Verzicht Ist weniger mehr?
Verzicht hat in Zeiten von Inflation und Klimaschutz oft einen negativen Beigeschmack. Doch: vielleicht kann Verzicht auf Konsum und Überflüssiges auch neue Perspektiven eröffnen? STATIONEN trifft Menschen, die versuchen, mit wenig auszukommen - freiwillig und unfreiwillig.

Vroni und Jonas Börnicke genießen ihre Entscheidung, auf insgesamt rund 20 Quadratmetern zu leben. In einem Tiny House im fränkischen Hallstadt, das sie sich selbst gebaut haben. Das kleine Häuschen steht auf einem regulären Baugrundstück in Hallstadt in der Nähe von Bamberg, das die beiden gepachtet haben. Von hier aus sind es für beide nur fünf Kilometer mit dem Rad zur Arbeit.
"Ich finde nicht, dass wir auf etwas verzichten. Man entscheidet sich immer für etwas und gegen etwas anderes. Die Entscheidung für ein kleines Haus bedeutet für mich die Entscheidung für mehr Freiheit – wir sparen Geld, wir haben einen Garten und die Natur um uns herum."
Vroni und Jonas Börnicke
Drei Jahre im Zelt gelebt und gemerkt: das reicht
Vroni Börnicke arbeitet als Coachin in einem IT-Unternehmen, Jonas ist Unternehmensberater. Den Wunsch und auch den Mut, auf kleinstem Wohnraum miteinander zu leben, entwickelten die beiden auf einer Fahrradtour von Neuseeland nach Deutschland. Drei Jahre dauerte der Tripp. Unterwegs machten sich die beiden Gedanken, wie sie in Zukunft leben wollen. "Wir haben im Endeffekt drei Jahre nur im Zelt gewohnt, haben gemerkt, wieviel wir eigentlich brauchen. Wir hatten unsere zehn Radtaschen, da war alle drin. Und wir haben gemerkt, das war auch genug. Dann haben wir überlegt, wie wollen wir danach leben. Dann sind wir auf das Tiny House gekommen,“ erzählt Vroni Börnicke.
Eineinhalb Jahre leben die beiden nun schon in dem Tiny House. Hier wird jeder Winkel genutzt: Etwa die Treppe, die zugleich Regal und Stauraum ist, der kleine Couchtisch, der sich zu einem Hocker verwandeln lässt, die Regale in der Küche, die sich ausziehen lassen und so bis hinten gefüllt werden können.
Auch wenn alles klein und reduziert ist: Auf jede Annehmlichkeit wollen Vroni und Jonas doch nicht verzichten: Im Bad findet sich eine 1,50 Meter große Badewanne und auch die Küche hat einen normalen Ofen und Induktionsherd mit vier Platten. Und vor das Haus haben sich die beiden eine große überdachte Terasse gebaut. "Damit man nicht gleich von draußen in das Wohnzimmer fällt,“ sagt Vroni.
"Ich glaube, ganz vielen Leuten sind diese Entscheidungen überhaupt nicht bewusst, dass wenn sie sich für das neue Auto entscheiden sie sich gegen den tollen Sommerurlaub entscheiden. Weil dann einfach das Geld an anderer Stelle ausgegeben worden ist."
Veronika Börnicke
Die Beiträge der Sendung:
- "Einfach heiraten": Trend zur "Tiny Wedding"? Von Sabine Barth
- "Green Iftar": Klimaschutz und islamische Glaubenspraxis. Von Iris Tsakiridis
- Tax me now: Millionäre fordern höhere Steuern für Superreiche. Von Markus Kaiser
- Verzicht und Armut: Vom Verzichten müssen. Von Barbara Schneider