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Zwölfuhrläuten Belzheim in Schwaben

Pfarrer Andreas Kropfinger war ein streitbarer Mann. Er ließ sich vom Fürsten von Öttingen-Spielberg keine Vorschriften über das Glockenläuten machen.

Von: Marianne Bitsch

Stand: 07.02.2010 | Archiv

Belzheim, das fränkische Dorf im schwäbischen Ries, stand nämlich unter dem Patronat des Deutschherrenordens. So kam es, dass 1765 fürstlich-öttingische Soldaten die Kirche besetzten, um ein Trauerläuten für den verstorbenen Kaiser Franz I. zu erzwingen. Aber auch der Deutsche Orden schickte Soldaten und nahm die Kirchenbesetzer gefangen.

Glück im Unglück

Zum Glück blieb ein Pferd das einzige Opfer dieses "Krieges zwischen Öttingen und Belzheim", danach wurde nur noch vor Gericht gestritten. Glimpflich abgegangen ist auch ein Angriff im 2. Weltkrieg, als während eines Gottesdienstes ein Schuss die Tür durchschlug, am Pfarrer vorbei pfiff und die Vortragstange mit dem Kirchenpatron traf. Dem Erzengel Michael mit der Seelenwaage fehlt seither eine Falte am Gewand.

400-jähriges Weihejubiläum

Kirchenbesuchern fällt zuerst die Holzdecke unter der Empore auf, sie trägt Malereien aus dem Erbauungsjahr 1608. Vor zwei Jahren konnten die vier Bronzeglocken im Turm zum 400-jährigen Weihejubiläum läuten. Kräftiger Wessobrunner Stuck mit Engelsköpfen, Rosetten und Fruchtgirlanden prägt den Kirchenraum. Als sehr stabil erweist sich die Decke, die den schweren Stuck trägt: Sie ist aus gespaltenen Haselnussruten geflochten. Das Deutschordenkreuz erinnert immer wieder an die einstigen Herren. Auch der filigrane Volksaltar ermöglicht den Durchblick auf das goldene Kreuz. Der Pfarrer wohnte einst herrschaftlich im ehemaligen Deutschordensschloss, das mit der Kirche im 330-Einwohner-Dorf ein stolzes Ensemble bildet. Für die Renovierung des vom Verfall bedrohten Gebäudes hatte sich der frühere bayerische Minister Anton Jaumann eingesetzt, ein gebürtiger Belzheimer und Ehrenbürger in Ehingen am Ries, dem heutigen Gemeindesitz.


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