Themen - Kult & Brauch


0

Luise Kinseher Charmante Kritik mit einem Augenzwinkern

Politisch korrekt sollte ihre Fastenpredigt ausfallen. "Schaun wir mal", hatte die neue Nockherberg-Derbleckerin Luise Kinseher bei ihrer Nominierung 2010 gesagt. Damals teilte sie schon mal vorab im Gespräch mit BR-online aus.

Stand: 23.11.2010 | Archiv

Kabarettistin Luise Kinseher sorgt für gute Laune | Bild: BR/Ralf Wilschewski

BR-online: Sie als Niederbayerin haben das Derblecken quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Was genau ist denn Derblecken für Sie?

Luise Kinseher: Derblecken ist ein Auffischiaßn, ein Aufziehen. Das bedeutet: Dem anderen auf eine humorvolle und ironische Art und Weise seine Schwächen ins Gesicht sagen. Er soll darüber lachen können - und die anderen auch. Aber man darf nicht hinterher zerstritten auseinandergehen.

BR-online: Sie sind die erste weibliche Derbleckerin auf dem Nockherberg - auch weil Michael Lerchenberg zurücktreten musste und weil sich Helmut Schleich mit ihm solidarisiert hat. Was halten sie von den beiden Rücktritten?

Luise Kinseher: Ich fand die Situation beim letzten Nockherberg ganz wunderbar, diese "Mächtigen", die da vor einem sitzen, da quasi runterzuholen. Und ich finde es nicht gut, wenn alle Kabarettisten jetzt sagen: Das geht uns nichts mehr an. Also mach ich's!

BR-online: Dennoch sagen Sie, dass Sie da eine "Gratwanderung" erwartet. Wieso?

Luise Kinseher: Man darf sich nicht zum Komplizen der Politik machen, muss sich aber bewusst sein, dass man den Politikern ein Forum bietet. Sie können Ihr Image aufbessern, indem sie sich humorvoll zeigen. Die Gratwanderung besteht darin, Kritik charmant und mit einem Augenzwinkern zu verpacken. Walter Sedlmayr hat gesagt: Je g'scherter wir sind, desto freundlicher müssen wir sein. Ohne die Politiker im Auditorium würde die ganze Veranstaltung nicht funktionieren. Und der Nockherberg ist einzigartig, er ist urtümlich bayerisch.

BR-online: Paulaner-Chef Andreas Steinfatt hat die Bedingung gestellt, Ihre Rede müsste "politisch korrekt" sein. Was soll politisch korrektes Derblecken sein?

Luise Kinseher: Gute Frage! Ich habe ihm geantwortet: "Schaun wir mal". Man macht keine Witze über Behinderungen oder Krankheiten, aber es gibt keine Regeln für "political correctness". Da ist Fingerspitzengefühl gefragt. Ich würde allerdings niemals im Privaten wühlen. Es geht um politische Inhalte und darum, wie Politiker mit ihren Unzulänglichkeiten Politik machen. Es kann aber nicht darum gehen, Politikern pauschal Machtversessenheit und Unglaubwürdigkeit zu unterstellen. Das wäre brandgefährlich für unsere Demokratie!

BR-online: Hat der Wechsel der Figur - weg vom Bußprediger und hin zur depressiven Göttin und Mama Bavariae - auch einen Wechsel im Inhalt und in der Form der Rede zur Folge?

Luise Kinseher: Die Figur ist für mich sehr wichtig, weil sie eine bestimmte Haltung vorgibt. Die Landesmutter Bavaria liebt ihr Land und ihre Kinder über alles, blickt aber auch mit einer gewissen Strenge auf sie. Sie ist zutiefst unglücklich über die Zustände. Die Bavaria hat noch Ideale, große Ziele und einen gesunden Menschenverstand. Das ist eine wunderbare Haltung, aus der heraus man den Nockherberg gut gestalten kann.

BR-online: Stellen Sie sich vor, Sie müssten schon nächste Woche die Rede halten. Was käme denn darin vor?

Luise Kinseher: Momentan ist natürlich Guttenberg das Thema. Wunderbar dieses Dilemma: Unterm Kanzler macht er's nicht, aber die CSU will ihn natürlich unbedingt in Bayern halten. Sehr schön zu beobachten ist natürlich auch, wie Christine Hadertauer, Markus Söder und Horst Seehofer damit umgehen. Das wird bestimmt auch noch im März aktuell sein. Große Themen sind mit Sicherheit auch der Atomausstieg, überhaupt die ganze Energiepolitik, Stuttgart 21 und Bayerns Haltung dazu und vor allem die Diskrepanz, die sich aus dem Dilemma ergibt, den Ausstieg aus dem Atomausstieg auch noch als ökologisch sinnvoll verkaufen zu wollen. Das kann man schön Derblecken.

BR-online: Seehofer selbst hat nach dem letzten Nockherberg gesagt, er hätte mehr Derblecken verdient gehabt. Was würden Sie ihm den gerne mitgeben?

Luise Kinseher: Da sich Horst Seehofer in seinen Haltungen, Meinungen und Äußerungen permanent ändert, kann ich ja jetzt noch nicht wissen, was im März aktuell sein wird. Schaun wir mal.

BR-online: Roiderer Jackl, Walter Sedlmayr und Bruno Jonas: Sie treten in große Fußstapfen. Macht Sie das nicht ein bißchen nervös?

Luise Kinseher: Mir geht's gut und ich freue mich auf die Herausforderung. Ich glaube, dass ich ganz gute Ideen sammeln werde bis zum 23. März und dass mir das ganz gut gelingen wird.


0