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Goethes "Faust" Wie "Faust" entstand

Goethe hat von seinem 21. bis zu seinem 57. Lebensjahr am ersten Teil des Faust gearbeitet. In dieser Zeit hat sich das Werk stilistisch und inhaltlich gewandelt. Doch was hat Goethe bei seiner Arbeit beeinflusst?

Stand: 31.03.2015 | Archiv

36 Jahre lang hat Goethe immer wieder am ersten Teil des Faust gearbeitet. Die drei Fassungen dokumentieren neben der inhaltlichen Erweiterung auch eine bedeutende stilistische Entwicklung.

Schon während der Arbeit an "Faust I" hatte Goethe Entwürfe und Szenen zum zweiten Teil des Faust angelegt, obwohl er selbst nicht daran glaubte, dieses Projekt verwirklichen zu können.

Einflüsse

  • Die Legenden um Leben, Charakter und Schicksal von Johann Faust waren seit Erscheinen des "Volksbuchs" im Jahr 1587 ein bekannter und vielfach bearbeiteter literarischer Stoff.
  • Auch Christopher Marlowes Drama "Die tragische Historie vom Doktor Faustus" (Originaltitel: "The Tragical History of Doctor Faustus", Uraufführung: 1589) hat Goethes Werk beeinflusst.
  • Goethe wohnt 1772 dem Prozess gegen Susanna Margaretha Brandt in Frankfurt bei und studiert die Prozessakten. Am 14. Januar wird sie öffentlich als Kindsmörderin hingerichtet. In seinen Lizenziatsthesen (Lizenziat war ein juristischer akademischer Grad, den Goethe dadurch erreichte, dass er rechtswissenschaftliche Thesen aufstellte, die er verteidigen musste.) hatte er sich bereits ein Jahr zuvor mit der Frage nach den rechtlichen Grundlagen solcher Fälle befasst, in der Gretchentragödie seines "Faust" verarbeitet er das Motiv literarisch.

Entstehungsgeschichte: Urfaust

Goethe beginnt die Arbeit an seinem Faust zwischen 1772 und 1775, angeregt von dem Prozess gegen die Kindesmörderin Susanna Margaretha Brandt (deren Hinrichtung Goethe wahrscheinlich 1772 miterlebt hat).  In dieser ersten, "Urfaust" genannten Fassung, steht die Liebestragödie um Gretchen im Vordergrund. Der Urfaust beginnt mit Fausts Monolog im Studierzimmer. Mephisto tritt auf, aber der eigentliche Teufelspakt fehlt. Nach der Szene in Auerbachs Keller nimmt die Gretchentragödie ihren Lauf; die Hexenküche und die Walpurgisnacht fehlen.

Faust. Ein Fragment 

Aus dem Urfaust entwickelt Goethe die Fassung "Faust, ein Fragment", die 1788 vollendet ist und 1790 gedruckt wird. Gegenüber dem Urfaust ist das Faustfragment um einen Dialog mit Mephisto erweitert, in dem der Teufelspakt jedoch noch unausgesprochen bleibt. Neu hinzugekommen ist die Szene Hexenküche, dafür fehlt Gretchens Ende im Kerker. Neben der Liebestragödie um Gretchen wird die Tragödie des zweifelnden und scheiternden Wissenschaftlers sichtbar.

Faust. Eine Tragödie

1797 – also 22 Jahre nach dem Urfaust – nimmt Goethe die Arbeit am Faust wieder auf, ermuntert durch Friedrich Schiller. Er fügt dem Fragment die einleitenden Szenen "Zueignung", "Vorspiel auf dem Theater" und "Prolog im Himmel" hinzu. Die endgültige Fassung der bereits im Urfaust und im Fragment enthaltenen Szenen sowie die Ausführung der Walpurgisnacht erfolgt bis 1806. Das Werk geht als "Faust. Eine Tragödie" für die Ostermesse 1808 in Druck. Aus der Geschichte um ein unglücklich gemachtes Mädchen und einen verzweifelten Wissenschaftler war ein Menschheitsdrama zwischen Himmel und Hölle geworden.

Schon während der Arbeit am "Faust I" hatte Goethe Entwürfe und Szenen zu einem zweiten Teil des Faust angelegt. Und dabei hatte er selbst große Zweifel, ob er dieses Projekt noch würde vollenden können. Er hat es gschafft. Die Arbeit daran beendete er 1830, zwei Jahre vor seinem Tod. Das Manuskript versiegelte er mit dem Hinweis: "Erst nach meinem Tod öffnen."

Faust-Quiz

Der "Faust" ist bis heute eines der wichtigsten Stücke der deutschen Literatur. Noch immer werden einzelne Szenen neu- oder umgedeutet. Und zahlreiche Sätze aus dem Stück sind zu Redewendungen geworden. Ob du sie und das Stück kennst, kannst du im Quiz testen.


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