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Hörbuch der Woche "Die Zeitmaschine" von H.G. Wells

Der Hamburger Schlagzeuger und Perkussionist Stefan Weinzierl beschäftigt sich unter anderem mit der Verbindung von Musik und Literatur. Mit bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern bringt er immer wieder Bearbeitungen bekannter Romane auf die Bühne, die jetzt beim Verlag Buchfunk als Hörbuchproduktionen erschienen. Gelesen von dem als Tatortkommissar bekannt gewordenen Schauspieler Dominic Raacke ist vor kurzem der Science-Fiction-Klassiker "Die Zeitmaschine" erschienen – für Bernhard Jugel das Hörbuch der Woche.

Von: Bernhard Jugel

Stand: 04.10.2021

B5 aktuell: Das Hörbuch der Woche | Bild: colourbox.com/#257659; Montage: BR

"Offenbar muss jeder wirkliche Körper in vier Dimensionen Ausdehnung haben – er muss Länge, Breite, Tiefe und Dauer haben. Aber wir neigen dazu, diese Tatsache zu übersehen. Es gibt wirklich vier Dimensionen. Wir nennen sie die drei Ebenen des Raumes und eine vierte – die Zeit."

Zitat aus Hörbuch  

Wenn dem so ist, sollte es dann nicht die Möglichkeit geben, sich in der vierten Dimension ähnlich zu bewegen wie in den drei räumlichen Dimensionen – also in ihr umherzureisen. Diese Möglichkeit hat den englischen Schriftsteller Herbert George Wells zu seinem Roman "Die Zeitmaschine" inspiriert. Wells erzählt in diesem Pionierwerk der Science Fiction von einem Wissenschaftler, der eine Maschine für Zeitreisen erfunden hat und sie zum ersten Mal ausprobiert.

"Ich holte Atem, biss die Zähne zusammen, fasste den Vorwärtshebel mit beiden Händen und schon ging es mit einem dumpfen Schlag los."

Zitat aus Hörbuch

Der namenlose Ich-Erzähler landet schließlich über 800.000 Jahre in der Zukunft. Er begegnet menschenähnlichen Wesen, die sich Eloi nennen. Sie scheinen nicht zu arbeiten, leben in futuristischen, etwas heruntergekommenen Gebäuden, ernähren sich von Früchten. Ihm fällt auf, dass nicht besonders neugierig sind.  Aber zunächst erscheint es ihm, als wäre es der Menschheit gelungen, sich ein Paradies zu erschaffen.

"Eines Tages wird alles besser und immer besser organisiert werden. Die ganze Welt wird intelligent und gebildet sein, wird zusammenarbeiten, so dass sie unseren menschlichen Bedürfnissen entspricht. Diese Anpassung, sage ich, müsste geschehen sein, und zwar gut, müsste in der Zeit, die meine Maschine gesprungen hatte, für alle Zeiten vollzogen sein."

Zitat aus Hörbuch

Doch die schöne Utopie des Erzählers bekommt Risse, als seine Zeitmaschine verschwindet. Eine zweite Menschenrasse hat sie an sich gebracht, die Morlocks, die das Tageslicht scheuen, unterirdisch leben und Maschinen besitzen. Als er ihre Unterwelt erkundet, fallen dem Erzähler große Fleischstücke auf, die auf einem Tisch ausgebreitet liegen. Da auf der Erde keine größeren Tiere mehr leben und die Eloi sich offenbar vor dunklen Neumondnächten fürchten, dämmert ihm eine ungeheure Erkenntnis.

"Diese Eloi waren nur gemästetes Rindvieh, das die ameisengleichen Morlocks hüteten und jagten. Für dessen Mast sie wahrscheinlich sorgten."

Zitat aus Hörbuch

Wells entwirft hier eine düstere Dystopie, in der die Menschheit keine wirkliche Zukunft mehr hat – und verpackt sie in eine spannende Abenteuergeschichte. Denn natürlich kommt es zum Showdown, und der Erzähler kann den Morlocks nur knapp entkommen. Für die Hörbuchfassung hat Stefan Weinzierl "Die Zeitmaschine" extrem gekürzt, hat alle Dialoge weg- und nur den Erzähler übrig gelassen. Dennoch hört man der sonoren Stimme Dominic Raackes gebannt zu und die rhythmusgetriebene Musik Stefan Weinzierls schafft Spannung und Atmosphäre. Eine ideale Gelegenheit, diesen Science-Fiction-Klassiker von H.G.Wells neu zu entdecken. 

"Ich weiß, Ihnen wird das alles völlig unglaublich erscheinen, aber mir ist nur das eine unglaublich: Dass ich heute Abend in diesem alten vertrauten Zimmer sitze (…) und ihnen all diese seltsamen Abenteuer erzähle."

Zitat aus Hörbuch

In ähnlicher Bearbeitung und ebenfalls mit Musik von Stefan Weinzierl sind beim Leipziger Buchfunk-Verlag noch "Die Blechtrommel" von Günter Grass erschienen, gelesen von Devid Striesow und Michael Endes "Momo", gelesen von Walter Sittler.


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