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Die Freizeit Die wilde Flusslandschaft der Pupplinger Au

Nur in wenigen Abschnitten durfte die Isar ihren ursprünglichen Wildflusscharakter behalten. In der Pupplinger Au bei Wolfratshausen umkurvt sie noch vielarmig zahlreiche Kiesinseln. Kein Wunder, dass diese Traumlandschaft Naturliebhaber, Sonnenanbeter und Kajakfahrer anlockt.

Von: Ernst Eisenbichler

Stand: 04.04.2012 | Archiv

Wechselspiel von Wasser, Kies und Licht | Bild: BR/Ernst Eisenbichler

Flussbegradigungen, Kanäle, Wehre, Kraftwerke - auf vielen Streckenabschnitten lädt die Isar nicht gerade zum Verweilen ein. Inzwischen hat man einige alte "Flussbausünden" korrigiert. So wurde die Isar im Münchner Süden weitgehend renaturiert und in ein veritables Naherholungsgebiet verwandelt: Von der Großhesseloher Brücke bis in die Innenstadt hinein gestattet man dem einst schnurgeraden Wasserschlauch nun wieder einen weniger gezähmten Verlauf. Wo früher Uferbefestigungen eine Barriere für den Spaziergänger bildeten, kann er heute ungehindert ans Wasser.

Wildflussparadies bei Wolfratshausen

Mehr oder weniger echten Wildflusscharakter besitzt die Isar jedoch nur noch an wenigen Stellen, zum Beispiel am Oberlauf zwischen Krün und Sylvensteinspeicher. Eine davon ist auch die Pupplinger Au im Gebiet der Loisach-Mündung bei Wolfratshausen.

Ansicht der Isar aus einer Zeit vor Kanälen und Begradigungen.

Mit ihren zahlreichen Parallelarmen und Kiesbänken erinnert die Isar dort ein wenig an ein Urstromtal, bis zu zwei Kilometer breit sind ihre Auen. Bei Puppling vermittelt sie eine kleine Ahnung davon, wie sie vor Jahrhunderten überall aussah.

Geschiebe-Stopper Sylvensteinspeicher

Auch der 1959 in Betrieb genommene Sylvensteinspeicher trägt seinen Teil zur Flusszähmung bei. Er schützt zwar die Städte von Bad Tölz bis Dingolfing vor Überflutungen, blockiert aber das sogenannte Geschiebe: die Steinmengen, die jeder Fluss mittransportiert, vor allem bei Hochwasser. 60.000 Kubikmeter Geschiebe bleiben im Jahresmittel im Speichersee hängen. Das Zusammenwirken von mächtigem Hochwasserabfluss und Geschiebenachfuhr wäre jedoch wichtig für eine Wildflusslandschaft. Ihre Tiere und Pflanzen brauchen ein dynamisches System.

Damals hatte die Isar den dynamischen Verlauf eines Gebirgsflusses, jedes Hochwasser pflügte ihr Bett um. Immer wieder neue Arme entstanden und veränderten die Lage der Kiesinseln. Sie beherrschte das Tal nach Gutdünken, mit allen Vor-, aber auch Nachteilen, etwa Überschwemmungen.

Ausflugsziel nicht nur für Anwohner

Floßfahrt auf der Isar 1912 | Bild: Süddeutsche Zeitung Photo / Knorr + Hirth zum Artikel Das Floß Vom Last- zum Lustschiff

Heute ist Floßfahren auf der Isar eine Touristen-Attraktion. Lange Zeit davor war es Wasserfahrzeug für einen wichtigen Wirtschaftszweig: Die Flößer transportierten Holz, Bier und Gewürze – und Kurfürsten isarabwärts in den Krieg. [mehr]

In dieser ursprünglichen Gestalt wäre die Isar den meisten heutigen Sonnenanbetern wohl zu unwirtlich. Es dürfte sie kaum stören, dass sie sich inzwischen nur noch "halbwild" präsentiert. Aber auch so ist die Pupplinger Au eine traumhafte Flusslandschaft mit Seltenheitswert. Sie ist daher ein Ausflugsgebiet par excellence, das auch viele aus dem 30 Kilometer entfernten München anzieht. Der Auwald, der hauptsächlich aus Kiefern, Fichten und Weißerlen besteht, lässt sich auf schmalen Pfaden durchwandern.

Radlern steht ein Asphaltweg zur Verfügung, der inzwischen aber auch von so vielen Rollerbladern genutzt wird, dass es an manchen Tagen eng wird. Auf den Kiesflächen in der Isar tummeln sich an sonnigen Sommer-Wochenenden Hunderte von Sonnenanbetern und Nacktbadern zwischen Weidenbüschen und Tamarisken.

Der alte Isar-Schwung ist hin

Zuwachsende Kiesbänke verringern den Lebensraum des Flussregenpfeifers.

Dass die Kiesinseln überhaupt bewachsen sind, hängt just damit zusammen, dass der Wildfluss nicht mehr so wild ist wie einst. Eine gebändigte Isar ist zwar weniger gefährlich und bietet mehr Freizeitwert, doch sie hat längst nicht mehr die Dynamik von früher.

Dazu hat die Isar in der Pupplinger Au viel zu wenig Wasser, das meiste wird ihr seit 1924 am Krüner Wehr bei Mittenwald fürs Walchenseekraftwerk entzogen. In ihrem Ursprungszustand war die Isar dagegen - vor allem bei Hochwasser - so reißend, dass Pflanzen wenig Chancen auf den Kiesbänken hatten. Diese sind aber Biotop für Vogelarten wie Flussuferläufer oder Flussregenpfeifer, die durch den Bewuchs zu wenig Lebensraum vorfinden und verschwinden. Inzwischen hat man wieder mehr freie Kiesflächen geschaffen.


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