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Rollstuhlbasketball Laura Fürst "Sobald wir im Sportrollstuhl sitzen, sind wir alle gleich“

Laura Fürst spielt Rollstuhlbasketball. In Rio will sie mit dem Nationalteam die Goldmedaille verteidigen. Im Interview erklärt sie, warum der Sport nicht für Menschen mit Behinderung geeignet ist.

Stand: 22.08.2016 | Archiv

Laura Fürst | Bild: BR/Max Hofstetter

Frau Fürst, was ist die größte Herausforderung beim Rollstuhlbasketball?

Es geht nicht nur ums Basketball spielen, sondern auch ums Rollstuhlfahren. Das bedeutet: Neben dem Wurftraining, muss man auch die "Rollstuhlskills“ trainieren. Also schnelles Abbremsen, schnelle Drehungen. Wir spielen in speziellen Sportrollstühlen, die sind viel wendiger als beispielsweise mein Alltagsrollstuhl.

Auch Menschen, die keine Behinderung haben, können Rollstuhlbasketball spielen.

Genau. Es gibt fast keine Sportart, in der behinderte- und nicht behinderte Menschen so gut gemeinsam spielen können. Man muss sich vorstellen, der Rollstuhl ist einfach ein Sportgerät. Tennisspieler brauchen einen Schläger, Läufer Laufschuhe, wir den Rollstuhl. Das Tolle dabei ist: Sobald wir im Sportrollstuhl sitzen, sind wir alle gleich. Völlig egal, ob man querschnittsgelähmt oder gesund ist. Jeder kann mit jedem konkurrieren.

Aber ist es wirklich so, dass alle die gleichen Einschränkungen haben?

Nein, es ist ein großer Unterschied, ob man komplette Rumpfmuskeln hat oder nicht. Man kann sich drehen, um den Ball zu fangen oder den Rollstuhl mit der Hüfte lenken. Das kann ich nicht. Ich mache alles mit den Armen. Deshalb haben gesunde Menschen schon einen Vorteil gegenüber Querschnittsgelähmten.

Wie kann man dann die verschiedenen Teams miteinander vergleichen?

Jedem Teammitglied wird ein Punktewert zugeteilt. Ein Beispiel: Jemand mit kompletter Querschnittslähmung ist beim Spielen stark eingeschränkt. Deshalb wird ihm nur ein Punkt angerechnet. Völlig gesunde Menschen bekommen 4,5 Punkte. Diese Punkte muss man dann zusammenzählen. Und insgesamt darf jede Mannschaft 14 Punkte aufs Feld stellen. So sind die Teams ungefähr gleich aufgestellt.

Wie sind Sie zum Rollstuhlbasketball gekommen?

Ich habe schon immer Sport getrieben, früher Tennis und Volleyball gespielt. 2008 erlitt ich eine Querschnittslähmung nach einem Unfall mit einem Snowmobil. Ich war zur Reha in einer Klinik in Murnau und stieß dort auf ein Rollstuhlbasketball-Team. So habe ich angefangen. Das war für mich wahnsinnig wichtig, gleich wieder aktiv zu sein.

Sie klingen unglaublich abgeklärt, wenn man bedenkt, dass dieser Unfall Ihr ganzes Leben verändert hat.

Für mich war der Unfall tatsächlich ziemlich schnell abgehakt. Ich war einfach nur froh, dass ich überlebt habe. Ich kann nach wie vor alles machen, was ich tun möchte. Deshalb kann ich mich nicht beklagen.   

Ernten Sie manchmal mitleidige Blicke?

Eigentlich kaum. Oft sind es eher erstaunte Blicke, weil ich zum Beispiel Rolltreppen hochfahren kann. Leute wundern sich, dass ich so selbstständig bin. Die meisten trauen sich auch gar nicht nach dem Grund zu fragen, warum ich im Rollstuhl sitze. Aber das ist natürlich auch eine Gratwanderung. Ich frage Leute, die ich kaum kenne, ja auch nicht nach deren Schicksalsschlägen.

Sollte unser Umgang mit behinderten Menschen anders sein?  

Eine Sache, die mir immer wieder auffällt: Es gibt Menschen, die greifen einfach hinten an meinen Rolli und wollen mich schieben. Ich weiß, dass das nett gemeint ist. Aber ich möchte nicht geschoben werden. Andere Rollstuhlfahrer benötigen diese Hilfe aber schon. Deshalb ist es das Beste, einfach vorher nachzufragen.

Kurzbiografie

Name: Laura Fürst
Geboren: 23. April 1991 in München
Disziplin: Rollstuhlbasketball
Behinderung: inkomplette Querschnittslähmung
Größte Erfolge: Europameisterin mit der U22-Mannschaft

Laura Fürst, Jahrgang 1991, sitzt seit einem Unfall mit dem Snowmobil im Rollstuhl. Sie spielt Rollstuhlbasketball beim RBB München. In Rio bei den Paralympics will sie Gold gewinnen. Das Nationalteam hat gute Chancen. Schon 2012 in London belegten die Frauen Platz 1. Und zuletzt bei der WM in Toronto holte die Mannschaft Silber.


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