Vertiefende Informationen Wichtige Fakten zu "Was Musikvideos über Männer und Frauen erzählen"
Was machen Musikvideos mit den Jugendlichen? Wie bewerten die Kids das, was sie sehen? Eine Kurzerklärung in einem kompakten Überblick - und anbei ein sehr ausführlicher Infoteil, basierend auf aktuellen Studien.

Musikvideos – Ein prägendes Element der Jugendkultur
Musik gehört zur Jugendkultur: Jede Generation identifiziert sich mit „ihrer Musik“, mit ihren Stars, mit ihrem Genre, mit den Texten – und seit einigen Jahrzehnten auch mit dem Video, das zum Musikstück gehört. Die Bilder, die dort zu sehen sind, können Teil des Selbstfindungsprozesses der Jugend werden.
Allerdings belegen eine ganze Reihe Studien (siehe ausführliche Analyse im PDF), dass Musikvideos auch Vorstellungen und Einstellungen hinsichtlich Sexualität und Geschlechterrollen prägen. Und das ist bei der Art und Weise, wie in einer Vielzahl der populären Videoclips Frauen und Männer inszeniert werden, durchaus bedenklich.
Eine ganze Reihe Studien der letzten Jahre beschäftigen sich mit diesem Thema. Hier eine Kurzzusammenfassung - ausführliche Ergebnisse mit Quellennennung im Download-PDF mit einem Artikel aus der TelevIZIon von Dr. Maya Götz, Maya & Ana Eckhardt Rodriguez (2019): „I want to ruin my life“.Geschlechterdarstellung in Musikvideos.
Geschlechterdarstellung in Musikvideos File format: PDF Size: 1,24 MB
Musikvideos inszenieren Frauen oft hochgradig sexualisiert und dem Mann untergeordnet – vor allem durch die Kleidung und eine Kameraperspektive, in welcher der weibliche Körper „zerstückelt“ wird. Während sich die Macht des Mannes in Status, Geld und Besitz ausdrückt, beschränkt sich die Macht der Frau meist darauf, ihm zu gefallen, ihn zu verführen und eventuell dann doch abzuweisen. Diese Klischees laufen einer Gleichstellung oder Gleichberechtigung von Mann und Frau eindeutig entgegen. Es sind zudem durchgehend heterosexuelle Inszenierungen – andere sexuelle Orientierungen tauchen in Videoclips nicht auf.
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Jugendliche nehmen die sexualisierte Körperdarstellung nur zum Teil wahr – und gerade Jungen bewerten sie nicht selten positiv und sprechen wertschätzend darüber. Mädchen sehen die Darstellungen hingegen häufiger kritisch. Explizit danach gefragt sehen Jugendliche - insbesondere die jüngeren und die weniger bildungsorientierten - es als »normal« an, dass Frauen sich in Musikvideos sexualisieren. Sie verwechseln Sexualisierung mit Stärke und Macht – genauso eben, wie sie es im Video suggeriert bekommen. Infrage gestellt wird diese Darstellung nicht, der Bezug zur Realität wird nicht gezogen. Jugendliche denken außerdem, ein Musikvideo sei ein Produkt des Künstlers bzw. der Künstlerin, das diese selbstbestimmt produziert haben. Das Geschäft und die große Maschinerie dahinter nehmen sie nicht wahr.
Die Musiker*in und die Inhalte ihres Videos werden als Vorbild genommen – für das ideale Sein und Aussehen. Dass dies ein Rückschritt hinsichtlich der Gleichberechtigung der Geschlechter ist, wird von den jugendlichen Fans nicht erkannt. Dennoch begrenzt es die Jugendlichen in vielfältiger Weise in ihrer Identitätsentwicklung. Und das genau in einer Zeit, in der sich das eigene Interesse an Erotik und Sexualität entwickelt.
Es ist eine besondere Herausforderung, Jugendliche auf die Klischees und Genderrollen in den Musikvideos hinzuweisen. Für sie ist es zum einen tatsächlich normal, dass Frauen hierbei hypersexualisiert werden – sie sehen in der Sexualisierung sogar eine gewisse Macht der Frau. Fingerspitzengefühl ist gefragt: In ihr Geschlechterbild, das sehr eng mit den eigenen Identitätsentwürfen verbunden ist, lassen sich Jugendliche nur sehr ungern hineinreden – schon gar nicht von Erwachsenen bzw. schulischem Lehrpersonal.
Ein möglicher Ansatzpunkt ist, die Sensibilisierung zu starten, indem Schüler*innen als aktiv Forschende die Inszenierung von Frauen und Männern selbst entdecken können - beispielsweise populäre Videoclips selbst analysieren. Das kann zumindest die Grundlage dafür schaffen, die hochgradig stereotypen Darstellungen, wie sie von der Musikindustrie in Musikvideos inszeniert werden, zu erkennen und damit in den Bereich des Bewussten zu holen.
Dies kann aber nur ein erster Schritt sein, der durch Einheiten, z. B. zum Thema Musikindustrie sowie zur hetero- und homosexuellen Attraktivität und Partner*innensuche etc., ergänzt werden sollte. Denn Jugendliche brauchen insbesondere im Bereich von Geschlechterstereotypen mehr kritische Medienkompetenz und Gegenbilder, um sich, ihren Körper und ihre Sexualität selbstbestimmt entwickeln zu können.
Geschlechterdarstellung in Musikvideos File format: PDF Size: 1,24 MB