphon gespült. Der Tiefspüler hat den Vorteil, dass die Kacke gleich in eineinhalb Liter Wasser fällt und somit kaum noch zu sehen ist. Das Modell hat allerdings den Nachteil, dass es beim Plumpsen nach oben spritzen kann. Das typisch amerikanische Absaugeklosett hat sich in Europa kaum durchgesetzt. Bei diesem Toilettentyp wird im stark verengten Siphon ein Vakuum erzeugt, das die Schüssel ruckartig leersaugt. Das Modell findet man hierzulande in modernen Zügen und in Flugzeugen. Allerdings verbraucht es 15 Liter Wasser und damit viermal so viel wie eine herkömmliche Toilette.

Welt-Toiletten-Tag am 19. November

Der weltweite Aktionstag wurde 2001 von der Welt-Toiletten-Organisation ins Leben gerufen, seit 2013 gibt es den Welttoilettentag auch bei den Vereinten Nationen (UN) offiziell. Er soll am 19. November darauf aufmerksam machen, dass fast die Hälfte der Weltbevölkerung, 3,6 Milliarden Menschen, in ihren Unterkünften über keine sicher verwalteten Sanitäranlagen verfügen, so die Weltgesundheitsorganisation WHO. 494 Millionen dieser Menschen müssen ihre Notdurft gar im Freien verrichten. Solch mangelnde Hygiene führt unter anderem zu Durchfallerkrankungen. In den Entwicklungsländern sterben laut UNICEF jedes Jahr 1,5 Millionen Kinder an Durchfall.

Welt-Toiletten-Tag: Latrinen dürfen kein Luxus sein

Sendungen zu Toilette, Klo und Co.


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