Bayern 2


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Wunder der Natur Der Specht - Hämmern ohne Kopfweh

Mit bis zu 25 km/h hämmert so ein Specht mit dem Kopf gegen den Baum. Für uns Menschen können bereits 30 km/h - etwa bei einem Verkehrsunfall - tödlich sein! Für den Specht dagegen - tok, tok, tok - ist das gar kein Problem.

Von: Andreas Schuster, Landwirtschaft und Umwelt

Stand: 22.11.2018

Buntspecht | Bild: picture alliance/blickwinkel

Ein Specht kann in der Sekunde bis zu zwanzig Mal trommeln, und zwar mit einer Geschwindigkeit von bis zu 25 Kilometer pro Stunde. Und weil er es kann, wiederholt der Specht das bis zu 12.000 Mal am Tag. Dabei gibt es einen Unterschied zwischen dem Trommeln und dem Klopfen beziehungsweise Hämmern. Das Getrommel ist der Gesang der Spechte. Vor allem Buntspechte und Schwarzspechte "singen" auf diese Weise. Ist dagegen das Klopfen und Hämmern zu hören, ist der Specht entweder auf Futtersuche oder er zimmert sich seine Höhle.

Halsmuskulatur wie ein Boxer

Dass er bei all der Trommelei und dem Gehämmer nicht bewusstlos mit schmerzendem Schädel vom Baum fällt, liegt an dem besonderen Zusammenspiel der Spechtschen Anatomie und seiner Biomechanik. Sein Schädelknochen und die Halswirbelsäule sind verstärkt. Zudem haben Spechte sehr starke Halsmuskeln, die ebenfalls den Stoß abfedern. Damit nicht genug haben Spechste am Schnabelbein und zwischen den Augen zusätzliche biegsame Knöchelchen, die wie Stoßdämpfer wirken.

Die Natur hat dem Specht noch mehr mitgegeben, damit er kein Kopfweh bekommt. Sein Gehirn fällt den Schädel ohne Hirnflüssigkeit fast vollständig aus, so dass es während der Schläge nicht hin- und herschwappt. Sein Gehirn kann nicht - wie etwa beim Menschen - an die Schädeldecke schleudern. Außerdem ist sein Schnabel etwas unterhalb des Gehirns. Dadurch trifft die Wucht des Aufschlags das Gehirn nicht direkt, sondern wird von den Knochen abgefedert.

Specht baut mehr Höhlen, als er braucht

Diese Kniffe der Natur ermöglichen es dem Specht, sich mit seinem robusten Schnabel Höhlen in die Baumstämme zu hämmern. Ein bis drei Wochen braucht er dafür, und es ist eine Fähigkeit, von der auch viele andere Tiere profitieren. Spechte bauen nämlich immer mehrere Höhlen. Das gehört auch mit zur Balz. Wenn nämlich der Dame des Herzens eine Höhle nicht gefällt, wird halt eine neue gebaut.

Der Wendehals klettert übrigens nicht und ist der einzige Zugvogel unter den Spechten, der in Afrika überwintert.

Die alte Baumhöhle hat er trotzdem nicht vergeblich gezimmert. Der unscheinbare Wendehals, ebenfalls ein Specht, zieht seine Jungen in den Höhlen fremder Spechte auf. Er ist nämlich der einzige Specht, der keine Löcher ins Holz schlägt, er trommelt nicht mal. Auch viele andere Wald- und Baumbewohner stehen als Nachmieter schon an. Meisen zum Beispiel. Sie schätzen Spechthöhlen als Schlafplatz oder als Bruthöhle. Eichhörnchen ziehen ein und auch Waldkäuze oder Sperlingskäuze. Auch Wildbienen, Hornissen oder Insekten nutzen aufgegebene Spechthöhlen.


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