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Friedensnobelpreis 2013 Preis für Anti-Chemiewaffen-Organisation OVCW

Der Friedensnobelpreis 2013 geht an die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OVCW). Sie sitzt in Den Haag und setzt sich erfolgreich dafür ein, den Einsatz von chemischen Waffen weltweit zu unterbinden.

Stand: 14.10.2013 | Archiv

Ahmet Üzümcü, der Generaldirektor der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen OVCW (OPCW). Die Organisation erhält den Friedensnobelpreis 2013. | Bild: picture-alliance/dpa

Die unabhängige Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (deutsche Bezeichnung OVCW, englische Bezeichnung OPCW) bekommt die Auszeichnung "für ihren umfassenden Einsatz für die Vernichtung von Chemiewaffen". So begründete der Komiteevorsitzende Thorbjörn Jagland die Entscheidung der Jury. "Mit diesem Preis an die OVCW will das Komitee zur Zerstörung von Chemiewaffen beitragen." Die Organisation hat bislang 189 Mitgliedsstaaten und setzt sich dafür ein, das Chemiewaffenübereinkommen international durchzusetzen, zu überwachen und weiterzuentwickeln. Ihr Hauptsitz ist in den Niederlanden, in Den Haag.

"Die jüngsten Ereignisse in Syrien, wo wieder chemische Waffen eingesetzt wurden, unterstreichen die Notwendigkeit, die Bemühungen um eine Abschaffung solcher Waffen zu stärken."

Aus der Begründung der Jury

Gemeinsam für eine Welt ohne Chemiewaffen

Für die OVCW arbeiten rund 500 Menschen. Generaldirektor ist der 62-jährige türkische Diplomat Ahmet Üzümcü. "Das Motto unserer Organisation lautet 'Gemeinsam arbeiten für eine Welt frei von chemischen Waffen', sagte er zur am 14. Oktober anstehenden Aufnahme Syriens als 190. Mitglied. "Die internationale Gemeinschaft hat sich auf sichtbare und bedeutende Art und Weise zusammengefunden, um zu zeigen, dass dies möglich ist."

"Ich weiß, dass der Friedensnobelpreis uns dabei helfen wird, die universelle Geltung der Chemiewaffenkonvention in den nächsten Monaten voranzubringen."

Ahmet Üzümcü, Generaldirektor der OVCW

Große Vorhaben in Syrien

Kernaufgabe der OVCW

Die Kernaufgabe der Anti-Chemiewaffen-Organisation ist es, sicherzustellen, dass chemische Waffen und alle Mittel, die zu ihrer Herstellung dienen, fristgerecht vernichtet werden. Außerdem achtet die OVCW darauf, dass solche Waffen nicht verbreitet werden.

Experten der Organisation haben zuletzt Schlagzeilen gemacht, weil sie sich im Bürgerkriegsland Syrien zusammen mit den Vereinten Nationen (UN) dafür einsetzen, den Einsatz von Chemiewaffen zu unterbinden. Am 21. August waren in der Nähe von Damaskus mehr als 1.400 Menschen bei einem Giftgasangriff getötet worden. Wenig später einigten sich die USA und Russland darauf, die syrischen Chemiewaffen zu vernichten. Plötzlich stand die sonst so unauffällig agierende OVCW im Rampenlicht. Einer breiten Öffentlichkeit wurde bewusst, wie wichtig die Tätigkeit dieser Spezialisten ist.

Unterwegs mit Atemmaske und Schutzanzug

Chemiewaffenübereinkommen

Das Chemiewaffenübereinkommen ist ein internationales Übereinkommen von Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN). Es verbietet die Entwicklung, den Besitz, die Weitergabe und den Einsatz von Chemiewaffen. 1997 trat es in Kraft. Seither sorgt die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) dafür, dass die Konvention eingehalten wird.

Bislang haben Israel und Myanmar den Vertrag noch nicht ratifiziert. Weder unterzeichnet noch ratifiziert haben Ägypten, Angola, Nordkorea, Südsudan und Syrien. Syrien soll demnächst folgen.

In Syrien sollen jetzt Waffenfabriken und Maschinen, mit denen die gefährlichen Stoffe in Bomben gefüllt werden, vernichtet werden. Bis Mitte 2014 soll das gesamte Waffenarsenal abgerüstet sein. Bei Einsätzen vor Ort müssen die Experten sich mit Atemmasken und Schutzanzügen gegen die schlimmsten Kampfstoffe der Welt wappnen. Syrien soll über große Menge an Sarin verfügen. Ein Milligramm dieses Nervengases kann binnen Minuten zu Atemlähmung und Herzstillstand führen.

Insgesamt eine gewaltige Aufgabe, die die Organisation aber selbstgewusst angeht.

"Dies ist eine außerordentliche Situation für die OVCW, sie ist beispiellos. Wir stehen am Anfang eines schwierigen Prozesses voller großer Herausforderungen. Doch die OVCW ist darauf eingestellt und verfügt über das Fachwissen und die Erfahrungen, um ihr Mandat wahrzunehmen."

Ahmet Üzümcü, Generaldirektor der OVCW, zur Aufgabe der Chemiewaffenabrüstung in Syrien

Lange Geschichte der Chemiewaffen soll ein Ende finden

Zwar hatte nach dem Ersten Weltkrieg schon das Genfer Protokoll 1925 den Einsatz von Chemiewaffen verboten, aber nicht ihre Herstellung oder ihren Besitz. Auch im Zweiten Weltkrieg wurden Massenvernichtungswaffen benutzt. Erst 1992 wurde an einem Übereinkommen gefeilt, das auch die Produktion und Aufbewahrung verbot. Die Chemiewaffenkonvention trat 1997 in Kraft. Von diesem Zeitpunkt an hat sich die OVCW für die Einhaltung des Abkommens eingesetzt. Seit 1997 wurden mehr als 5.000 Inspektionen in 86 Ländern erfolgreich abgeschlossen. Rund 80 Prozent des bekannten Chemiewaffenbestandes auf der Welt sind bereits zerstört worden. Laut Angaben der OVCW existierten in den Konventionsstaaten ursprünglich rund 71.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe. Knapp 58.000 Tonnen an deklarierten Waffenarsenalen sind bislang unter Aufsicht zerstört worden.

Vorschlagsrekord in diesem Jahr

Gegen Chemiewaffen

Schon lang vor Bekanntgabe, wer den Friedensnobelpreis 2013 erhält, konnte das norwegische Komitee einen Rekord für dieses Jahr vermelden: 259 Vorschläge sind bis zum "Einsendeschluss" im Februar 2013 für den diesjährigen Friedensnobelpreis eingegangen - so viele wie nie zuvor.

Unter den Nominierten waren fünfzig Organisationen, angeblich wurde auch der Whistleblower Edward Snowden vorgeschlagen, von einem schwedischen Professor. Der Nobelpreis ist mit acht Millionen Schwedischen Kronen, fast 925.000 Euro, dotiert.

Fünf deutsche Friedens-Nobelpreisträger

1901 wurde der Friedensnobelpreis zum ersten Mal vergeben - an Henri Dunant, den Gründer des Roten Kreuzes, und an Frédéric Passy, den Gründer der französischen Friedensgesellschaft. In den 107 Jahren seither haben insgesamt fünf Deutsche den Friedensnobelpreis erhalten - zuletzt 1971 der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt für seine Ostpolitik. Wer noch in den vergangenen Jahren mit dem Preis geehrt wurde, finden Sie in unserer Galerie der Gekürten.

Tauben, Falken und der Spatz in der Hand - Friedensnobelpreise

Die Entscheidungsträger

Web-Tipp

Der Friedensnobelpreis ist der einzige der renommierten Preise im Gedenken Alfred Nobels, der nicht vom schwedischen, sondern einem norwegischen Komitee vergeben wird. Nobel selbst hat nie erklärt, wie es zu dieser Ortswahl kommt. Doch da zu Nobels Lebzeiten Schweden und Norwegen noch vereinigt waren und das norwegische Parlament nur für innenpolitische Fragen verantwortlich war, hielt Nobel die Norweger vermutlich für nicht so leicht manipulierbar. Vergeben wird der Preis von fünf Politikern, die vom norwegischen Parlament gewählt werden.

"dem, der am meisten oder besten für die Verbrüderung der Völker und für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie für die Bildung und Verbreitung von Friedenskongressen gewirkt hat."

Alfred Nobel darüber, wem der Friedensnobelpreis gebührt

Preisträger der vergangenen Jahre

  • 2012: Die Europäische Union wird als Organisation für ihre jahrzehntelange Verbreitung von Frieden und Versöhnung geehrt.
  • 2011: Ellen Johnson Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman für ihren gewaltfreien Kampf für die Sicherheit von Frauen und für das Recht der Frauen auf volle Beteiligung an friedensbildender Arbeit.
  • 2010: Liu Xiaobo, inhaftierter Dissident und Bürgerrechtler aus China
  • 2009: US-Präsident Barack Obama für seine Bemühungen um eine Stärkung der internationalen Diplomatie
  • 2008: Martti Ahtisaari für seine Vermittlungen in zahlreichen internationalen Kriegen und Konflikten
  • 2007 Al Gore und der Weltklimarat für ihren Kampf gegen den Klimawandel
  • 2006 Professor Mohammed Junus für seine Grameen Bank in Bangladesch
  • 2005 Die Internationale Atomenergieorganisation IAEO und ihr Generalsekretär Mohammed el-Baradei
  • 2004 Wangari Muta Maathai
  • 2003 Schirin Ebadi
  • 2002 Jimmy Carter
  • 2001 Die UNO und ihr Generalsekretär Kofi Annan

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