Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. Oktober 1993 Vincent Price stirbt, Gruseldarsteller

Vincent Price war Gentleman durch und durch, auch wenn er seine Partnerin erwürgte. Das tat er zumindest in oft eher mäßigen Gruselfilmen, denen seine subtile Kunst dennoch Glanz verlieh. Am 25. Oktober 1993 ist er gestorben.

Stand: 25.10.2012 | Archiv

25 Oktober

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Autor(in): Christian Feldmann

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Thomas Morawetz

Als er in der Edgar-Allan-Poe-Verfilmung "Das Pendel des Todes" die Horror-Queen Barbara Steele erwürgen musste, tat er das lustvoll und überzeugend. Aber sobald die Kamera nicht mehr lief, entschuldigte er sich ganz gentlemanlike und fragte fürsorglich, ob er ihr auch nicht weh getan habe. So war der amerikanische Film- und Theaterstar Vincent Price, mit seiner Freude am nuancenreichen Spiel mit dem Grauen, einer der genialsten Akteure der Horrorszene, gleichzeitig aber strahlte er ironische Gebrochenheit, aristokratische Noblesse und eine sanfte Würde aus. In St. Louis, Missouri, kam Vincent Price 1911 auf die Welt - und schien dazu geboren, die florierende Keks- und Süßwarenfabrik seines Vaters zu übernehmen.

Schauderhafte Drehbücher…

Der war zum Glück tolerant genug, seinem in Malerei und Theater vernarrten Sohn das Kunstgeschichtsstudium zu finanzieren. Vincent arbeitete als Kunsterzieher in New York, errang in einer Londoner Schauspielertruppe erste Erfolge in der Rolle eines Polizisten und feierte 1935 sein Debüt am Broadway. In den folgenden Jahrzehnten spielte er klassische Theaterrollen und wirkte in mehr als neunzig Kinofilmen mit, viele davon waren schlampig gemacht oder basierten auf schauderhaften Drehbüchern.

Sein komödiantisches Talent, seine Freude am morbiden Humor und seine sparsame Theatralik, die oft nur mit einem Blick, einer Geste die irrsten Effekte erzielt, vermochte auch solche Streifen zu retten. Mit seiner sanften und zugleich bedrohlichen Stimme, oft gepaart mit einem Hauch von melancholischer Trauer, erweckte er jenen subtilen Horror zum Leben, der in den Abgründen der Seele lauert und keine blutigen Gewaltexzesse braucht, um auszubrechen. Vincent Price war manchmal zumute, als würde er das dunkle Unbewusste der ganzen menschlichen Rasse verkörpern. "Ich weiß, dass das krank klingt", bekannte er, "... aber ich liebe es."

… und "Die Verfluchten"

Vielleicht war Price auch deshalb die Idealbesetzung für die hintersinnigen Poe-Filme des oft unterschätzten Regisseurs Roger Corman: Die in opulenten Dekors schwelgenden, gleichzeitig eine beklemmende, klaustrophobische Atmosphäre ausstrahlenden Streifen zerren die Nachtseite des amerikanischen Traums ans Tageslicht. Sie konfrontieren den angesagten robusten Optimismus mit den Ängsten und Verwundungen der kollektiven Seele. Hier fand Price 1960, als Neunundvierzigjähriger, die Rolle seines Lebens: den morbiden, hypersensiblen Roderick Usher in Cormans Poe-Adaption "House of Usher" - auf Deutsch: "Die Verfluchten".

Der Produzent war von dem Projekt zunächst nicht angetan: In dem Film kommt kein Monster vor, sagte er irritiert. Roger Corman entgegnete: Das Haus ist das Monster. Jenes düstere, seit Generationen von den Ushers mit Verbrechen und Scheußlichkeiten angefüllte Haus, in dem die letzten Nachkommen der uralten englischen Adelsfamilie an einer Blutkrankheit dahinsiechen und auf den Tod warten.

Price´ letzte Rolle war der weltfremde, in technische Spielereien versponnene Erfinder eines hilflos-melancholischen Monsters in "Edward mit den Scherenhänden", 1990. Da litt er bereits an Parkinson, und schlimmer als die eingeschränkte Beweglichkeit empfand er es, dass er seine betörende Stimme nicht mehr so einsetzen konnte, wie er es gewohnt war.

Am 25. Oktober 1993 starb Vincent Price zweiundachtzigjährig an Lungenkrebs. Seine Asche und sein Strohhut wurden über das Meer verstreut, wie er es sich gewünscht hatte.


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