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Bayerisches Feuilleton Bulldogs und Dieselrösser

Ein Traktor vom Typ Fendt Dieselross Baujahr 1957 (l.) steht einem Traktor vom Typ Ursus Baujahr 1950 gegenüber | Bild: picture-alliance/dpa/Zentralbild/Patrick Pleul

Samstag, 03.12.2016
08:05 bis 09:00 Uhr

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BR Heimat

Bulldogs und Dieselrösser
Kleine Geschichte des Traktors auf Bairisch
Von Ulrich Zwack
Wiederholung am Sonntag, 20.05 Uhr, Bayern 2
Als Podcast verfügbar

Das Wort Traktor kommt vom lateinischen "trahere". Das bedeutet ziehen. Folglich ist ein Traktor eine Art motorisiertes Zugtier; gewissermaßen der direkte Nachfahr von Pferd, Ochs und Esel. In Bayern liegt der Fall allerdings ein wenig anders. Denn dort wurde der Traktor bis vor wenigen Jahrzehnten ausschließlich Bulldog genannt. Also wie ein Tier, das sich kaum zum Ziehen von Pflug, Egge, Mähbaum oder Heuwagen eignet. Des Pudels Kern: Der Bulldog wurde nicht nach der gleichnamigen englischen Hunderasse getauft, sondern nach einem Traktormodell der Mannheimer Firma Lanz - das (nicht nur) in Bayern einst so beliebt war, dass es gleich für die ganze Gattung Pate stand. Dabei gab es doch auch zuhauf bayerische Traktorhersteller, z.B. Fendt, M.A.N., Schlüter oder Eicher, um nur ein paar zu nennen. Manche existieren immer noch, andere haben die Produktion längst eingestellt. Aber alle haben mitgeholfen, dass der Traktor heute aus der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken ist. Der Weg dorthin war lang. Während das Fendt-"Dieselross" in den 1920er Jahren gerade mal sechs Pferdestärken auf die Scholle brachte, preschen seine Nachfahren heute mit bis zu 360 PS und bis zu 60 km/h durch Wald und Flur.

Ulrich Zwack versucht der bayerischen Spielart des Faszinosums Traktor auf die dieselschwadenschweren Schliche zu kommen. Denn faszinierend ist das Phänomen Traktor allemal. So sehr, dass "Traktorist" zu den angesehensten Berufen im ehemaligen Ostblock zählte, ein Bestseller-Roman den Titel "Kurze Geschichte des Traktors auf Ukrainisch" trägt - und sich weltweit eine schier unüberschaubare Fangemeinde in der Freizeit begeistert der Pflege und vor allem dem eigenhändigen Lenken historischer Traktoren widmet. Auch so mancher bayerische Bauersmann pflegt zu seinem Bulldog nach wie vor ein fast freundschaftliches Verhältnis: Tuckert er ihn auf verschlungenen, aber dafür nichtöffentlichen Feldwegen doch immer wieder treu und zuverlässig von der Dorfwirtschaft bis zum heimischen Hof.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

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