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Tiger sind stark gefährdet Die letzten Raubkatzen ihrer Art

Im 19. Jahrhundert gab es etwa 100.000 Tiger, die durch die Wälder Asiens streiften. Heute leben nur noch rund 4.500 der Raubkatzen in freier Wildbahn. Der Mensch zerstört ihren Lebensraum und jagt sie. Wilderei und der illegale Handel sind heute die größte Bedrohung für die Tiger. Doch einzelne Länder melden wieder steigende Zahlen.

Stand: 28.09.2022 13:23 Uhr

Amur-Tiger (auch: Sibirischer Tiger) stehen längst auf der Roten Liste bedrohter Tierarten. | Bild: WWF

Beim Tigergipfel 2010 in St. Petersburg haben sich die 13 Nationen, in denen Tiger heute noch vorkommen, verpflichtet, bis zum Jahr 2022 die Zahl der freilebenden Tiger von rund 3.200 auf mehr als 6.000 Tiere zu steigern. Dieses Ziel wurde zwar nicht erreicht - dennoch ist die Zahl der Tiger 2022 um 40 Prozent auf rund 4.500 Exemplare gestiegen. Zum Erfolg beigetragen haben die Durchsetzung der Gesetze gegen Wilderei und den illegalen Handel sowie das Engagement einiger Tigerstaaten für den Tigerschutz.

Majestätischer Amur-Tiger stark gefährdet

Eines der letzten Rückzugsgebiete des Amur-Tigers liegt im Schutzgebiet Leopardowy, rund 60 Kilometer von der Hafenstadt Wladiwostok entfernt, im Fernen Osten Russlands. Die Wildkatze, die auch als Sibirischer Tiger bezeichnet wird, steht auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) für stark gefährdete Tiere.

Der Amur-Tiger kommt heute nur noch im Osten Russlands und dem angrenzenden Gebiet in Nordost-China vor.

Der Amur-Tiger ist der größte unter den Tigern. Er ist der einzige, der mit Schnee und tiefen Temperaturen klar kommt. Das liegt daran, dass er das dichteste, längste und schönste Fell von allen besitzt. Der Amur-Tiger lebt in der größten zusammenhängenden Tiger-Population der Welt. Das ist außergewöhnlich, denn eigentlich sind Tiger Einzelgänger. Meist nimmt man die scheuen, bis zu 300 Kilogramm schweren Wildkatzen nur indirekt wahr: durch Kratzspuren an Bäumen und Fährten. Im Mai 2013 ist zum ersten Mal ein Amur-Tiger in eine Kamerafalle getappt: im chinesischen Wangging-Reservat nahe der russischen Grenze. "Es mehren sich die Anzeichen, dass der Tiger langsam seinen ehemaligen Lebensraum zurückerobert", meinte damals Markus Radday vom WWF. Doch die Lage bleibt ernst für die größte Raubkatze der Welt. In der Wildnis braucht das Tier ein Revier von bis zu 200 Quadratkilometern, um seinen gigantischen Appetit zu stillen.

Tiger in Gefahr

Lebensraum

In 13 Ländern sind Tiger heute noch in freier Wildbahn anzutreffen: Bangladesch, Bhutan, Birma, China, Indien, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Nepal, Russland, Thailand und Vietnam. Vor hundert Jahren stromerten dort etwa 100.000 Großkatzen durch die Wildnis, heute wird ihre Zahl weltweit auf rund 4.500 geschätzt.

Arten

Von einst neun Tiger-Unterarten existieren heute weltweit noch fünf: Bengaltiger, Sibirischer oder Amur-Tiger, Indochinesischer Tiger, Malaiischer Tiger und Sumatratiger. Ausgestorben sind Bali-Tiger, Java-Tiger, Südchinesischer Tiger und Kaspischer Tiger.

Bedrohungen

Weltweit sind die Tiger durch Wilderei, den Verlust ihres Lebensraumes und ihrer Beutetiere bedroht. Der Handel mit Tigerprodukten ist seit 1975 durch das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES verboten. 1993 erließ China ein nationales Handelsverbot. Doch viele Fälle von Tiger-Wilderei werden nicht aufgedeckt und teilweise bis heute nicht geahndet.

Strengere Gesetze gefordert

NABU-Artenschutzexperte Tom Kirschey fordert, dass alle Unterarten des Tigers umfassend geschützt und Wilderei sowie illegaler Handel strafrechtlich verfolgt werden. "Dies gilt auch für andere Staaten. Alle Verbreitungsstaaten müssen die größtmöglichen Anstrengungen unternehmen, um Wilderei und internationalen Handel mit Tigerprodukten zu stoppen."

Internationaler Tigerschutz

Im Jahr 2010 fand erstmals ein Tigergipfel statt, an dem alle 13 Nationen mit Tigerbeständen teilnahmen und sich auf Schutzmaßnahmen einigten. Wichtige Lebensräume sollten identifiziert und zu Kernschutz-Zonen erklärt werden. Die Nachfrage nach Tigerprodukten sollte mit Kampagnen gesenkt werden. Wilderer und Schmuggler sollten stärker bekämpft werden. In einer "St. Petersburger Resolution" beschlossen die 13 Länder, die Zahl der Großkatzen bis zum "Jahr des Tigers" 2022 zu verdoppeln. Im Jahr 2010 wurden nur noch 3.200 Tiger gezählt, ein Allzeittief.

Kleiner Lichtblick

Die Anzahl der Tiger ist tatsächlich um 40 Prozent gestiegen - von 3.200 im Jahr 2010 auf rund 4.500 im Jahr 2022 - was den ersten Anstieg seit Jahrzehnten darstellt. Das Ziel des Tigergipfels im Jahr 2010 von 6.000 freilebenden Tigern bis 2022 wurde damit zwar verfehlt. Doch die Tiger-Staaten wollen auf dem kommenden Tigergipfel im Oktober 2022 in Indien einen neuen Plan zum Schutz des Tigers für die nächsten Jahre ausrufen.

Bedrohter Lebensraum der Tiger

Immer wieder sind in den eigentlich geschützten dichten Laub- und Nadelwäldern karge Flächen zu sehen - hier wurde illegal Holz geschlagen. Die Jagdgebiete der Raubkatzen und ihrer Beute werden so zerstückelt. Auch Pipelines, Straßen und Ackerflächen zerstören den Lebensraum der Amur-Tiger. Bedroht wird eine Population vor allem durch Wilderer. Der Handel mit Tigerfellen und Knochen, aus denen vorwiegend in China vermeintliche Wunder-Medizin gemacht wird, ist nach wie vor lukrativ. 1993 hat der chinesische Staatsrat diesen Handel eindeutig verboten. Doch Käufer zahlen pro Tier über 15.000 Euro. Und selbst wenn ein Wilddieb von den wenigen Rangern erwischt wird, erhält er nicht zwangsläufig eine Strafe.

Steckbrief Amur-Tiger

Der Amur-Tiger (Panthera tigris altaica) ist auch bekannt als Sibirischer Tiger. Er ist die größte Katzenart, die noch auf der Erde lebt. Ursprünglich streifte der Amur-Tiger durch ein riesiges Gebiet, das sich vom Amur im Westen bis zum Japanischen Meer im Osten erstreckte. Wegen des Einflusses des Menschen kommt der Amur-Tiger heute nur noch auf einer winzigen Fläche vor, die etwa halb so groß ist wie Deutschland und im russischen Fernen Osten und dem angrenzenden Gebiet in Nordost-China liegt. (Quelle: WWF)

Steigende Zahl bei indischen Tigern

Die Zahl der Tiger in Indien ist gestiegen.

Nach dem Amur-Tiger ist der indische Bengal-Tiger (Panthera tigris tigris) die größte Unterart, auch Königstiger oder Indischer Tiger genannt. Er spielte schon im Dschungelbuch eine tragende Rolle. Gejagt und bedrängt, ist er heute noch schutzbedürftig, auch wenn seine Zahl in Indien gerade wieder steigt. Verlust an Lebensraum und Wilderei gefährden die Bestände. Die meisten Bengal-Tiger leben nach Angaben der Umweltorganisation WWF in Indien, kleinere Populationen kommen auch in Bangladesch, Nepal, Bhutan, China und Myanmar vor.

Indien vermeldete zum Tag des Tigers 2019, dass der Bestand der Tiger auf dem Subkontinent erheblich zugenommen habe. Die Zahl der Tiger in Indien sei auf fast 3.000 gestiegen. Indien beheimate nun drei Viertel der weltweiten Tigerpopulation. Bei der Zählung 2014 wurden 2.226 Tiere registriert. Bei der Zählung vier Jahre zuvor waren es nur 1.706 Tiger. Zur Zählung, die alle vier Jahre stattfindet, wurden mehr als 9.700 Kameras eingesetzt, die die Tiere anhand ihres individuellen Streifenmusters identifizieren. Bei früheren Untersuchungen hatten sich die Wissenschaftler nur auf Tatzen-Abdrücke stützen können. Tierschützer werteten die ansteigende Tigerpopulation als einen großen Erfolg.

"Bei einer extrem bedrohten Art wie dem Tiger zählt jedes einzelne Tier."

Kathrin Samson, Tiger-Expertin der Umweltstiftung WWF.

Gute Nachrichten aus Nepal: Tigerbestand ist stark angestiegen

In Thailand sind die Tigerbestände stabil, in Indien und Russland steigen sie wieder. Aber einen besonderen Erfolg in Sachen Tigerschutz kann Nepal verbuchen. Hier hat sich der Tigerbestand laut der Tierschutzorganisation WWF fast verdreifacht. Im Jahr 2009 gab es in Nepal nur noch rund 120 wild lebende Tiger. Die Populationen waren rückläufig.

Die neusten Zählungen ergaben: Heute leben wieder 355 Tiger (Stand 2022) in dem südasiatischen Land. Neben der wirksamen Bekämpfung der Wilderei ist die Zusammenarbeit mit den Gemeinden in den Tigergebieten besonders wichtig für Nepals Schutzerfolg. So werden professionelle Wildhüter von den Gemeinden unterstützt. Um Konflikten vorzubeugen, wurden Entschädigungsregelungen für getötetes Vieh eingeführt und die Abhängigkeit von Brennholz aus den Nationalparks verringert. Außerdem haben die Tiger als touristischer Anziehungspunkt und Einkommensquelle mittlerweile eine wichtige Bedeutung.

Tag des Tigers

Am 29. Juli wird jedes Jahr der Internationale Tag des Tigers begangen. Er wurde 2010 auf dem Tigergipfel in St. Petersburg ins Leben gerufen. Ziel ist es, an diesem Tag auf die gefährdeten Lebensräume der Tiger hinzuweisen und das Bewusstsein für den Schutz der Großkatzen zu schärfen.
Und nicht nur der Tag des Tigers wird 2022 gefeiert. Am 1. Februar 2022 hat nach dem chinesischen Kalender auch das Jahr des Tigers begonnen. Die Raubkatze steht für Mut, Abenteuer, Optimismus, Durchsetzungskraft und Risikobereitschaft in der chinesischen Astrologie.

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