BR Heimat

Bayern - Land und Leute Der schwäbische Albtraum von Eldorado

Sonntag, 23.08.2015
15:05 bis 16:00 Uhr

BR Heimat

Das Weite suchen - Bayern in der Fremde
5) Der schwäbische Albtraum von Eldorado
Als die Welser über Venezuela herrschten
Von Ulrich Zwack
Als Podcast verfügbar
Wiederholung von 13.30 Uhr, Bayern 2

Dass Machthaber schwach bei Kasse sind, kommt ziemlich oft vor. Schon der römische Kaiser Vespasian erhob in der Hoffnung, auf anrüchige Art seine erheblichen finanziellen Engpässe überwinden zu können, eine Sondersteuer auf die Benutzung öffentlicher WCs. Und Karl V. konnte sich viele Jahrhunderte später nur mithilfe äußerst großzügiger Kredite der Augsburger Bankiers Fugger und Welser über Wasser halten. Beim Abstottern beschritt auch er teilweise unkonventionelle Wege. Er verfügte zwar über kein Bargeld, aber bekanntlich über ein Reich, in dem die Sonne niemals unterging. Also verpfändete er im Jahr 1528 kurz entschlossen Venezuela ans Welser'sche Bankhaus, um sich so lästiger Ratenzahlungen zu entledigen.
Venezuela, deutsch Kleinvenedig, war damals ein noch weitgehend unerschlossenes Land der Neuen Welt. Deshalb wussten die Welser nicht wirklich, auf was sie sich da eingelassen hatten. Aber das, was spanische Konquistadoren in Mexico oder Peru an Schätzen zutage gefördert hatten, gab zweifellos zu den schönsten Hoffnungen Anlass. Um ihre neue überseeische Besitzung gehörig auszubeuten, brachten die Welser Bergbaufachleute und ein ganzes Heer schwarzer Sklaven mit. Und dann begannen deutsche Konquistadoren wie Nikolaus Federmann, Ambrosius Dalfinger oder Georg Hohermuth mit bis an die Zähne bewaffneten Expeditionskorps das unbekannte Land zu erkunden. Stets auf der fieberhaften Suche nach einem reinen Hirngespinst: dem goldenen Eldorado. In der dünnen Luft der Hochebenen und dem höllischen Brodem der tropischen Urwälder sowie durch die ständigen Angriffe feindlicher Indios starben viele Männer - ohne ihrem Traumziel je auch nur um einen einzigen Meter näher gekommen zu sein.
Die deutschen Konquistadoren zählten zu den brutalsten europäischen Lateinamerika-Eroberern überhaupt. Angesichts der barbarischen Gräueltaten eines Hernán Cortés oder Francisco Pizarro mag das fraglos einiges heißen. Bald waren die Deutschen bei Indianern wie spanischen Siedlern gleichermaßen verhasst. Diesem Hass fielen selbst so illustre Männer wie Bartholomäus VI. Welser oder Philipp von Hutten zum Opfer, ehe Karl V. den Welsern wegen der untragbaren Zustände 1546 die Herrschaft über Venezuela wieder entzog.
Ulrich Zwack schildert die Geschichte eines Traumes, der zum Albtraum wurde.