Religion & Orientierung


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9. November 2006 Einweihung der Synagoge

Mit einem Festakt und Teilnahme von viel Prominenz sind am 9. November 2006 Hauptsynagoge und Gemeindezentrum eröffnet worden. Münchens Juden haben seitdem wieder eine würdige Heimat in der Mitte der Stadt.

Stand: 26.10.2006 | Archiv

Einweihung der neuen Münchner Synagoge: Öffnung des Tora-Schreins | Bild: picture-alliance/dpa

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München, hatte bewusst den 9. November als Datum für die Eröffnung der neuen Synagoge Ohel Jakob gewählt, denn in der Pogromnacht von 1938 hatten die Nationalsozialisten die alte Ohel-Jakob-Synagoge der orthodoxen Juden in der Herzog-Rudolf-Straße völlig zerstört. 68 Jahre nach diesem barbarischen Akt ist jüdisches Leben wieder sichtbar in der Mitte der Stadt verankert. Dies betonte auch Christian Ude.

Oberbürgermeister Christian Ude, Ministerpräsident Edmund Stoiber, Bundespräsident Horst Köhler (v.l.n.r.)

Der Oberbürgermeister sagte bei der feierlichen Eröffnungszeremonie, dass "Münchens Jüdinnen und Juden im Wortsinn im Herzen der Stadt angekommen sind". Bei dem Festakt vor 1.200 Gästen nahmen zahlreiche hochrangige Politiker teil, unter anderen Bundespräsident Horst Köhler (CDU), Vize-Kanzler Franz Müntefering (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). Die Synagoge ist Teil des neuen Jüdischen Gemeindezentrums.

Knobloch: "Wir sind wieder Teil des Landes"

Meir Lau, Oberrabbiner aus Israel, spricht vor dem Tora-Schrein.

Köhler verwies bei seiner Rede auf "den Traum, dass jüdisches Leben in Deutschland eines Tages wieder eine Selbstverständlichkeit ist". Köhler warnte zugleich vor dem Erstarken des Rechtsextremismus in Deutschland. Knobloch sprach von einem neuen Kapitel im Zusammenleben der Bürger: "Das ist die Botschaft des 9. November 2006: Wir Juden sind wieder Teil des Landes."

Unterirdisches Denkmal für ermordete Münchner Juden

Stoiber sagte: "Wir sind dankbar für dieses Vertrauen und freuen uns, dass die Bürger jüdischen Glaubens in unserer Heimat wieder ein geistiges, kulturelles und religiöses Zentrum gefunden haben."

Umzug der Tora-Rollen

Tora

Hebräisch für Lehre - Grundlage der jüdischen Religion. Die Tora begreifen orthodoxe Juden als göttliche Offenbarung, die von Moses in fünf Büchern niedergelegt worden sei. Als handgeschriebene heilige Pergamentrolle steht sie im Mittelpunkt des Gottesdienstes und symbolisiert die Gegenwart Gottes. Das Studium der Tora ist die Pflicht eines jeden jüdischen Mannes.

Die neue Synagoge wurde am Nachmittag mit der Schlüsselübergabe feierlich eröffnet. Nach den Eröffnungsreden wurden die Tora-Rollen in den Tora-Schrein gehoben und der siebenarmige Menora-Leuchter entzündet. Die Tora ist zentraler Bestandteil jüdischen Glaubens: Aus ihr lesen Mitglieder der Gemeinde während des Gottesdienstes vor.

Rabbiner tragen die Tora-Rollen in einer feierlichen Prozession von der alten in die neue Hauptsynagoge.

Nach jüdischem Ritus gilt eine Synagoge erst als Gotteshaus, wenn die Rollen, die die fünf Bücher Mose enthalten, in den Tora-Schrein gehoben werden. Zuvor waren bei einer feierlichen Prozession die Rollen von der bisherigen Synagoge in der Reichenbachstraße nach Ohel Jakob überführt worden.

Höchste Sicherheitsstufe

Der Festakt war nicht für Publikum zugänglich. Es wurden strengste Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Etwa 1.500 Polizisten bewachten das Gelände am Oberanger. Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer hatte ein konsequentes Vorgehen der Beamten angekündigt, falls Neonazi-Gruppen Störaktionen versuchen. Es kam jedoch zu keinen Zwischenfällen. Die Sicherheitsmaßnahmen waren nicht unbegründet: Schon zur Grundsteinlegung des Zentrums im Jahr 2003 hatten Rechtsextremisten einen Anschlag überlegt, den die Polizei vereiteln konnte. Eine für den 9. November 2006 von Neonazis beantragte Mahnwache auf dem Marienplatz hatte die Stadt verboten.


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