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Wirtschafts-Nobelpreis 2012 Spielend Angebot und Nachfrage regeln

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft geht in diesem Jahr an Alvin E. Roth und Lloyd S. Shapley. Die beiden Spieltheoretiker und Wirtschafts-Professoren werden für ihre Erkenntnisse gewürdigt, wie man verschiedene wirtschaftliche Akteure zueinander bringt.

Stand: 15.10.2012 | Archiv

Lloyd S. Shapley und Alvin E. Roth | Bild: Reed Saxon, Harvard University/AP/dapd

Als letzter Nobelpreis des Jahres ist in Stockholm die Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaft vergeben worden: Der 60-jährige Alvin E. Roth ist Professor an der Harvard University. Er forscht zu Spieltheorie, experimenteller Ökonomie und Marktstrukturen. Lloyd S. Shapley, geboren 1923 in Cambridge, ist emeritierter Professor an der University of California in Los Angeles und publiziert zur mathematischen Ökonomie, insbesondere zur Spieltheorie.

Die Theorie der stabilen Verteilung

Die beiden Forscher bekommen den Preis für die sogenannte "Matching-Theorie", die sich mit einem zentralen wirtschaftlichen Problem auseinandersetzt: Wie bringt man verschiedene Akteure auf den Märkten bestmöglich zusammen? So erhielten die Wissenschaftler die Auszeichnung für ihre Forschung "zur Verteilung zwischen Menschen und Märkten", teilte die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften mit. Die Akademie hat damit wieder eine methodische Innovation der Wirtschaftswissenschaften prämiert. Allerdings - und das betont die Jury in ihrer Begründung - sind die beiden ein hervorragendes Beispiel dafür, wie mathematische Theorie zu praktischer Anwendung kommen kann.

Die optimale Verteilung sichern

Alvin E. Roth | Bild: Harvard University

Alvin E. Roth

Bei der sogenannten stabilen Allokation, um die sich die Arbeiten der beiden drehen, geht es um die Zuordnung von beschränkten Ressourcen zu potenziellen Verwendern. So helfen die Ergebnisse der beiden Professoren herauszufinden, wie Studenten die für sie optimale Universität finden. Oder wie ein Arbeiter an einen bestimmten Job kommt oder ein Arbeitgeber den optimalen Mitarbeiter findet. Ihre Rechenmodelle dienen auch dazu, die geeignetsten Plätze für Werbeanzeigen von Unternehmen in Suchmaschinen zu finden. Und die beiden haben sich mit der Frage befasst, wie Spenderorgane in der Medizin verteilt werden müssen, damit sie wirklich bei den Patienten ankommen, die sie brauchen. Die zentrale Frage bei den Überlegungen ist: Wie kommen die beiden Seiten - ein Angebot und Suchende - so zusammen, dass die Verteilung optimal abläuft.

Theorie und Praxis

Beide Forscher bedienen sich der sogenannten Spieltheorie, die versucht menschliche Entscheidungen nachvollziehbar zu machen und auf den wirtschaftlichen Markt übertragen werden kann. Beide Forscher vergleichen verschiedene Modelle der Zuordnung und untersuchen, ob die Ergebnisse für alle Beteiligten annehmbar sind. Dabei nutzen sie zwei unterschiedliche Ansätze: Den praktischen und den theoretischen. Lloyd S. Shapley ist eher theoretisch vorgegangen. Nach ihm wurde der Shapley-Wert benannt, der ein punktwertiges Lösungskonzept aus der Spieltheorie darstellt. Roth hat dagegen die Studien von Shapley als Grundlage benutzt und praktisch weiterverfolgt: So hat er an der Universität Experimente mit Studenten gemacht. Mit diesen wollte er herausfinden, wie sich Leute in bestimmten Situationen entscheiden und von welchen Parametern diese Entscheidungen abhängen.

Der umstrittenste Nobelpreis

Der Preis für Wirtschaftswissenschaften nimmt unter den Nobelpreisen eine Sonderstellung ein: Er wurde erst 1969 zum ersten Mal verliehen. Erst 2009 erhielt erstmals eine Frau diesen Preis. Und bei den männlichen Preisträgern überwiegen deutlich Ökonomen, die an US-Universitäten oder in den Vereinigten Staaten gearbeitet haben. Insgesamt gilt der Ehrenpreis als umstritten. Denn er geht nicht auf Alfred Nobels Testament zurück, sondern wurde erst nachträglich von der Schwedischen Reichsbank gestiftet - "in Gedenken an Alfred Nobel". Der Anlass war der 300. Geburtstag der Bank.

Dem Chemiker und Industriellen Alfred Nobel selbst sollen die Wirtschaftswissenschaften jedoch nie ganz geheuer und deshalb niemals preiswürdig gewesen sein. Jedoch werden die Preisträger wie bei den Nobelpreisen für Physik und Chemie von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften nominiert und auch im Rahmen der gesamten Preisverleihung überreicht. Doch ihre Namen tauchen im Verzeichnis der Nobelpreisträger nur in einem Anhang auf und werden statt auf die Flächen der Nobel-Medaille auf deren Rand eingraviert.

Wirtschafts-Preisträger der vergangenen Jahre

  • 2011: Thomas Sargent und Christopher Sims für ihre empirische Untersuchung von Ursache und Wirkung in der Makroökonomie
  • 2010: P. Diamond, D. Mortensen, C. Pissarides: für ihre Such-Theorie für Märkte wie den Arbeitsmarkt
  • 2009: Elinor Ostrom, Oliver Eaton Williamson, USA: für ihre Studien über eine konfliktfreie Organisation der Märkte
  • 2008: Paul Krugman, USA: für seine Studien als Handelstheoretiker
  • 2007: Leonid Hurwicz, Eric Maskin, Rober Myerson, alle USA: für die Entwicklung der Theorie des Mechanism Design
  • 2006: Edmund Phelps, USA: für die Erforschung des Zusammenhangs von Preisentwicklung und Arbeitsmarkt
  • 2005: Robert Aumann, Israel und USA, Thomas Schelling, USA: für die Weiterentwicklung der Spieltheorie auf Konfliktsituationen
  • 2004: Finn Kydland, Norwegen, Edward Prescott, USA: für ihren Beitrag zur dynamischen Makroökonomie
  • 2003: Robert Engle, USA, Clive Granger, Großbritannien: für Methoden zur Analyse ökonomischer Zeitreihen
  • 2002: Daniel Kahneman, USA und Israel, Vernon Smith, USA: für die Einführung psychologischer Herangehensweisen in die Wirtschaftswissenschaft
  • 2001: George Akerlof, Michal Spence, Joseph Stiglitz, alle USA: für ihre Analyse von Märkten asymmetrischer Information

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