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Roider Jackl Der Derblecker vom Nockherberg

Der Roider Jackl weiß, wovon er dichtet. Als in den 50er-Jahren das traditionelle Politiker-Derblecken auf dem Münchner Nockherberg wieder auflebt, wird der populäre Volkssänger bald zum Höhepunkt des alljährlichen Programms.

Von: Günter Sigl

Stand: 23.05.2012 | Archiv

Roider Jackl Nockherberg | Bild: BR

1954, als Nachfolger von Adolf Gondrell, besteigt Jakob Roider die Nockherberg-Bühne. Fast 20 Jahre lang darf er beim Salvatoranstich die Politprominenz humoristisch in die Pfanne hauen und ist damit ein Vorfahre der späteren Brüder Barnabas alias Walter Sedlmayr, Max Grießer, Erich Hallhuber, Bruno Jonas, Django Asül, Michael Lerchenberg und Luise Kinseher.

Bayern - Bonn - und die ganze Welt

Mit seinen Salvator-Reden und -Gstanzln begleitet der Roider Jackl die Politik entlang der Achse Bayern, Bonn und dem Rest der Welt. Die bis heute nicht völlig aufgeklärte bayerische Politaffäre um die Vergabe privater Spielbank-Lizenzen, die Diskussion um die Remilitarisierung im Nachkriegsdeutschland, die in den 60er Jahren beginnenden Studentenproteste oder der Ost-West-Konflikt - egal um was es geht, Roider macht seine Gstanzl dazu.

Salvatorprobe

Spielbankenskandal

In unsere bayerischen Spielbankn is viel Geld umgsetzt wordn, und besonders bayerische Politiker ham dort sehr viel verlorn.

Wiederbewaffnung

Gegen unsa Remilitarisierung hört ma gar neamd mehr redn, ja wenn scho d'Sozi dafür san, bin i aa nimma dagegn.

Kalter Krieg

Für de Russn waar ja des Westdeutschland scho sehr interessant, weil dann da Ulbricht sei Mauer ganz an Rhein histelln kannt.

Studentenunruhen

Jetzt verliern endlich die Politiker mit dene Studenten die Geduld, aber dass soweit kemma ist, da sans aa selber, und net bloßs Fernsehn, dro schuld.

Nur nicht ignoriert werden

Die politischen Themen wechseln, aber eines bleibt über die Jahrzehnte auf dem Nockherberg gleich: Die Opfer des Spotts werden ohne Ansehen von Stand und Partei durch den Kakao gezogen.

"Da Salvator ist a Kreuzung zwischen an Bier und an Sekt, der ghört aan et trunka wias Wasser, sondern zuzlt und gschleckt."

(Roider Jackl)

Programmheft Salvatoranstich 1963

Und schon zu Roider Jackls Zeiten ist es der Salvator-Gau für einen Politiker, sollte er beim "Dablecka" einfach ignoriert werden. So ist denn 1974 der damalige bayerische Kultusminister Hans Maier sichtlich zufrieden, bei der Salvator-Rede erwähnt zu werden. "Sehr verehrter Herr Roider, lieber Roider Jackl", schreibt der Minister im März 1974 in einem Brief an die Freisinger Adresse des Volkssängers und bedankt sich für Roiders "freundliches Gstanzl beim Salvator-Anstich".

Abstecher zur Konkurrenz

1973 haben der Roider Jackl und der Nockherberg eine kleine Beziehungskrise. Grund ist die vom Veranstalter geplante Reihenfolge der Auftritte. Roider ärgert sich, weil er weit hinten platziert ist. Er will nicht spielen, wenn das Publikum schon besoffen ist, lässt er den Nockherberg-Verantwortlichen mitteilen. Aber die bleiben stur. Roider auch: Mit seinen schon fertigen Salvator-Gstanzln geht der Volkssänger zur Konkurrenz. Statt an der Hochstraße tritt er beim Löwenbräu-Triumphator am Stiglmaierplatz auf. Aber nur das eine Mal. 1974 ist er wieder der Star auf dem Nockherberg.


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