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Bayerische Berufungen und Instanzen Der Kini

112 Jahre lang regierten sechs verschiedene Könige das bayerische Volk. Lange Zeit wurde ihre Stellung als gottgegeben hingenommen; für Generationen waren sie die bayerische Instanz schlechthin. Bernhard Setzwein begibt sich in Bayern auf die Suche nach Königen von anno dazumal und von heute.

Von: Bernhard Setzwein

Stand: 19.06.2021 | Archiv

Die Krone der Bayerischen Könige, die 1806/07 von M.-G. Biennais und Werkstatt in Paris angefertigt wurde. Heute ist sie in der Schatzkammer der Residenz München zu bewundern. Prinzregent Luitpold übernahm von 1886-1912 die Aufgaben seines Neffen König Otto I., der wegen seiner Geisteskrankheit regierungsunfähig war. Luitpold zählt damit zur Königslinie des Hauses der Wittelsbacher. | Bild: BR / Fotograf: Bayerische Schlösserverwaltung

Zu Monarchen berufen wurden sie durch die Vorsehung, die in einer Art genetischem Würfelspiel entschied, wer als nächstes an der Reihe war. Dadurch konnte es zu so bizarren Konstellationen kommen wie der, dass der schwer geisteskranke Otto nach dem Tod seines Bruders König Ludwig II. Monarch des Landes wurde, nur weil es die Thronfolge so vorsah.

Otto I. war sogar der bayerische König mit der längsten Amtszeit, nämlich 30 Jahre. Er verbrachte sie in dem zur „Gummizelle“ umgebauten Schloss Fürstenried. Allein dies schon zeigt, dass es mit der Berufung und Instanz „da Kini“ keine ganz einfache Geschichte war und ist.

Das tragische Schicksal von König Otto I.

König Otto I. von Bayern

Ludwig II. saß gerade einmal zwei Jahre auf dem Königsthron und war eben erst mit 21 volljährig geworden, als Bayern 1866 zusammen mit Österreich in den sogenannten „Deutschen Krieg“ zog. Gegen die Preußen! Vier Jahre später im 'Siebz'ger'-Krieg hieß der Marschbefehl aber plötzlich mit den Preußen gegen die Franzosen!

Mit den bayerischen Regimentern in die Schlachten dieser beiden Kriege zu ziehen, das überließ Ludwig seinem jüngeren Bruder Otto. Was dem allerdings nicht gut bekam. An Geist und Seele zerrüttet kehrte er nach München zurück. Otto war, könnte man sagen, irre geworden am Krieg.

Schweren Herzens ordnete Ludwig an, dass sein Bruder nach einigen Zwischenstationen schließlich nach Fürstenried gebracht wurde ... ein  Jagdschlösschen, damals noch außerhalb der Stadt und den Blicken der Öffentlichkeit entzogen. Hier wurde Otto interniert. Wärter beobachteten ihn Tag und Nacht, an den Türen hatte man die Klinken abgeschraubt, die Fenster waren nicht mehr zu öffnen. – In einem zeitgenössischen Bericht heißt es:

"Die ganze innere Einrichtung des Schlosses war für einen Geisteskranken berechnet. Alle Zimmer waren unauffällig gepolstert und alle Kanten der Tische und Stühle abgerundet, sodass, falls der Prinz einen Tobsuchtsanfall haben sollte, er sich nirgends verletzen konnte. Sogar das Kamingitter war mit einer Außenpolsterung versehen."

(zeitgenössischer Bericht)

Bilder aus dem Leben von König Otto I.

Die "Königstreuen" halten auch heute noch ihrem Kini die Treue

Königstreue in Gammelsdorf. (2018)

Die Münchner Novemberrevolution 1918 sorgte dafür, dass der letzte bayerische König Ludwig III. Hals über Kopf sein Land verließ. Sein völlig fahruntaugliches Automobil landete in der Nähe von Rosenheim im Straßengraben.

Doch die Begeisterung für die bayerischen „Royals“, die in jenen Jahren, aber auch während der Nazizeit, eher einer Mordlust gewichen war, sollte Jahrzehnte später bei so manchem Königstreuen wieder aufflammen.

Ludwig-II.-Double Siegfried Mathes und der "König eines Volkes in Togo"

Der in Bayern lebende König Jules Samlan der Erste von Togo mit seiner Frau Manuela

Mittlerweile sind wir aber ein „Freistaat“, was bei seiner Proklamation durch den Sozialisten und Literaten Kurt Eisner auch heißen sollte: frei von Monarchie. Aber nicht ganz frei von Interesse und Bewunderung für gewisse Ersatz-Monarchen. Das zeigen in Bernhard Setzweins Feature „Da Kini: bayerische Berufungen und Instanzen“ das Beispiel des Ludwig-II.-Doubles Siegfried Mathes ebenso wie die unglaubliche Geschichte des Königs eines Volkes in Togo, der als Küchenhilfe in Hermannsdorf arbeitet.