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Geothermie Energie aus der Tiefe der Erde

Feuer speiende Vulkane und brodelnde Geysire zeigen: Im Inneren der Erde ist es heiß! Mit Geothermieanlagen lässt sich die Wärme nach oben holen und zum Heizen und zur Stromerzeugung verwenden. Doch das ist gar nicht so einfach.

Stand: 02.08.2021

Um Wärme aus mehreren Tausend Metern Tiefe an die Oberfläche zu bringen, gibt es zwei Möglichkeiten: die "hydrothermale" und die "petrothermale" Energiegewinnung. Die hydrothermale Technik nutzt heißes Wasser mit Temperaturen von rund 40 bis über 100 Grad Celsius aus dem Untergrund. Dazu werden zwei Löcher gebohrt: Über das eine wird das heiße Wasser nach oben gefördert, wo die Wärme zum Heizen oder zur Stromerzeugung benutzt wird. Danach wird das Wasser über das zweite Loch wieder in die Tiefe gepumpt.

Wasser auf den heißen Stein

Geothermiebohrung in Oberhaching-Laufzorn

Wenn es unter der Erde kein oder nur wenig Wasser gibt, kommt die "petrothermale Energiegewinnung" zum Einsatz. Über eine Bohrung wird Wasser mit hohem Druck in die Tiefe gepresst. Dadurch entstehen im Gestein winzige künstliche Risse und nach und nach ein regelrechtes Netz unterirdischer Kanälchen. An einem anderen Bohrloch wird das Wasser wieder nach oben gefördert und bringt die Wärme aus dem Gestein nach oben. Dieses Verfahren wird meist Hot-Dry-Rock-Technik (HDR) genannt.

Erdwärme-Dorado Südbayern

In Deutschland sind nur wenige Regionen für die Nutzung der Geothermie so gut geeignet wie Südbayern. Im süddeutschen Molassebecken, das sich von der Donau bis zum Alpenvorland erstreckt, gibt es zahlreiche Heißwasservorkommen in der Tiefe. Von der Schweiz bis nach Österreich reichen die Schichten, die Thermalwasser führen. Hier werden auch die meisten Geothermieanlagen geplant und gebaut. Die Probebohrungen sind aber nicht immer erfolgreich: In Icking etwa brachten sie zwar heißes Wasser zutage, aber davon zuwenig.

Geothermie-Hotspot München

Die meisten Geothermie-Anlagen finden sich in und um München. Denn hier lässt sich unterirdisches Thermalwasser anzapfen, das im Norden Münchens rund 80 Grad und im Süden sogar bis zu 140 Grad heiß ist. Die Stadtwerke München betreiben gleich mehrere Geothermieanlagen und -heizkraftwerke, beispielsweise in Riem, Sauerlach und Freiham. Auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd in München-Sendling ist seit 2021 die leistungsstärkste Geothermieanlage Deutschlands in Betrieb.

Rüttel-Laster in München unterwegs

Vibro-Fahrzeug

Um die besten Standorte für Geothermie-Anlagen zu finden, waren im Winter 2015/2016 "Vibro-Fahrzeuge" im Stadtgebiet von München unterwegs. Mit Schallwellen, die sie in die Tiefe schicken, erkunden diese Spezialgeräte den Untergrund, indem die Fahrzeugkolonne den Boden für einige Sekunden gezielt zum Vibrieren bringen. "Vibro-Seismik" nennt sich das Verfahren.

Je tiefer man bohrt, desto wärmer wird es

Lieber Heizen als Strom erzeugen

Bei den meisten Geothermie-Projekten in Deutschland dient die nach oben beförderte Wärme zum Heizen. Wenn das Wasser heiß genug ist, kann die Hitze direkt ins Fernwärmenetz eingespeist werden. Andernfalls müssen Wärmepumpen zwischengeschaltet werden. Strom wird aus Erdwärme hier nur selten erzeugt, denn dafür sind höhere Temperaturen als für das Heizen notwendig. Das Wasser muss über 80 Grad Celsius heiß sein. Diese Temperaturen herrschen in Deutschland aber nur in tiefen Schichten. Erdwärme wird daher schon lange zum Heizen benutzt, das erste geothermische Kraftwerk zur Stromerzeugung in Deutschland ging jedoch erst 2004 in Mecklenburg-Vorpommern in Betrieb.

Erdwärmenutzung in Unterhaching

Großes Potenzial, wenig Umsetzung

In Deutschland waren 2020 nach Angaben des Bundesverbandes Geothermie 37 Anlagen mit einer Bohrtiefe von mehr als 400 Metern im Einsatz. Ihre installierte Wärmeleistung lag bei rund 350 Megawatt. Neun der Anlagen erzeugten Strom, zusammen etwa 47 Megawatt. Theoretisch könnte die unterirdische Wärme in Deutschland ein Vielfaches des bundesweiten Energieverbrauchs decken. In der Realität ist der Anteil der Geothermie aber gering, denn die Bohrungen und die technischen Anlagen zur Energiegewinnung sind aufwendig und teuer. Doch einmal in Betrieb, arbeiten Geothermiekraftwerke ohne Brennstoffkosten, CO2-frei und unabhängig von Jahres- und Tageszeiten, Windverhältnissen oder Sonnenstand.

Angst vor Erdbeben

Doch die Geothermie hat zunehmend Kritiker. Anwohner haben Angst, das Ab- und Zurückpumpen des Wassers könnte Erdbeben auslösen. Manchmal bestehen diese Bedenken zu Recht: Ein Erdwärme-Projekt in Basel wurde gestoppt, weil der Betrieb der Geothermieanlage möglicherweise Erdstöße ausgelöst hätte.

Erdkernwärme


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