Religion & Orientierung


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Jüdisches Leben in Bayern Schutz per Privileg

Juden waren auf Gunstbezeugungen ihrer Herrscher angewiesen, die sie ihnen in Form von Schutzrechten - dem so genannten Judenschutzregal - gewährten.

Stand: 03.01.2021 | Archiv

Kaiser Friedrich I. Barbarossa | Bild: picture-alliance/dpa

Allgemein verbriefte Rechte hatten Juden im Mittelalter nicht - und das blieb bis ins 19. Jahrhundert so. Juden hatten damals den Status von "Freien". Das hört sich besser an, als es war - denn damit waren Juden vom Zunftwesen ausgeschlossen und konnten keine Handwerksberufe ausüben. Auch der Erwerb von Grund und Boden war so gut wie unmöglich. Es gab also auch fast keine jüdischen Bauern. Dass sich Juden in der Regel auf Handel und Geldverleih verlegten - eine Tatsache, die man ihnen jahrhundertelang zum Vorwurf machte - hat den simplen Grund darin, dass ihnen nichts anderes übrig blieb.

Privileg: Schutzrecht als Gnadenakt

Juden waren auf Gunstbezeugungen ihrer Herrscher angewiesen, die sie ihnen in Form von Schutzrechten - dem so genannten Judenschutzregal - gewährten. Wie gefährdet Juden zum Teil waren, geht aus einer Verfügung Kaiser Barbarossas von 1182 hervor, in der er den Mord an Regensburger Juden verbot.

Desweiteren gewährten die jeweiligen Landesherrn mit solchen Privilegien Eigentum, freie Religionsausübung und Handelsfreiheit. Bei Geldgeschäften errangen Juden dadurch oft eine Monopolstellung, zumal Christen lange Zeit das Erheben von Zinsen verboten war.

Leibeigenschaft

Eines der markantesten Judenprivilegien stammt aus dem Jahr 1236 von Kaiser Friedrich II. Er gebraucht erstmals den Begriff servi camerae, auf Deutsch: Kammerknechte. Friedrich II. ordnete damit das Verhältnis zu den Juden neu: Sie waren jetzt Leibeigene. Der Kaiser vergab das Judenschutzregal von nun an an Kammerknechte. Er besserte damit seine Kasse auf, denn diese Rechte waren nicht gratis zu haben, sondern nur für teures Geld - so teuer, dass schon damals manche Juden erste Auswanderungsversuche nach Palästina unternahmen. Die, die hierblieben, mussten sich die zeitlich befristeten Schutzbriefe immer wieder erneuern lassen - gegen Zahlung.

Juden als "Handelsware"

Da die Juden nun mit Person und Vermögen Eigentum der Könige waren, sahen sie sich mit der erniedrigenden Situation konfrontiert, dass sie "Handelsobjekt" für die Herrscher wurden. Die Imperatoren verkauften das Judenschutzregal an Fürsten und freie Reichsstädte. Festgeschrieben wurde dieses Verfahren in der Goldenen Bulle von 1356. Die Juden waren nun von der Willkür einzelner Herzöge abhängig. Ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Königen waren sie damit aber keineswegs enthoben. Diese ließen sich eine ganze Reihe von Sondersteuern für Juden einfallen, so dass diese eine Doppelbelastung zu tragen hatten.

Hintergrund: Sonderabgaben für Juden

Liste einiger Spezialsteuern für Juden - darüber hinaus gab es noch eine Vielzahl von regionalen Sonderabgaben:

  • Goldener Opferpfennig: jährliche Kopfsteuer für Juden über 12 Jahre - eingeführt 1342 von Kaiser Ludwig dem Bayern (1282-1347)
  • Krönungssteuer: Abgabe zur Königskrönung, ebenfalls von Ludwig dem Bayern eingeführt
  • Taxe bei Fürsteneinzug: Abgabe dafür, dass beim Stadteinzug des Fürsten Soldaten davon abgehalten wurden, jüdischen Frauen den Hut vom Kopf zu reißen
  • Geleitgeld: Abgabe für Sicherheitsbegleitung, die für Juden auch zu Zeiten obligatorisch blieb, in denen es keines Geleits mehr bedurfte
  • Leibzoll: Steuer, die Juden auf Reisen an Zollschranken abverlangt wurde - Diese besonders demütigende Abgabe wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein erhoben

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