Religion & Orientierung


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Pfarrer Rainer Maria Schießler aus München Der widerspenstige Pfarrer

In einer Zeit, in der die Kirchenaustritte ansteigen und immer weniger Menschen in die Kirche gehen, fällt er aus der Rolle: Rainer Maria Schießler, katholischer Pfarrer in München. Schießler ist bekannt für seine medienwirksamen Auftritte, seine provozierenden Predigten und seinen direkten, unkonventionellen Stil.

Von: Daniela Agostini

Stand: 22.09.2020

Pfarrer Schießler beim Gebet in seiner Kirche St. Maximilian. | Bild: BR/Daniela Agostini

Er segnet Tiere und homosexuelle Paare, er ist Tag und Nacht für seine Gemeinde erreichbar, er bedient auf der Wiesn und spendet die Einnahmen für einen wohltätigen Zweck. Er ist immer nah dran an den Menschen – und er lebt mit einer Frau zusammen. Sein ungewöhnliches Lebensmodell begeistert, polarisiert, schockiert. Das macht ihn zum bekanntesten und beliebtesten Pfarrer der Stadt – beim Kirchenvolk, aber nicht unbedingt bei der Amtskirche. Doch seine Prominenz, seine Beliebtheit und seine Authentizität schützen ihn. Sein tiefer Glaube ist für ihn der Ansporn, dabei zu bleiben. Denn Schießler ist Pfarrer mit Leib und Seele, er möchte für die Menschen da sein und das Evangelium verkünden. Er sieht sich als Seelsorger im Dienste der Menschen.

Ein Menschenfischer und nah am Evangelium

Rainer Maria Schießler kommt 1960 in München-Laim in einer streng katholischen Familie zur Welt. Sein vom Krieg traumatisierter Vater fordert Gehorsam von beiden Söhnen. Schon früh entfremdet Rainer, der Jüngere, sich vom Vater und findet mit zehn Jahren eine zweite Heimat in der Kirche, zunächst als Ministrant, später als Jugendgruppenleiter. Er merkt, dass er hier Bestätigung bekommt und etwas bewirken kann. Sein Entschluss Priester zu werden, reift heran.

Predigt, Podcast, Partnerschaft

In einer Zeit, in der andere erste Erfahrungen mit Liebesbeziehungen machen, geht er ins Kloster – nicht ahnend, dass die Einsamkeit ihn quälen wird. Als überraschend seine Mutter stirbt, bricht er das Noviziat ab und beschließt Theologie zu studieren. Nachts fährt er Taxi, um Geld zu verdienen – für ihn die perfekte Vorbereitung auf die Arbeit als Seelsorger.

Als er 1993 seine erste Stelle in der Pfarrei St. Maximilian antritt, muss der 33-Jährige sich mit einer zerstrittenen Gemeinde im Schwulenviertel Münchens auseinander setzen. In dieser Zeit nähert er sich seinem Vater an und erkennt, welche Stärke dieser in der Nazi-Zeit bewies. Bis heute motiviert Rainer der Gedanke, dass es dem Vater darum ging, etwas konsequent zu verfolgen. Dies macht auch er auf seine Art: unkonventionell in Predigt, Podcasts und Partnerschaft.

 Redaktion: Elisabeth Möst


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