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NS-Imperialismus Hitlers Pläne und Strategien

Stand: 05.08.2008 | Archiv

Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg musste Deutschland wegen von den Siegermächten festgestellter Kriegsschuld Gebiete abtreten, Reparationszahlungen leisten und sich weitgehend entmilitarisieren. Der Versailler Friedensvertrag von 1919 legte das so fest. Deutschland war nun zunächst politisch isoliert. Das änderte sich 1925 mit den Verträgen von Locarno, als es in den Völkerbund aufgenommen wurde. Unter anderem die Tschechoslowakei unter Präsident Tomáš Masaryk befürwortete die Aufnahme Deutschlands. In den Augen der Nationalsozialisten war das Abkommen von Versailles nichts als ein "Schandvertrag", sie betrachteten es ausschließlich als Demütigung für Deutschland.

In der Landsberger Festungshaft schrieb Hitler Eroberungspläne in "Mein Kampf" nieder.

Adolf Hitler hatte bereits in den 1920er-Jahren die Revision von Versailles und Rückgewinnung der abgetretenen Gebiete im Sinn. Aber damit nicht genug: Er träumte von Krieg und der Eroberung von "Lebensraum im Osten", wie er während seiner Landsberger Festungshaft in "Mein Kampf" schrieb.

Kriegsziel "Tschechei"

Spätestens 1932 umriss Hitler dem Historiker Ferdinand Seibt zufolge konkrete Expansionsbestrebungen. Demnach sollten dabei auch die Sudetendeutschen eine wichtige Rolle spielen. Seibt zitiert Hitler: "Wir werden niemals eine große Politik machen ohne einen festen, stahlharten Machtkern im Mittelpunkt. Ein Kern von achtzig oder hundert Millionen geschlossen siedelnder Deutscher ... Zu diesem Kern gehört Österreich ... Es gehört dazu aber auch Böhmen und Mähren ..."

Konrad Henlein und Adolf Hitler

Nach der NS-Machtübernahme 1933 trat Deutschland aus dem Völkerbund aus, um - entgegen der Versailler Bedingungen - militärisch aufrüsten zu können. Hitler begann rasch mit Kriegsvorbereitungen. Am 5. November 1937 erklärte er vor der Führungsspitze der Wehrmacht als Kriegsziel die "Tschechei".

Er wollte die letzte bürgerliche Demokratie in Ostmitteleuropa und auch einen militärisch ernst zu nehmenden Staat zerschlagen. Hitler konnte sich bei seinen Expansionsplänen auf die Kooperation der Sudetendeutschen Partei (SdP) verlassen. Am 19. November unterwarf sich SdP-Gründer Konrad Henlein offiziell der Politik des Diktators. Er wollte den "Anschluss" des Sudetenlandes an Hitler-Deutschland, den sich auch die meisten seiner Wähler wünschten.

Eskalation bis zur Sudetenkrise

Was wollte Hitler? So schnell wie möglich die Konfrontation. Dazu verfolgte er eine Politik der Provokation. Im März 1938 vereinbarte er mit Henlein, dieser solle an die tschechoslowakische Regierung Gebietsforderungen stellen, die sie unmöglich akzeptieren konnte. Am 28. Mai verkündete Hitler den Spitzen des Reichs: "Es ist mein unabänderlicher Entschluß, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen." Als Termin nannte er den 1. Oktober. Der tschechoslowakischen Regierung blieben diese Pläne nicht verborgen, sie verkündete die Mobilmachung.

Literatur-Tipps

Ferdinand Seibt
Deutschland und die Tschechen
Piper, München - Zürich, 1997

50 Jahre Münchner Abkommen
Institutum Bohemicum, München, 1988

Ein paar Monate später, am 15. September, rief Henlein zum Kampf mit den Waffen auf. Bis zu 15.000 sudetendeutsche Freikorps-Angehörige folgten dem Appell. Bei Partisanenaktionen an der deutsch-tschechischen Grenze kamen mindestens 160 Menschen um.

"Die Tschechen gehen uns nichts an"

Im Stich gelassen: der tschechoslowakische Staatspräsident Edvard Beneš

Der tschechoslowakische Staatspräsident Edvard Beneš befand sich in einer verzweifelten Situation, denn von den Westmächten kam weder erhoffte noch vertraglich zugesicherte Unterstützung. In England veröffentlichte der "Daily Mail" einen Artikel unter der Überschrift "Die Tschechen gehen uns nichts an".

Frankreich erfüllte nicht sein Beistandsabkommen mit der Tschechoslowakei. Im Gegenteil: England und Frankreich gaben klein bei. Sie schlugen Beneš am 15. September vor, alle Gebiete an Hitler abzutreten, in denen Sudetendeutsche zu mehr als 50 Prozent lebten. Beneš nahm diesen Plan am 21. September an. Aber Hitler drehte die Provokationsschraube weiter und forderte jetzt auch tschechische Gebiete außerhalb des Sudetenlandes. Die Sudetenkrise spitzte sich zu, der von Hitler gewünschte Krieg schien nun unvermeidlich.


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