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Bayerisches Feuilleton Das Münchner TamS wird 50

Samstag, 18.01.2020
08:05 bis 09:00 Uhr

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Kleine Bühne, große Wirkung
Das Münchner TamS wird 50
Von Eva Demmelhuber

Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
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Es war einmal ein "Tröpferlbad" in Altschwabing. Da die Münchner nicht viel von Hygiene hielten und um 1910 durchschnittlich nur ein- bis zweimal pro Jahr in solche öffentlichen Bäder gingen, wurden viele solcher Brause- und Wannenbäder geschlossen und bröselten vor sich hin.

Eines, in der Haimhauser Straße, nahe dem Englischen Garten, wurde 1969 vor dem Abriss gerettet und zu einem Theater umgebaut. Aus den Badekabinen wurden Bühne und Zuschauerraum, der Heizraum wurde zum Foyer und der imposante Ofen zum Empfangstresen umgestaltet. Am 27. Januar 1970 brachten Philip Arp, ein im Geiste Karl Valentins denkender, mit den Wirren des Alltags kämpfender Autor, und seine Partnerin Anette Spola, die heutige Prinzipalin des "Theater am Sozialamt", ihr erstes Stück auf die Bühne. Ein totaler Flop, es hagelte Verrisse, dem "TamS" wurde ein früher Untergang prophezeit. Doch Totgesagte leben länger.

Es ist das einzige Münchner Privattheater, das ein halbes Jahrhundert durchgehalten hat. Ein feines, kleines Theaterchen, unter Freunden "TamSerl" genannt. Berühmt durch seine Valentin-Abende, die neben aller Komik und Groteske die Hintergründigkeit des Spintisierens und die Verletzlichkeit einer scheuen Künstler-Seele zeigten. Philip Arp, Intendant und Hausautor, hielt den Geist seines großen Vorbilds lebendig. Das TamS schickte Valentin in die Wüste, steckte Daniil Charms in Betten, in eine Art überdimensional große Knödelseiher, die quer durch den Bühnenraum schwebten.

Hier wohnt die Phantasie, sagt Gerhard Polt, der immer wieder nur fürs TamS schreibt, die Experimentier- und Spielfreude, hier biegt man gerne ab, wandert fröhlich über Abgründe. Eine Oase für Autoren wie Ernst Jandl, Robert Gernhardt, Peter Handke, Thomas Bernhard oder Urs Widmer.

Zum TamS gehört auch die Gründung des Theaters "Apropos" (1998) in Zusammenarbeit mit der Psychiatrie des Klinikums rechts der Isar. Hier wurde Inklusion praktiziert, lange bevor der Begriff auf die Tagesordnung kam. Ein Jahrzehnt später folgte das inklusive Theaterfestival "Grenzgänger", bei dem seither über 40 Theatergruppen aus dem In- und Ausland aufgetreten sind.

50 Jahre TamS sind zugleich 50 Jahre Münchner Kulturgeschichte und Förderungspolitik. Zum Jubiläum eine Hommage von Eva Demmelhuber.

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