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Schnell gebaut und CO2-neutral Sind Holzhäuser die Zukunft oder eine Modeerscheinung?

Kempten im Allgäu setzt neue Maßstäbe im Wohnungsbau. Im Stadtteil Thingers entsteht derzeit ein 7-stöckiges Mietshaus, das fast komplett aus heimischem Holz gebaut ist. Bis zum Herbst 2021 sollen die 21 Wohnungen bezugsfertig sein.

Von: Doris Bimmer

Stand: 07.01.2021 | Archiv

Holz ist einer der ältesten Baustoffe der Welt. Mit der Entwicklung neuer Materialien und aus Sorge um den Brandschutz geriet es immer mehr ins Hintertreffen. Die moderne Architektur schien an Holz gar keinen Bedarf zu haben.

"Man hat im Krieg die brennenden Städte gesehen und die haben deshalb so lichterloh gebrannt, weil bei den meisten Gebäuden die Decken aus Holz waren. Das war bei Bombardements natürlich eine Katastrophe. Das hat eine gewisse Urangst erzeugt. Und erst in den vergangenen 20 Jahren ist es gelungen, diese Entwicklung aufzuholen…Der Entflammpunkt bei Holz ist bei über 250 Grad. Ich denk jetzt nicht, dass jemand ein Feuerzeug direkt an die Decke hält. Auch dann ist es so, dass Holz sich nicht von selber frei entzünden wird. Es ist ja grundsätzlich so: Das Erste, was brennt, ist die Einrichtung."

Professor Hermann Kaufmann, Holzbauexperte am Institut für Bautechnik der TU München

Bei dem Holz-Hochhaus war die Feuerwehr von Anfang an miteinbezogen. Die Wände sind mit schwer entflammbaren Gipsfaserplatten verstärkt. Zwischen den Wohnungen sind spezielle Trennwände eingezogen. Bevor die Mieter kommen, übt die Feuerwehr den Notfall.

Ein Haus aus Holz ist angewandter Klimaschutz

Die Klimadebatte hat den Rohstoff Holz in der Baubranche wieder salonfähig gemacht. Wissenschaftler rechnen vor, dass ein Kubikmeter Holz eine Tonne Kohlendioxid speichert. Bei dem Holzhaus in Kempten werden rund 900 Kubikmeter verbaut. Das sind 350 Fichten und Weißtannen, die aus den umliegenden Wäldern stammen. Der kurze Transportweg und die Verarbeitung in heimischen Betrieben verbessern die CO2-Bilanz zusätzlich.

Etwa ein Drittel des Allgäus ist bewaldet - 137.000 Hektar. In diesen Wäldern wachsen jährlich 1,6 Millionen Kubikmeter Holz nach - je nach Höhenlage etwas mehr oder etwas weniger. Pro Jahr werden diesen Waldgebieten etwa eine Million Kubikmeter entnommen, und entweder zu Bauholz oder Brennholz verarbeitet. Die Zahlen stammen vom Holzforum Allgäu - ein Netzwerk aus Betrieben der Holz- und Forstwirtschaft.

Ökologie außen, Wohlfühlklima innen

Im öffentlichen Wohnungsbau ist ein Gebäude aus Holz noch eine Seltenheit. Privat setzen Bauherren den nachwachsenden Rohstoff deutlich öfter ein - dem Umweltschutz zuliebe, aber auch aus eigenem Interesse.

Das Oberstdorfer Architektenpaar Angelika Blüml und Klaus Noichl wohnt seit 14 Jahren im selbstgebauten Holzhaus. Die Beiden schätzen die besonderen Fähigkeiten des natürlichen Materials: Holz erzeugt ein angenehmes Innenraumklima, es speichert Feuchtigkeit und Gerüche, es wirkt antibakteriell. Und Holz ist ein organischer Stoff.

"Holz wächst, man selber wächst auch, wir werden auch grau, das Holz wird grau, es hat viele Parallelen. Auch wenn es hier tot verbaut ist, es lebt trotzdem noch."

Architekt Klaus Noichl


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