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Künstlerinnen um 1900 "Scher di um nix!"

In der Welt der Kunst waren Frauen stets gern gesehen - als Modelle oder als Publikum. Selbst künstlerisch aktiv zu werden, blieb ihnen jedoch lange verwehrt, vor allem die Ausbildung im Rahmen des akademischen Lehrbetriebs. Das änderte sich erst, als sich Malerinnen diese Freiheit ganz einfach zu nehmen wagten. Und die Stadt München spielte dabei eine herausragende Rolle.

Von: Katinka Strassberger

Stand: 09.06.2018 | Archiv

Die ersten Kunst-Akademien, die um 1800 gegründet wurden, standen - anders als vielfach behauptet - prinzipiell auch weiblichen Studenten offen. Bis 1852 nutzten knapp 50 Frauen allein an der Münchner Akademie der Bildenden Künste die Möglichkeit, sich professionell ausbilden zu lassen. Danach war es aus bisher nur wenig erforschten Gründen vorbei mit der  Freizügigkeit: 70 Jahre lang wurde den Frauen der Zugang zur Akademie verweigert.

Als "Malweiber" verspottet, denen man ernstzunehmende Fähigkeiten per se nicht zutrauen wollte, mussten sie bis 1920 andere Wege finden, um im männlich dominierten Kunstbetrieb Fuß zu fassen.

1882 wurde der "Künstlerinnen-Verein" gegründet

Gabriele Münter (1917)

Beflügelt durch die aufkeimende Frauenrechtsbewegung setzten sich viele Künstlerinnen gemeinsam gegen Benachteiligungen zur Wehr, besonders engagiert geschah das  in München.

1882 wurde der "Künstlerinnen-Verein" gegründet und 1884, als Alternative zu den vielen meist überteuerten und schlecht ausgestatteten privaten Mal-Schulen, die "Damen-Akademie".

Diese Institution hat nicht nur als Ausbildungsstätte, sondern auch als Selbsthilfe-Netzwerk für professionelle Künstlerinnen Wegweisendes geleistet. Schon bald genoss sie einen exzellenten Ruf und zog zahlreiche begabte junge Frauen an, darunter auch spätere Berühmtheiten wie Käthe Kollwitz und Gabriele Münter.

"Ab nach München!"

... schrieb Gabriele Münter 1901 in ihr Tagebuch, nachdem eine Freundin ihr von der Damen-Akademie erzählt hatte. So wie sie zog es um 1900 zahlreiche junge Frauen aus dem In- und Ausland in die Stadt, die neben Paris als eines der großen Zentren für zeitgenössische Kunst galt.

Künstlerinnen und die Freiluftmalerei

Gabriele Muenter beim Malen nach der Natur in Kochel, Sommer 1902

"Pleinair" war in der Zeit vor 1900 das Zauberwort für eine frische Landschaftsmalerei, die aus der akademischen Atelierkunst in die Avantgarde führen sollte. Eindrücke von wechselndem Licht und Veränderungen der Jahreszeiten wurden in lebendiger Malweise auf die Leinwand übertragen. Dem Zug aus den Großstädten in die unberührte Natur folgten zahlreiche Maler.

An den schönsten Orten bildeten sich Künstlerkolonien, in denen man sich zum Arbeiten in der Landschaft traf, sei es in Worpswede bei Bremen oder in Dachau bei München.

Für Künstlerinnen, die im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert unter Diskriminierungen bei der Ausbildung und der Ausübung ihres Berufs litten, boten gerade die Künstlerkolonien mit ihrem unverkrampften Umgang der Maler untereinander ein überraschendes Stück Freiheit, dass sie ausgiebig genossen. Lange Jahre war die Kunst dieser Frauen vergessen, dabei gibt es eine qualitätvolle, vielfältige Malerei am Beginn der Moderne wieder zu entdecken.

Buchtipps:

Die Malweiber. Unerschrockene Künstlerinnen um 1900

  • Autorinnen: Katja Behling und Anke Manigold
  • Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
  • Verlag: Elisabeth Sandmann Verlag GmbH; Auflage: 1 (31. März 2009)
  • ISBN-10: 393804537X
  • ISBN-13: 978-3938045374


Ausstellungskatalog (Münchner Stadtmuseum 2014):

  • Ab nach München! Künstlerinnen um 1900
  • Herausgeberin / Autorin: Antonia Voit
  • Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
  • Verlag: Süddeutsche Zeitung Edition; Auflage: Neuerscheinung (6. September 2014)
  • ISBN-10: 3864971934
  • ISBN-13: 978-3864971938


Ausstellungskatalog (Wörlen - Passau 2014):

  • "Ein Rucksack voller Farben: Künstlerinnen und die Freiluftmalerei"
  • Verlag: Stiftung Wörlen (27. Juni 2014)
  • ISBN-10: 3928844644
  • ISBN-13: 978-3928844642

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