Kultur


1

Achternbusch Der Künstler - universal, genial, brutal

Als Filmemacher ist er bekannt, aber zumeist verachtet. Als Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Lyriker wird er von der Kritik auch nicht unbedingt mit Lob überschüttet. Die Leistung des autarken Universalkünstlers bleibt - wie so oft - unterschätzt.

Stand: 01.04.2019 | Archiv

Herbert Achternbusch | Bild: picture-alliance/dpa

Schon Mitte der 60er-Jahre arbeitet Achternbusch als freier Künstler. Seine monochromen Bilder und Radierungen präsentiert er unter anderem im Münchner Haus der Kunst. Er bevorzugt das Aquarell mit unterschiedlichsten Materialien - zum Beispiel Zeitungs- oder Japanpapier. Seine exzessive Malweise lässt ihn verschiedene Zyklen in kürzester Zeit abschließen. Poetisch, sensibel, kraftvoll und fantastisch sind seine figürlichen Arbeiten, wie jüngst im Passauer Kunstmuseum oder in der Münchner Rathausgalerie zu sehen.

Der Maler

Bayerns Generalkonservator Egon J. Greipl mit einem Wandspruch aus Achterbuschs Wohnung

Der Maler Achternbusch agiert anders als der provokante Filmemacher. Erotik und die griechische Mythologie sind seine bevorzugten Themen, weniger die Politik. "Die alten Griechen mag ich, die sind so pessimistisch." Der unendlich Kreative schafft nach 16-jähriger Schaffenspause als bildender Künstler aber auch farbige Skulpturen, vornehmlich aus Holz und Beton. Zudem illustriert er viele seiner Bücher selbst. Auch seine Wohnungen - in München und im österreichischen Waldviertel - sind eine einzige Ausstellung. In München malte er an einem Tag lauter lebensgroße Krieger an die Wände - erst danach wurde ihm bewusst, dass es 28 waren, genau so viele, wie er Filme gemacht hatte.

Der Schriftsteller

Als Autor macht sein Erstlingsroman Furore: "Die Alexanderschlacht" von 1971 wird als bahnbrechend für die Avantgarde der jungen deutschen Literatur eingestuft. 1977 provoziert er einen Skandal, als er bei der Preisverleihung des von der Zeitschrift "Bunte" gestifteten und von Peter Handke verliehenen Petrarca-Preises diesen verbrennt und die Veranstaltung unter Protest verlässt.

Der Dramatiker

Josef Bierbichler in Achternbuschs "Gust" 1985 an der Freien Volksbühne Berlin

Zudem entdeckt Achternbusch die Theaterbühne für sich. Von Claus Peymann ermutigt, entsteht 1978 "Ella" - ein szenischer Monolog, bei dem ein Sohn die Geschichte seiner Mutter erzählt, einer Überlebenskünstlerin. Zu seinen erfolgreichsten Stücken gehört "Gust" in den 80ern, das mit Sepp Bierbichler in der Hauptrolle mehrere Jahre an den Münchner Kammerspielen aufgeführt wird. Das Erfolgsstück "Gust" beispielsweise - eine Reflexion eines Niederbayern über sein Leben, während seine Frau im Bett daneben im Sterben liegt. Dieter Dorn, der Intendant der Kammerspiele und ein Freund Achternbuschs, setzt ihn danach sehr oft auf den Spielplan.

"Der Weltmeister" in Deutscher Erstaufführung am Landestheater in Coburg

Den Mühlheimer Theaterpreis erhält Achternbusch unter anderem für das Drama "Der Stiefel und sein Socken", dessen Titel typisch ist für ihn: Dadaistische Sinnlosigkeit und Verspieltheit sind kombiniert mit einer melancholischen Nachdenklichkeit, wie man sie von Samuel Beckett kennt. Allein 2007 stehen drei Achternbusch-Premieren auf bundesdeutschen Spielplänen ("Kopf und Herz", "Der Weltmeister" und "Einklang").Dennoch bekennt Achternbusch in seiner typischen Art: "Ich mochte das Theater nie, ich hab's nur gemacht, um Geld für die Filme zu haben."

Achternbusch von A bis Z

Als Sprücheklopfer ist Herbert Achternbusch ein begnadeter Steinmetz. Bonmots, Beleidigungen, Wahrheiten und Flachwitze - eine kleine Auswahl von A wie Annamirl bis Z wie Zuflucht.

A

A wie Annamirl
"Das war 'meine' Schauspielerin. Das ist das einzige, was ich in meinem Leben erreicht habe."

A wie Angst
"So ein kleines Volk am Nordalpenrand hat Angst vor anderen und vor allem aber vor sich selber. Bei den Österreichern ist es ja noch schlimmer. Die sind ja völlig vertrottelt in den Bergen."

B

B wie Bayern
"In Bayern möchte ich nicht einmal gestorben sein."

C

C wie CSU
"In Bayern gibt es 60 Prozent Anarchisten und die wählen alle die CSU."

D

D wie Denken
"Ich mag ganz gerne das denken, was ich immer schon gedacht habe, weil es ist ja eh immer anders. Die Zeit, das ist ja eine Spirale in sich."

E

E wie Eltern
"Mein Vater war a Sau und meine Mutter a Nazi."

F

F wie Fernsehen
"Du glaubst gar nicht, wie diese Fernsehsäftln sich identifizieren mit einer dumpfen Mehrheit. Das können sie inzwischen so gut, dass sie sich selber glauben, wenn sie reden."

G

G wie Gewissen
"Schlechtes Gewissen ist ein Punkt, den ich punktuell nicht kenne, sondern nur im Allgemeinen. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich lebe."

G wie Griechische Mythologie
"Die alten Griechen mag ich, die sind so pessimistisch."

H

H wie Hochdeutsch
"Wenn man bayerische Sätze ins Hochdeutsche übersetzt, dann klingen sie viel gefährlicher."

J

J wie Judenvernichtung
"Da red ich mit meinem Vater über die Judenvernichtung. Da frag ich, warum redet da keiner drüber. Da lacht er und sagt: 'Die Deutschen reden doch nicht darüber, was sie anstellen. Die warten nur auf die Zeit, bis sie wieder damit angeben können.' Das ist ein durch und durch feiges Volk für mich."

K

K wie katholisch
"Ich war katholischer als meine Oma, weil ich einen Rückhalt gesucht habe. Als Schüler habe ich geglaubt. Das war Ersatz für alles - für eine gewisse Zeit. Dann hast nicht mehr wichsen dürfen, das war ja langweilig. Das ist ja lebensfeindlich. Da war es vorbei."

K wie krank
"Ich habe immer Filme gemacht, weil krank werden wollte ich unter gar keinen Umständen. Wenn du krank bist, dann bist du ein hilfloser Depp. Ein hilfloser Depp war ich als Filmemacher auch, aber ich habe was gesagt und ich habe was gezeigt."

L

L wie Laien
"Ich habe nur mit Laien gedreht, außer mit dem Bierbichler. Der war Profi, und das merkt man. Das ist so eine gewisse gelangweilte Spielweise, die sie sich aneignen, um im Fernsehen aufzufallen, aber nicht zu sehr aufzufallen."

L wie Langeweile
"Ich langweile mich gerne. Das finde ich schön. Aber das muss man alleine machen, das kann man den anderen nicht zumuten."

M

M wie Malen
"Ich habe immer schon gemalt. Meine Mutter hat auch immer gern gemalt. Von der habe ich das Talent."

M wie Mist
"Ich wollte nur meinen Mist machen. Aber da habe ich mir auch nicht reinreden lassen."

N

N wie Natur
"Meine Filme waren ein Naturwunder."

S

S wie Skandal
"Dreimal haben's mir ins Kino geschissen. Da sieht man, dass die feinen Leute oft die größten Drecksäue sind. Dabei war 'Das Gespenst' der beste Christus-Film, den es gab. Was der Scorsese und der Mel Gibson zuletzt gemacht haben, ist ja richtig feig dagegen."

T

T wie Theater
"Ich mochte das Theater nie, ich hab's nur gemacht, um Geld für die Filme zu haben."

T wie Tod
"Der Tod und das Sterben ist die beste Quelle für die Fantasie."

V

V wie Vater
"Den hab ich immer gemocht, aber er war nie da. Von meinem Vater konnte ich nur zwei Dinge erwarten: entweder in den Tierpark gehen oder wieder in den Tierpark gehen."

W

W wie Weinen
"Ich kann nicht weinen. Ich kann nur saublöd lachen."

W wie Wirtshaus
"Einen Abend ohne Wirtshaus finde ich gottlos!"

Z

Z wie Zuflucht
"Der Stammtisch war ein Zufluchtsort in der Zeit, in der wir keinen Film gemacht haben."


1