Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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20. November 1695 Zumbi dos Palmares wird hingerichtet

Schlau, geschickt, ein guter Stratege: Der Zumbi von Palmares kämpfte für die Freiheit der Sklaven in Brasilien und narrte die Kolonialherren. Mit seiner Hinrichtung am 20. November 1695 nahmen die Portugiesen Rache.

Stand: 20.11.2014 | Archiv

20 November

Donnerstag, 20. November 2014

Autor(in): Herbert Becker

Sprecher(in): Andreas Wimberger

Illustration: Angela Smets

Redaktion: Julia Zöller

Pelé gilt als der beste Fußballspieler aller Zeiten. Die Brasilianer nennen ihn O Rei, den König, und verehren ihn als Nationalhelden. In den 1990er Jahren war er sogar einmal Sportminister. Brasiliens erster schwarzer Minister! Für viele gilt er seither als Beweis dafür, dass in Brasilien jeder die soziale Leiter hinauf steigen kann, dass Schwarze und Weiße die gleichen Chancen haben.

Kleine Freiheit im Quilombo

Leider sieht die Realität anders aus. Der Anteil der Schwarzen in der akademischen Oberschicht ist lächerlich gering, dafür leben umso mehr in den Slums, für wenig Lohn verrichten sie die Drecksarbeit. Wenn in einer Stellenausschreibung ein "gutes Erscheinungsbild" verlangt wird, heißt das im Klartext, dass nur hellhäutige Bewerber gefragt sind. Ein stehender Spruch der nicht-schwarzen Oberschicht sagt: "Ein guter Neger ist ein Neger mit einer weißen Seele". Dabei ist in Brasilien jede Rassendiskriminierung per Gesetz verboten, und der Tag, an dem im Jahr 1888 die Sklaverei abgeschafft wurde, ist ein offizieller Gedenktag.

Allerdings: Die Angehörigen des movimento negro, der schwarzen Emanzipationsbewegung, feiern an diesem Tag nicht mit. Ihr Nationalheld heißt auch nicht Pelé. Pelé kleidet sich in dunkelblaue Anzüge, sie hingegen bevorzugen die Reggae-Farben gelb und rot, schwarz und grün. Sie tragen Dreadlocks oder Zöpfe. Ihr Nationalheld heißt Zumbi. Zumbi dos Palmares.

Die Eltern dieses Mannes gehörten zu den nahezu fünf Millionen Afrikanern, die in der Kolonialzeit nach Brasilien verschleppt wurden, um auf den Zucker- und Kaffeeplantagen zu arbeiten. Sie lebten in einem der zahlreichen Quilombos im Nordosten Brasiliens; das waren Territorien, in denen sich geflohene schwarze Sklaven niedergelassen hatten und selbst verwalteten. Ihre Anführer trugen den Titel Zumbi. Im größten Quilombo, Palmares, wohnten zeitweise fast dreißigtausend Menschen.

Wiederholt versuchte die portugiesische Kolonialarmee, ihn einzunehmen, doch jedes Mal leisteten seine Bewohner erfolgreich Widerstand. Zu verdanken war das dem Zumbi von Palmares, der über ein außerordentliches taktisches Geschick verfügte.

Zumbis Kopf als Warnung

Als jedoch die Portugiesen 1694 den Quilombo mit einer weit überlegenen Streitmacht einkesselten, war das Ende gekommen. Die Bewohner, die den Angriff überlebten, wurden aufs Neue versklavt, ihre Häuser zerstört. Der Zumbi konnte trotz einer Verletzung fliehen, doch im Jahr darauf nahmen ihn die Portugiesen gefangen. Am 20. November 1695 wurde er hingerichtet. Seinen Kopf spießte man auf eine Stange und stellte ihn öffentlich aus. Damit wollte man den Drang nach Freiheit ersticken.

Das wenigstens ist nicht gelungen. Für viele Tausende von Afrobrasilianern wurde der 20. November zum Tag des schwarzen Bewusstseins. Für sie ist Zumbi nicht tot. "Er lebt in uns", sagen sie. Von Presse und Fernsehen werden ihre Aktionen weitgehend ignoriert. Pelé ist in den Medien sehr präsent. In zahlreichen Spots wirbt er für Autos und Fast-Food, für Luxusuhren und Shampoo.
Er hat eine weiße Seele. 


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