Telekolleg - Psychologie


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Persönlichkeitspsychologie Aktuelle Ansätze der Persönlichkeitspsychologie

Was prägt unsere Persönlichkeit am meisten? Grundlegende, unveränderliche Eigenschaften? Oder die Art, wie wir Informationen verarbeiten? Oder die Wechselwirkung mit der Umwelt?

Stand: 02.11.2016 | Archiv

Gesichter in einer Menschenmenge | Bild: Getty Images

In der heutigen Persönlichkeitspsychologie kann man drei sich gegenseitig ergänzende Ansätze voneinander unterscheiden: den eigenschaftsorientierten Ansatz, den Informationsverarbeitungsansatz sowie den Ansatz der Erforschung dynamischer Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Persönlichkeit.

Eigenschaftsorientierte Ansätze

Die Beschreibung von Menschen anhand ihrer Persönlichkeitseigenschaften wurde bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. durch Hippokrates vorgenommen. Er unterschied vier Typen:

Sanguinikerin? Cholerikerin? Oder Melancholikerin?

  • den Sanguiniker, der heiter und aktiv ist
  • den eher grüblerischen und traurigen Melancholiker
  • den schwerfälligen und teilnahmslosen Phlegmatiker
  • sowie den leicht erreg- und reizbaren Choleriker.

Nachteil dieser Typologisierung ist jedoch, dass Menschen in sich gegenseitig ausschließende Schubladen gesteckt werden. Der Psychologe Hans Jürgen Eysenck (1916 - 1997) überwand diesen Nachteil, indem er anhand der Persönlichkeitsdimensionen "Extraversion" und "Neurotizismus" ein zweidimensionales System aufspannte, in dem sich alle Persönlichkeitsvarianten abbilden lassen sollen.

Zweidimensionales Persönlichkeitssystem nach Hans Jürgen Eysenck

Eysencks System erlaubt es, die verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften zwischen den Polen der Hauptachsen (introvertiert - extravertiert, instabil - stabil) einzuordnen. Introvertierte Menschen beispielsweise sind demnach eher still, ungesellig, passiv, besorgt, bedächtig usw. Und auch die von Hippokrates postulierten Typen gehen - wie der innere Kreis darstellt - in Eysencks System auf.

In neuerer Zeit ist der Eysenck'sche Ansatz um drei zusätzliche Dimensionen erweitert worden. Heute geht man davon aus, dass die menschliche Persönlichkeit anhand des Grades ihrer Ausprägung der fünf Faktoren "Neurotizismus", "Extraversion", "Verträglichkeit", "Gewissenhaftigkeit" und "Offenheit für Erfahrungen" unterschieden werden kann. Diese fünf Faktoren werden in der Fachsprache auch die "Big Five" genannt.

Der Informationsverarbeitungsansatz

Menschen unterscheiden sich voneinander jedoch nicht nur in den Ausprägungen bestimmter Persönlichkeitsdimensionen, sondern auch in der Art und Weise, wie sie Informationen verarbeiten und bewerten. Individuelle Unterschiede lassen sich dabei z.B. durch Intelligenztests messen. Ist der eine besonders herausragend, wenn es um räumliches Vorstellungsvermögen geht, so kann ein anderer möglicherweise bei der Überprüfung der sprachlichen Kompetenz mit Spitzenleistungen glänzen.

Ein Zusammenhang zum eigenschaftsorientierten Ansatz besteht in der Art und Weise, wie Menschen Informationen bewerten. Je nachdem, welche Persönlichkeitseigenschaften im Vordergrund stehen, wird derjenige Mensch ein entsprechendes Selbstkonzept entwickelt haben. Das Selbstkonzept beeinflusst nun die Verarbeitung selbstbezogener (d.h. für die eigene Person relevanter) Informationen. Stimmen die erhaltenen Informationen nicht mit dem realen oder auch idealen Selbst überein, so kann dies neues Verhalten hervorrufen. Dadurch soll erreicht werden, dass sich die Diskrepanzen auflösen und die Mitmenschen einen so sehen, wie man sich selbst gerne sehen möchte.

Wechselwirkungen zwischen Person und Umwelt

Innerhalb der Persönlichkeitspsychologie ist dieser Ansatz gewiss eines der anspruchsvollsten, aber auch unumgänglichsten Vorhaben. Schließlich entwickelt sich die menschliche Persönlichkeit in Wechselwirkung mit ihrer Umwelt ein Leben lang. Einige unserer Persönlichkeitseigenschaften sind dabei über lange zeitliche Phasen sehr stabil: Sie werden als "traits", d.h. zeitlich überdauernde Eigenschaften bezeichnet. Andere wiederum verändern sich mit den Umweltbedingungen und werden deshalb "states" genannt, d.h. zeitlich eher kurzfristig vorliegende Zustände einer Persönlichkeit.

Die Untersuchung der dynamischen Wechselwirkungen zwischen Person und Umwelt ist methodisch sehr aufwendig. Idealerweise müsste man mit repräsentativen Stichproben Untersuchungen über den ganzen Lebensverlauf machen und die Entwicklungen der Persönlichkeit in Abhängigkeit bedeutsamer Situationsveränderungen erfassen. Bereits diese wenigen methodischen Überlegungen lassen erahnen, welch schwierige und umfangreiche Aufgabe dies ist.


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