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Hörbuch der Woche "Vaters Kiste" von Lukas Bärfuss

Lukas Bärfuss ist ein außergewöhnlicher Schriftsteller. Aus Armut und Obdachlosigkeit hat es der Schweizer über verschiedene Handwerksberufe zum Hochschulprofessor und Büchnerpreisträger geschafft. In seinem Buch "Vaters Kiste" verknüpft er die eigene Lebensgeschichte mit Gedanken über Herkunft, Eigentum und das Erbrecht. Jetzt ist der Essay bei Argon als Hörbuch erschienen, gelesen vom Autor selbst. ein Tipp von Julie Metzdorf.

Von: Julie Metzdorf

Stand: 02.05.2023

B5 aktuell: Das Hörbuch der Woche | Bild: colourbox.com/#257659; Montage: BR

Vaters Kiste ist eine Bananenkiste. Sie ist das einzige, was dem Schriftsteller Lukas Bärfuss von seinem Vater geblieben ist. Er weiß, dass da nichts Gutes drin ist, sein Vater war ein kleinkrimineller Obdachloser. Trotzdem hat er sie jahrzehntelang von Wohnung zu Wohnung mit umgezogen, jetzt will er endlich ausmisten und öffnet "Vaters Kiste".

Bärfuss kennt das alles sehr gut: Auch er war einmal in seiner Existenz bedroht, lebte am Rande der Gesellschaft. In "Vaters Kiste. Eine Geschichte über das Erben" verknüpft er die eigene Lebensgeschichte mit Gedanken über Armut, Familie und Herkunft. Er geht dabei weit zurück bis ins Alte Testament und den endlosen Stammbäumen der Genesis, die bereits einen "Herkunftswahn" offenbaren, der unsere Gesellschaft laut Bärfuss bis heute prägt.

Auf seinem Streifzug von der Genesis bis zur Gegenwart kombiniert Bärfuss Betrachtungen über Sprache, Demokratie, über Darwins "Entstehung der Arten", Nationalstaaten, Kapitalismus und Krieg. Das ist manchmal etwas sprunghaft, am Ende zeigt aber gerade diese Fülle der Themen, wie stark die Idee der Herkunft unsere Welt prägt.

Doch woher kommt die Idee des Erbens und des Eigentums überhaupt? Erben erscheint wie ein Naturgesetz, dabei ist es doch menschengemacht.

Wie ist Erben mit den Ideen der Demokratie zu vereinbaren? Erben widerspricht dem Wunsch nach Chancengleichheit. Nicht einmal zum Kapitalismus passt das Erbrecht, schließlich missachtet es das Leistungsprinzip. Bärfuss‘ Fazit ist eindeutig: Erben ist unverdient, unmoralisch und schlecht für den Charakter. Warum sich im Leben noch anstrengen, wenn das Geld doch schon vorhanden ist?

Die Ungleichheit in der Gesellschaft werde durchs Vererben zementiert, so Bärfuss. Klar, auch Gesundheit, Intelligenz, Talent, Attraktivität und elterliches Engagement bei der Hausaufgabenbetreuung sind ungleich verteilt, aber hier versucht der Staat immerhin entgegenzuwirken.

"Vaters Kiste. Eine Geschichte über das Erben" ist im Argon Hörbuchverlag erschienen, gelesen vom Autor Lukas Bärfuss.


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