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Zwölfuhrläuten Steinheim in Schwaben

Das im bayerischen Schwaben ungewöhnliche Gotteshaus im fränkischen Markgrafenstil macht protestantischen Glauben augenfällig.

Von: Marianne Bitsch

Stand: 05.07.2015 | Archiv

Ein heller eleganter Rokokosaal soll das Licht der Reformation symbolisieren. Anstelle eines Chors bildet die Kanzel den Mittelpunkt der Ostwand, davor stehen Altar und Taufstein.

Orgel aus dem 18. Jahrhundert

Dieser "Kanzelaltar" in der Steinheimer Martinskirche betont die Gleichstellung von Wort und Sakrament in Predigt, Taufe und Abendmahl. Die Ausstattung ist sparsam, aber durchaus schmuck- und bilderfreudig mit zartem Rocaillestuck, Putten und einem Tetragramm über dem Altar: der hebräische Name Gottes im Strahlenkranz. Große Bildtafeln zeigen Szenen aus dem Leben Christi.
Die Steinheimer sind stolz auf den "schönen Silberklang" der Rabus-Orgel von 1792.

Evangelischer Ort mitten im katholischen Schwaben

Der gedrungene Kirchturm mit Satteldach war Teil einer mittelalterlichen Chorturmkirche. Auch zwei Glocken stammen noch aus dem 16. Jahrhundert, zwei weitere von 1953.
Mehrere Wappen weisen auf eine enge Verbindung zum nahen Memmingen, die erklärt, warum mitten im katholischen Schwaben ein evangelischer Ort liegt: die freie Reichsstadt nahm mitsamt ihren Dörfern die Reformation an. Steinheimer Bauern waren 1525 die ersten, die schriftlich einen Pfarrer fordern, der das neue Evangelium predigt. Unter bayerischer Herrschaft wurde Steinheim 1803 selbständig - bis zur Eingemeindung nach Memmingen 1976, was einen grundlegenden Wandel bringt: die Einwohnerzahl verdreifacht sich, zur gewachsenen Dorfkultur kommt städtische Lebensart.
Schon nach dem zweiten Weltkrieg kamen katholische Flüchtlinge in das bis dahin rein protestantische Dorf. Inzwischen ist nur noch ein Drittel der Einwohnerschaft evangelisch, aber die Gemeinde wächst und hat viele junge Mitglieder.


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