Misereor Fastenaktion 2023 Bildung für Mädchen und Frauen in Madagaskar
In Madagaskar können rund ein Drittel der Menschen nicht lesen und schreiben. Nur zwei von drei Kindern werden eingeschult. In den ländlichen Regionen ist die nächste Schule meist kilometerweit entfernt. Die Familien sind oft zu arm, um Schuluniform, Hefte und Bücher zu kaufen.

Für viele Familien ist jeder Tag ein Kampf ums Überleben: So lebt beispielsweise Familie Rakotondranaly in Madagaskar in bitterer Armut. Sie besitzen kein Land, der Vater kann deswegen kein Essen anbauen und er weiß nicht, wie er seine sechs Kinder ernähren soll. Essen gibt es einmal am Tag. Die Kinder gehen nicht zur Schule und haben nicht einmal Geburtsurkunden.
Verein "Vozama" gründet Schulen in entlegenen Gegenden
Der Verein Vozama versucht für solche Familien, einen Ausweg zu finden. Mitarbeiter gründen Schulen in entlegenden Gegenden, denn nur durch Bildung, und wenn die Kinder zur Schule gehen, kann sich etwas verändern.
"Die Eltern sind oft Analphabeten und schämen sich, zum Einschreiben für die Kinder in die Schule zu kommen. Wir versuchen, aufzuklären, dass das kein Hindernis ist."
Taratra Rakotomamonjy, Generaldirektorin Vozama e.V
Eine Zukunft für Mädchen vom Land
Die Arbeit des Vereins zeigt Erfolg: So geht beispielsweise Fitiavana, obwohl sie ein Mädchen ist, seit einem Jahr zur Schule. Die Achtjährige kommt aus dem Dorf Fiadanana im Hochland Madagaskars. Hier gibt es weder Strom noch fließend Wasser. Jeden Morgen packt sie ihre Sachen und macht sich auf den Weg. Eine Stunde ist sie zu Fuß mit ihren Freunden unterwegs zum Unterricht.
Fast jeder Dritte in Madagaskar kann nicht lesen und schreiben. Nur zwei von drei Kindern werden eingeschult. In den ländlichen Regionen ist die nächste Schule meist kilometerweit entfernt. Die Familien sind oft zu arm, um Schuluniform, Hefte und Bücher zu kaufen.
"Vozama" bedeutet: Retten wir die Kinder in Magaskar
Die Schule in Fiadanana wurde vor zwei Jahren gegründet. Sie ist eine von 500 Dorfschulen von Vozama. Der Name steht für „Retten wir die Kinder in Madagaskar“. Das deutsche Hilfswerk Misereor fördert das Projekt. Denn in weiten Teilen des Landes gibt es keine staatlichen Schulen.
"In dieser Gegend schicken die Eltern ihre Kinder sehr früh zum Helfen aufs Feld oder zum Hüten von Rindern. Man muss die Eltern teilweise mühsam überreden, damit sie ihre Kinder in die Grundschule schicken."
Virginie Santatriniaina, Lehrerin
Dank des Schulprojekts hat auch Lehrerin Virginie einen Zuverdienst. Wie alle Frauen muss die 30-Jährige in der Landwirtschaft mithelfen. Die Arbeit auf den Reisplantagen ist körperlich schwer. Mit ihrem Mann und den zwei Kindern lebt sie vom Anbau von Reis, Bohnen und Karotten. Durch das kleine Zusatzeinkommen als Lehrerin ist sie unabhängiger, kann Vorräte kaufen und Kohle zum Kochen.
"Für Frauen ohne Arbeit ist die Zeit zwischen den Ernten besonders schwierig, da es nicht genug zu essen gibt, sogar wenn man selbst anbaut. Und Essen kaufen ist sehr teuer."
Virginie Santatriniaina, Lehrerin
Ziel: Frauen zu ihrem Recht und zu mehr Gleichberechtigung helfen
Auch Schwester Modestine Rasolofoarivola von der Kongregation "Kleine Schwestern von Maria Magnificat" kämpft für Bildung und für die Gleichberechtigung der Frauen. Sie setzt sich dafür ein, dass Bäuerinnen ihren Grundbesitz auf sich eintragen lassen. In Workshops erklärt sie den Landfrauen, welche bürokratischen Hürden es zu überwinden gilt, damit ihnen das eigene Grundstück auch auf dem Papier gehört.
Denn kommt es zu Trennungen oder zum Tod des Mannes, werden Bäuerinnen oft von der Schwiegerfamilie vertrieben. Landraub stürzt die betroffenen Frauen dann schnell in Existenznot. Wenn der Ehemann stirbt muss die Frau auf Druck der Schwiegereltern ausziehen, weil sie beim gemeinsamen Haus oftmals nicht im Grundbuch eingetragen sind.
Damit das in Zukunft nicht mehr passiert werden die Frauen von Schwester Modestine und der Organisation Vahatra beraten und begleitet. Die Ordensfrau kämpft für eine Aufwertung der Frauen.
"Die Gesellschaft akzeptiert noch immer, dass der Mann alles entscheidet, dass er nachts spät nach Hause kommt, dass er trinkt und schlägt, dass die Frauen hart auf dem Feld arbeiten und auch noch den ganzen Haushalt machen."
Schwester Modestine, Kongregation 'Kleine Schwestern von Maria Magnificat'
Auch die Behörden müssen umdenken und Frauen ernst nehmen. Dafür geht die Ordensschwester sogar persönlich in die Grundbuchämter und sensibilisiert die Angestellten. Denn: Frauen und Mädchen haben das Recht auf Bildung und auf gleiche Chancen – doch der Weg dahin ist in Madagaskar noch weit.