Kultur


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Eva Mattes Bühnenberserkerin mit Bodenhaftung

Theaterstar und "Tatort"-Kommissarin, hohe Bühnenkunst und Unterhaltung - Eva Mattes vereint beides. Sie hat keine Berührungsängste vor Populärem und über allen Karriere-Höhenflügen ihre Bodenhaftung nie verloren.

Stand: 17.08.2011 | Archiv

Eva Mattes | Bild: picture-alliance/dpa

In das Bildgedächtnis der Theatergeschichte eingegangen ist folgende Szene: Eva Mattes, wie sie von dem körpermächtigen Ulrich Wildgruber als Othello mit seiner schwarzen Körperbemalung besudelt und nackt wie ein Stück Fleisch über eine Wäscheleine gehängt wurde. Zwischenrufe und Türenknallen gehören seit jeher zu Mattes' Aufführungsalltag, wie in Peter Zadeks "Othello"-Inszenierung von 1976, die das gediegene Abo-Publikum schockierte.

Skandal? Egal!

Es zog sie schon immer zu den radikalen Regisseuren, die ihren Schauspielern alles abverlangen, wie eben Zadek, ihrem zeitweiligen Lebensgefährten Werner Herzog und Rainer Werner Fassbinder. Und diese fanden in ihr jemanden, der sich kompromisslos in seine Rollen wirft. Die Arbeit für Bühne und Leinwand ist ihre Passion: "Ich bin mir sicher, dass ich mit dem Wunsch, Schauspielerin zu werden, auf die Welt gekommen bin."

Schon ihre Kinokarriere begann mit einem Skandal: Michael Verhoevens Anti-Vietnamkriegsfilm "o.k.", in dem Mattes als 15-Jährige ein Vergewaltigungsopfer spielte, entzweite die Jury 1970 so sehr, dass das Festival ohne Preisträger zu Ende ging. Zwei Jahre später machte Eva Mattes Furore im Franz-Xaver-Kroetz-Stück "Stallerhof" am Deutschen Schauspielhaus: In einer Nacktszene mit Mut zur Hässlichkeit empfahl sie sich endgültig für die richtig großen Rollen.

Und hier spricht Pippi Langstrumpf!

Das Filmgesicht von Pippi Langstrumpf ist Inger Nilsson - Eva Mattes ihre deutsche Stimme

Schon als Kind stand Mattes vor der Kamera und auf der Bühne: "Meine Schulzeit endete unkonventionell früh." Sie wechselte von der Real- auf die Volksschule, um mehr Zeit für ihre Arbeit als Synchronsprecherin zu haben. Sie lieh der deutschen Version von Pippi Langstrumpf und Timmy, dem Jungen aus der Hunde-Serie "Lassie", ihre Stimme. Arbeit war für Mattes immer ein Lernprozess. Ein tiefes Bedürfnis zu verstehen trieb sie dabei an: "Ich habe ein paar Jahrzehnte nur Rollen von den größten Autoren gespielt, habe in deren Sprache gelebt, jedes Wort dreimal umgedreht."

Ihr Lebensregisseur: Peter Zadek

Peter Zadek, der im Jahr 2009 83-jährig gestorben ist, kann man als ihren Lebensregisseur bezeichnen. Mit ihm feierte sie ihre größten Bühnenerfolge, etwa 1981 "Der Widerspenstigen Zähmung", 1986 "Mutter Courage" und 1988 "Kaufmann von Venedig". Es war auch Zadek, der Mattes 1994 in das Direktorium des Berliner Ensembles holte - als Puffer zwischen Leitung und Betrieb. Das Amt legte sie jedoch nach einem Jahr nieder: "Ich will meine Kraft auf keinen Fall im Behaupten einer Machtposition vergeuden."

"Schauspielen kann man bis zum Tod"

Seit 2001 spielt sie die SWR-Tatortkommissarin Klara Blum - seit zehn Jahren eine Konstante in ihrem Leben: "Die Leute rufen mir auf der Straße hinterher: 'Ach, da geht die Frau Kommissarin!'" Starallüren sind Mattes fremd, "weil es ja nichts Abgehobenes ist, was ich tue." Und die Zukunft? Die liegt für Eva Mattes auf der Bühne - natürlich: "Schauspielen kann man bis zum Tod. Wenn die Beine schwächer werden, dann sitzt man eben im Stuhl."

Eva Mattes

Eva Mattes wurde 1954 in Tegernsee als Tochter der Budapester Schauspielerin Margit Symo und des Wiener Komponisten Willy Mattes geboren. Seit 1966 hat sie in über 200 Kino- und Fernsehfilmen mitgespielt. Mattes hat zwei Kinder, Hanna und Josef, und lebt mit dem österreichischen Künstler Wolfgang Georgsdorf in Berlin.


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